Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1403 –

1.

Erschwerung der Aufklärung durch die Mehrheit

a)

Berliner Stunde

Drucksache 18/12850

Die Arbeit im Ausschuss wurde erheblich erschwert, weil die Mehrheit darauf beharrte, bei Zeugenbefragungen an der in der sogenannten ‚Berliner Stunde‘ definierten Redezeitverteilung festzuhalten. Danach standen,
in dieser Reihenfolge, pro Stunde 27 Minuten der CDU/CSU-Fraktion, acht Minuten der Fraktion DIE
LINKE., 17 Minuten der SPD-Fraktion und schließlich acht Minuten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
zu. Der Vorsitzende kann zudem ohne jede zeitliche Begrenzung fragen. Zwar war die Zahl der Frage-Runden nicht begrenzt, so dass im Lauf der Vernehmung die Fraktionen der Großen Koalition häufig auf ihre
Fragezeit verzichteten. Die Auswirkung auf die Zeugenbefragung allerdings war verheerend: Es waren nur
selten zusammenhängende Befragungen möglich, weil mit jedem Wechsel zwischen den Fraktionen auch
das Thema wechselte. Das ist sowohl für die Zeug_innen belastend als auch für den gesamten Ausschuss,
weil es unweigerlich zu zahlreichen Wiederholungen kommt. Die häufig lange Dauer der Vernehmungen,
teils bis spät in die Nacht, hat auch hier ihren Ursprung.
Die Zeug_innen haben es so in der Hand Fragen auszuweichen, indem sie für die Beantwortung einer Frage
die gesamte Fragezeit der fragenden Fraktion ausschöpfen: Denn die Beantwortung einer Frage wird auf die
Fragezeit angerechnet.
b)

Verzögerung der Erweiterung des Untersuchungsauftrags

Mit der Untersuchung der NSA-Selektoren gab es Anlass zur Vermutung, dass der BND selbst ebenfalls
Selektoren einsetzte, die gegen deutsche und europäische Interessen verstießen. Bereits im Sommer 2013
hatte die Bundeskanzlerin zum ersten Mal während der Sommerpressekonferenz kategorisch erklärt, dass
sich ihrer Ansicht nach gegenseitige Spionage unter Partnern verbiete:
„Um jetzt noch einmal klar etwas dazu zu sagen, was wir über angebliche Überwachungen auch von EU-Einrichtungen usw. gehört haben: Das fällt in die Kategorie
dessen, dass man das unter Freunden nicht macht. Das geht nicht.“7679
Als im Herbst 2013 bekannt wurde, dass auch ihr eigenes Handy von der NSA überwacht wurde, wiederholte
sie:
„Ausspähen unter Freunden: Das geht gar nicht“7680
Umso mehr war es erforderlich, im Rahmen des Untersuchungsausschusses nicht nur problematische NSASelektoren zu untersuchen, sondern auch die möglicherweise ähnliche Praxis des BND zu beleuchten. Dies
wurde jedoch zunächst mit dem Hinweis verunmöglicht, dies sei eben nicht Bestandteil des Untersuchungsgegenstands.

7679)
7680)

Sommerpressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel vom 19. Juli 2013, Skript abrufbar unter https://www.bundesregierung.de/ContentArchiv/DE/Archiv17/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/07/2013-07-19-merkel-bpk.html
Spiegel TV vom 24. Oktober 2013 „Merkel empört über Handy-Affäre. „Das geht gar nicht!“, abrufbar unter http://www.spiegel.de/video/merkel-empoert-ueber-handy-affaere-das-geht-gar-nicht-video-1304485.html

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