Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1315 –

Drucksache 18/12850

C.

Fernmeldeaufklärung von Ausland-Ausland-Verkehren durch den BND

I.

Grundsätzliches

1.

Notwendigkeit der strategischen Fernmeldeaufklärung

Die Untersuchung hat gezeigt, dass für den BND die Auswertung von Ausland-Ausland-Kommunikation,
die tagtäglich über internationale Telefonleitungen, Kabel, Satellit, Richtfunk oder Kurzwelle geführt wird,
eine unerlässliche nachrichtendienstliche Erkenntnisquelle ist. Die strategische Fernmeldeaufklärung stellt
dabei ein wesentliches Instrument zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrags des BND dar.
Dabei handelt es sich nicht um eine verfassungswidrige anlasslose „Massenüberwachung“ der eigenen oder
ausländischer Bevölkerungen, wie die Opposition wider besseren Wissens immer wieder suggeriert hat, sondern um ein Erkenntnis- und Frühwarnsystem für die Bundesregierung – und zwar der gesetzlichen Vorgabe
des Auftrags aus § 1 Abs. 2 BNDG entsprechend mit Blick auf Vorgänge im Ausland. Durch die strategische
Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung kann der BND ohne Zeitverzug relevante und authentische Informationen erlangen und damit besonders wichtige auftragsrelevante Erkenntnisse aus internationalen Datenströmen gewinnen. Inhaltlich geht es dabei um die strategische, das heißt an internationalen und übergeordneten,
für die Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland bedeutsamen Themen ausgerichtete
Aufklärung: Internationaler Terrorismus, Proliferation von Massenvernichtungswaffen und Trägersystemen,
Waffenhandel, Piraterie, internationale organisierte Kriminalität (z. B. Drogenhandel, Menschenschmuggel,
illegale Migration), Cybersicherheit, Geldwäsche sowie politische und im Hinblick auf Bundeswehreinsätze
und deutsche Bürger im Ausland sicherheitsrelevante Lageentwicklungen in bestimmten Ländern. Solche
Themen werden entsprechend dem Auftragsprofil der Bundesregierung (APB) durch die Aufklärungsziele
und die ihnen zugeordneten Selektoren abgebildet, sie stellen somit den „Anlass“ für die Fernmeldeaufklärung dar. Auch die Aufklärung von wirtschaftspolitisch bedeutsamen Vorgängen kann erforderlich sein und
den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 BNDG entsprechen, soweit es sich nicht um Wirtschaftsspionage (unzulässige Erlangung von Wettbewerbsvorteilen gegenüber Konkurrenten) handelt. Eine Reduzierung der Ergebnisse dieser nachrichtendienstlichen Erkenntnisgewinnung in der öffentlichen Diskussion auf „verhinderte Terroranschläge“ wird der Komplexität des Aufgabenfelds somit nicht einmal im Ansatz gerecht – so
wichtig dieses zentrale Thema natürlich ist.
Früher erfolgte die strategische Fernmeldeaufklärung vorrangig durch den Empfang von analogen Funksignalen aus aller Welt, heute insbesondere durch die Erfassung von Daten aus dem digitalen globalen Netz.
Die Umstellung auf eine Datenerhebung aus digitalen Übertragungswegen (von „leitungsvermittelt“ auf „paketvermittelt“) stellte sich in den ersten Jahren des Untersuchungszeitraums als wesentliche Zäsur dar, deren
Bewältigung den BND vor erhebliche technische und rechtliche Probleme stellte.
Von der Opposition wurde oft der Eindruck erweckt, allein die Suche mit Selektoren im Datenstrom stelle
schon eine „Massenüberwachung“ dar, der gesamte Datenstrom werde zudem dazu zwischengespeichert. In
der Tat hat das Bundesverfassungsgericht 1999 festgestellt, dass schon die Verfügbarmachung der Kommu-

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