Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1111 –
Drucksache 18/12850
H.
Die Frage der Beteiligung deutscher Regierungsstellen und Behörden an gezielten
Tötungen durch US-amerikanische Kampfdrohnen sowie an Festnahmehandlungen
durch US-Behörden auf deutschem Staatsgebiet und die Befragung von Asylbewerbern durch die Hauptstelle für Befragungswesen im Rahmen des sog. Integrierten
Befragungswesens
I.
Kampfdrohneneinsätze durch die Vereinigten Staaten von Amerika und mögliche Bezüge zu deutschen Behörden und Einrichtungen auf deutschem Staatsgebiet
1.
Begrifflichkeiten sowie technische und taktische Grundlagen
a)
Drohnen, Kampfdrohnen und „Unmanned Aerial System“
Der umgangssprachliche Begriff „Drohne“ bezeichnet ein sogenanntes „Unmanned Aerial Vehicle“ (UAV),
ein unbemanntes Luftfahrzeug.6303 Die im hiesigen Kontext vor allem relevanten Kampfdrohnen werden
„Unmanned Combat Aerial Vehicle“ (UCAV) genannt6304. Unter „Unmanned Aerial System“ (UAS) versteht
man die Gesamtheit von UAV und der zum Betrieb desselben unmittelbar erforderlichen menschlichen und
technischen Infrastruktur6305, einschließlich Steuerungselement, Bodenstation und zugehöriges Personal.
Im Folgenden werden – soweit nicht anders zitiert – die Begriffe „Drohne“ und „Kampfdrohne“ verwendet.
b)
Distributed Ground System (DGS)
Ein „Distributed Ground System“ (DGS) ist eine lokal flexible technische Einrichtung, in der der Videofeed
einer Drohne visuell dargestellt und durch sogenannte Screener [siehe unter H.I.1.d)] ausgewertet wird.6306
In einem Bericht des deutschen Verteidigungsattachés in den USA aus dem Juli 2013, der auf Gesprächen
mit UAV-Piloten, Unterlagen der US Air Force und einem Briefing durch die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der US Air Force basiert, heißt es:
„Für Verarbeitung, Auswertung und Verteilung der Daten sind u.a. die DCGS (Distributed Common Ground Systems) […] zuständig.“6307
Der Zeuge Brandon Bryant hat angegeben, als Angehöriger der US-Luftwaffe im Rahmen zahlreicher Drohneneinsätze in Pakistan, Afghanistan, Somalia, im Irak und im Yemen6308, bei denen 1 626 Personen getötet
worden seien, insgesamt über 6 000 Flugstunden absolviert zu haben.6309 Er sei als sogenannter Sensor Operator eingesetzt gewesen.6310 Zur Rolle des DGS in einem Drohneneinsatz hat er Folgendes bekundet:
„Sie hatten nur die Aufsicht über bestimmte Einsatzgebiete. Wir wissen sogar meistens
nicht einmal, mit welcher DGS wir gerade zusammenarbeiten, die waren für uns nur
6303)
6304)
6305)
6306)
6307)
6308)
6309)
6310)
Vgl. Vermerk des Auswärtigen Amts vom 10. Juni 2013 zur völkerrechtlichen Bewertung des Einsatzes unbemannter Luftfahrzeuge, MAT A AA-1/3a, Bl. 81 (VS-NfD – insoweit offen).
Julius Philipp Städele, Völkerrechtliche Implikationen des Einsatzes bewaffneter Drohnen, Berlin, 2014, S. 24 f.
Vgl. Julius Philipp Städele, Völkerrechtliche Implikationen des Einsatzes bewaffneter Drohnen, Berlin, 2014, S. 25.
Bryant, Protokoll-Nr. 67 I, S. 33.
Bericht des Verteidigungsattachés an der Deutschen Botschaft in den USA vom 29. Juli 2013, MAT A BMVg-3/8c_3, Bl. 451
(453 f.), (VS-NfD – insoweit offen).
Bryant, Protokoll-Nr. 67 I – Teil 1, S. 41.
Bryant, Protokoll-Nr. 67 I – Teil 1, S. 78.
Bryant, Protokoll-Nr. 67 I – Teil 1, S. 144.