Drucksache 18/12850
– 1044 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
V.
Änderungen im Verfahren vom 28. Oktober 2013 bis März 2015
1.
Herausnahme zahlreicher Selektoren aus der BND-eigenen Erfassung
a)
Die Weisung von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla vom 28. Oktober 2013
Im Oktober 2013 ließ sich der damalige Präsident des BND, Gerhard Schindler - nach Aussage des Zeugen
D. B. zum ersten Mal - über die BND-eigene Steuerung von Zielen mit Bezug zu Partnerstaaten berichten.
Die Initiative sei dabei „vom Präsidenten“ ausgegangen.5904 In diesem Rahmen habe es zunächst allgemein
mündliche Unterrichtungen darüber gegeben, dass in Einzelfällen zur Lageaufklärung in Krisengebieten gewisse Selektoren von Partnern auftragsgerecht mitgesteuert würden. Dabei sei aber keine genaue Analyse
der gesteuerten Selektoren erfolgt.5905
Der Zeuge D. B. hat in diesem Zusammenhang konkretisiert:
„Ich habe aber vorhin gesagt, dass im Oktober `13 der Präsident uns gefragt hat bezüglich der Steuerung, Erfassung von Institutionen von Partnerstaaten und dass aus
der Fachabteilung gesagt wurde, in bestimmten Fällen sei das auftragsgerecht und
sinnvoll - je nach Abwägungsprozess -, und ein kategorisches Verbot würde aus unserer Sicht nicht dem Auftrag gerecht. Es ist dann aber anders entschieden worden.“5906
Aufgrund der Vorarbeiten5907 habe der Präsident über die Bewertung der Unterabteilung T2 informiert werden können und
„ich hatte auch den Eindruck, dass er diese Bewertung sehr gut verstanden hat. Ob er
sie gegenüber dem Bundeskanzleramt vertreten hat und das Bundeskanzleramt anders
entschieden hat, das kann ich natürlich nicht sagen. Wir - oder ich hätte meinen Weisungsentwurf gut gefunden und gerne realisiert. Aber es ist nun mal so, auch im Verwaltungshandeln: Ober sticht Unter. Man wird gehört; man hat seine Argumente vorgebracht.“5908
Nach Aussage des Zeugen Gerhard Schindler erfolgte die Unterrichtung in Reaktion auf das Zitat der Bundeskanzlerin am 24. Oktober 2013. Vor der Sitzung des Europäischen Rates in Brüssel am 24. Oktober 2013
hatte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel anlässlich der Medienberichterstattung über ihr mutmaßlich von
der NSA abgehörtes Handy gesagt: „Ausspähen und Freunden, das geht dar nicht“ [siehe auch B.I.2.b)]. Der
Zeuge Schindler selbst sei von einem Mitarbeiter des BND unterrichtet worden, die Situation habe er nicht
mehr genau in Erinnerung. Nach seiner Erinnerung sei er aber durch den Zeugen W. K. oder den Zeugen
D. B. oder beide informiert worden.5909 Nach dem genauen Termin gefragt, ergänzte der Zeuge, dass das
5904)
5905)
5906)
5907)
5908)
5909)
D. B., Protokoll-Nr. 112 I, S. 23.
D. B., Protokoll-Nr. 84 I, S. 44.
D. B., Protokoll-Nr. 84 I, S. 48.
Zu den Vorarbeiten aus dem Frühjahr und Sommer 2013 siehe unter G.IV.
D. B., Protokoll-Nr. 84 I, S. 49 .
Schindler, Protokoll-Nr. 126 I, S. 25 f.