Drucksache 18/1200
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K a sten z u N r . 2.2.4
Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte
(1) Jedermann hat das Recht auf unbehinderte
Meinungsfreiheit.
(2) Jedermann hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, ohne
Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck,
durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl
sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.
(3) Die Ausübung der in Absatz 2 vorgesehenen
Rechte ist mit besonderen Pflichten und einer besonderen Verantwortung verbunden. Sie kann daher
bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die erforderlich sind
a) für die Achtung der Rechte oder des Rufs anderer;
b) für den Schutz der nationalen Sicherheit, der
öffentlichen Ordnung (ordre public), der Volksgesundheit oder der öffentlichen Sittlichkeit.
3
Informationsfreiheit: Bestandsaufnahme
3.1
Grundsatzfragen im Spiegel der
Rechtsprechung
3.1.1
Der presserechtliche Auskunftsanspruch gegen Bundesbehörden, die
Freiheit der Presse und das IFG
Für Presseanfragen an Bundesbehörden gibt es zunächst keine spezialgesetzliche Grundlage neben
dem IFG mehr.
Bis zum 20. Februar 2013 konnten Journalisten bei
ihrer Arbeit erwarten, dass ihnen auch die öffentlichen Stellen des Bundes Auskünfte nach Maßgabe
der Pressegesetze der Länder erteilen. Ihnen standen
also Informationszugangsrechte nicht nur nach dem
Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, sondern - bis
dato unbestritten - auch nach dem jeweiligen Landespresserecht zu. Diese Ansprüche konnten sie auch
kumulativ ausüben und z. B. zum Einstieg in eine
weiterführende, umfangreiche Recherche zunächst
eine Presseauskunft und ergänzend dann die Übermittlung mitunter umfangreicher Unterlagen auf der
Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes verlangen.
Schloss das IFG des Bundes im Einzelfall einen
Anspruch aus oder kam es überhaupt nicht zur Anwendung, wie bei den Nachrichtendiensten, bestand
für die journalistische Recherche jedenfalls der presserechtliche Anspruch.
4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Mit Urteil vom 20. Februar 2013 (BVerwG 6 A 2.12)
hat das BVerwG überraschend entschieden, dass die
Landespressegesetze Behörden des Bundes nicht zur
Auskunftserteilung verpflichten können, da den Ländern insoweit die Gesetzgebungskompetenz fehle.
Mangels einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes
für das Presserecht hätten die Länder zwar die Befugnis, presserechtliche Regelungen zu treffen. Diese
umfasse aber nicht alle Regelungen, die die Presse
berühren, sondern stoße dort an Grenzen, wo sie auf
eine vorrangige anderweitige Gesetzgebungskompetenz des Bundes treffe. Eine solche sah das BVerwG
in der Kompetenz des Bundesgesetzgebers zur Regelung der Sachmaterie „Bundesnachrichtendienst“,
um dessen Mitarbeiter und Quellen und deren Verhalten zur Zeit des Nationalsozialismus es im vorliegenden Fall ging. Die Erteilung von Presseauskünften in diesem Bereich sieht das BVerwG als regelungstechnischen „Annex“ der dem Bund vorbehaltenen Materie.
Eine Auskunftspflicht des BND ergab sich in dem
vom BVerwG entschiedenen Fall also weder aus
dem Landespresserecht noch aus dem IFG des Bundes, da die sog. Bereichsausnahme des § 3 Nummer 8 IFG die Nachrichtendienste des Bundes von
der Informationspflicht ausnimmt.
Das BVerwG hat allerdings aus der in Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG kodifizierten Pressefreiheit ein
gewissermaßen provisorisches, verfassungsunmittelbares Auskunftsrecht von Pressevertretern abgeleitet,
das aber (zeitlich) nur bis zum Tätigwerden des
(Bundes-)Gesetzgebers genutzt werden könne und
inhaltlich nur im Sinne eines „Minimalstandards“ zu
verstehen sei.
Im Ergebnis lehnte das BVerwG den Informationszugang im vorliegenden Fall ab, weil die fraglichen
Informationen weder EDV-technisch aufbereitet
beim BND vorlägen noch unter Zuhilfenahme eines
Arbeitsberichtes sowie dazu gehöriger weiterer Unterlagen beantwortet werden könnten.
Die Entscheidung des BVerwG löste eine heftige
Diskussion in den Medien und in der Politik aus und
führte bereits sechs Tage nach Urteilsverkündung zur
Vorlage des „Entwurfes eines Gesetzes zur Auskunftspflicht von Bundesbehörden gegenüber der
Presse (Presseauskunftsgesetz)“ der SPD-Fraktion im
Deutschen
Bundestag
(Bundestagsdrucksache
17/12484 vom 26. Februar 2013). Dieser Entwurf
fand allerdings im Plenum des Deutschen Bundestages keine Mehrheit.
Die Informationsfreiheitsbeauftragten von Bund und
Ländern haben die durch die Entscheidung vom
20. Februar 2013 angestoßene Diskussion um den
presserechtlichen Auskunftsanspruch aufmerksam