Drucksache 18/1200

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den Inhalten der Vorschläge aus der Sitzung der
Arbeitsgruppe „Information“ des Rates vom
25. November 2008, blendete die Autoren bzw. die
für die Vorschläge verantwortlichen Mitgliedstaaten
jedoch aus. Das am 26. November 2008 erstellte
Dokument, das die Vorschläge aus der Arbeitsgruppensitzung vom Vortag zusammenfasste, war noch
am Tage der Erstellung „geleakt“ und unautorisiert
in der vollständigen Fassung im Internet veröffentlicht worden, allerdings ohne dass hier die Urheber
der Vorschläge erkennbar waren.
Gegen die Verweigerung des vollständigen Informationszuganges durch den Rat erhob der Antragsteller
am 12. Juni 2009 Nichtigkeitsklage. Das in erster
Instanz zuständige Gericht der Europäischen Union
erklärte daraufhin die Verweigerung des vollständigen Informationszuganges mit Urteil vom 22. März
2011 für nichtig.
Die Anrufung des Europäischen Gerichtshofes, der
in derartigen Verfahren als Revisionsinstanz fungiert,
blieb erfolglos. Mit Urteil vom 17. Oktober 2013
(Rechtssache C-280/11 P) wies der Gerichtshof das
Rechtsmittel des Rates ab. Die Verpflichtung zur
Gewährung des uneingeschränkten Informationszuganges wurde damit rechtskräftig.
Der EuGH weist in seiner Entscheidung zunächst auf
die Erwägungsgründe der auch für den Informationszugang im vorliegenden Fall maßgeblichen Transparenzverordnung hin:
Diese trage dem - schon bei ihrer Verabschiedung im
Primärrecht formulierten - Ziel einer immer engeren
Union der Völker Europas Rechnung, in der Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden (erster Erwägungsgrund). Nach
dem zweiten Erwägungsgrund knüpft das Recht der
Öffentlichkeit auf Informationszugang zu Dokumenten der Organe der EU an deren demokratischen
Charakter an. Deshalb solle die Transparenzverordnung - was sich auch aus dem vierten Erwägungsgrund und dem Artikel 1 ergebe - der Öffentlichkeit
ein größtmögliches Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe gewähren (vgl. Kasten a zu
Nr. 2.2.2).
Die nach Artikel 4 der Transparenzverordnung möglichen Ausnahmen (vgl. Kasten b zu Nr. 2.2.2) vom
Informationszugang seien vor diesem Hintergrund
eng auszulegen und anzuwenden:
Zum einen müsse das auf Informationszugang in
Anspruch genommene Organ - hier der Rat - grundsätzlich erläutern, inwiefern der Zugang zu einem
Dokument ein durch Ausnahmetatbestände des Artikel 4 geschütztes Interesse konkret und tatsächlich
beeinträchtigen könne. Die Gefahr einer solchen
Beeinträchtigung müsse außerdem bei vernünftiger
4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Betrachtung absehbar und dürfe nicht rein hypothetisch sein.
K a sten a z u N r . 2.2.2
Auszug aus den Erwägungsgründen der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates
„[...] in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) In Artikel 1 Absatz 2 des Vertrags über die
Europäische Union, wonach der Vertrag eine neue
Stufe bei der Verwirklichung einer immer engeren
Union der Völker Europas darstellt, in der die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden, ist das Prinzip der Transparenz
verankert.
(2) Transparenz ermöglicht eine bessere Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und gewährleistet eine größere Legitimität, Effizienz und
Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System. Transparenz
trägt zur Stärkung der Grundsätze der Demokratie
und der Achtung der Grundrechte bei, die in Artikel 6 des EU-Vertrags und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind.
[...]
(6) Ein umfassenderer Zugang zu Dokumenten
sollte in den Fällen gewährt werden, in denen die
Organe, auch im Rahmen übertragener Befugnisse,
als Gesetzgeber tätig sind, wobei gleichzeitig die
Wirksamkeit ihrer Entscheidungsprozesse zu wahren
ist. Derartige Dokumente sollten in größtmöglichem
Umfang direkt zugänglich gemacht werden.“
Zum anderen müsse das Organ bei der Anwendung
einer der Ausnahmen des Artikel 4 das besondere
Schutzinteresse gegen das allgemeine Interesse an
der Zugänglichmachung des Dokumentes abwägen,
und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die
sich aus einer größeren Transparenz ergeben, nämlich einer besseren Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und einer größeren Legitimität,
Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger (vgl. Kasten b zu Nr. 2.2.2).
Der EuGH teilt die auf den 6. Erwägungsgrund der
Transparenzverordnung gestützte Auffassung des
Gerichtshofes, dass diese Erwägungen gerade dann
von ganz besonderer Bedeutung sind, wenn der Rat
als Gesetzgeber tätig wird. Transparenz trage zur
Stärkung der Demokratie bei, indem sie den Bürgern
ermögliche, alle Informationen zu überprüfen, auf
deren Grundlage ein Rechtsakt ergangen sei.
Im Lichte dieser Prämissen hat der EuGH die Argumentation des Rates verworfen und die Entscheidung
des Gerichts bestätigt.

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