Drucksache 18/1200
2.1.3

––20
20––

Ja, was denn nun?

Es ist nicht immer einfach zu entscheiden, ob eine
Anfrage nach dem IFG oder dem UIG und von welcher Landes- oder Bundesbehörde zu bescheiden ist.
Informationszugang nach dem IFG oder nach dem
UIG? An wen kann man sich mit einem Antrag auf
Informationszugang wenden und wer könnte helfen,
falls es Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des
Anspruches auf Informationszugang geben sollte?
Ein Landwirt aus dem Umland von Hamburg fragte
an, warum ihm der Einblick in die Akten eines laufenden Genehmigungsverfahrens zur Aufsuchung
und Förderung von Kohlenwasserstoffen, sog. Fracking, in Schleswig-Holstein verwehrt werden kann,
obwohl er in diesem Bereich landwirtschaftliche
Nutzflächen und einen Tiefenbrunnen hat, die nach
seiner Befürchtung massiv gefährdet sein könnten.
Da hier das Land Niedersachsen aufgrund einer
Verwaltungsvereinbarung mit dem Land Schleswig-Holstein „einschlägige“ Aufgaben im Genehmigungsverfahren wahrnimmt, konnten die relevanten
Informationen sowohl bei Behörden in Niedersachsen als auch in Schleswig-Holstein vorliegen. Darüber hinaus war nicht auszuschließen, dass möglicherweise auch Behörden auf Bundesebene wie insbesondere das Umweltbundesamt oder die Bundesanstalt für Rohstoffe und Geowissenschaften über die
begehrten Angaben verfügten.
Niedersachsen hat lediglich ein Umweltinformationsgesetz, aber kein allgemeines Informationsfreiheitsgesetz. In Schleswig-Holstein wurde das allgemeine Informationsfreiheitsrecht mit dem Umweltinformationsrecht im Informationszugangsgesetz vereinigt. Auf Bundesebene sind das spezielle und vorrangige Umweltinformationsrecht und das allgemeine Informationsfreiheitsrecht getrennt im UIG und
IFG geregelt - eine nicht nur für den Petenten ziemlich unübersichtliche Situation!
Umweltinformationen im Sinne des UIG sind generell alle Daten, die einen Bezug zur Umwelt aufweisen. Der Bundesgesetzgeber folgt hier der verbindlichen Vorgabe der Umweltinformationsrichtlinie
(Richtlinie 2003/4/EG des europäischen Parlaments
und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang
der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur
Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates,
Abl. L 41/26) und definiert Umweltinformationen in
§ 2 Absatz 3 UIG (vgl. Kasten zu Nr. 2.1.3). Die
Legaldefinition im Informationszugangsgesetz für
das Land Schleswig-Holstein (IZG-SH, § 2 Absatz 2)
ist wortgleich.
Aufgrund der Verweisung in § 1 Absatz 1 des niedersächsischen Umweltinformationsgesetzes findet
die Legaldefinition des UIG (Bund) auch auf um4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

weltrelevante amtliche Informationen in Niedersachsen Anwendung.
Der Begriff der Umweltinformationen ist damit also
sehr weit gefasst.
Doch wer könnte im konkreten Fall über die beantragten Informationen verfügen und damit möglicherweise nach Bundes- oder Landesrecht zur Auskunft verpflichtet sein?
Eine Bundesbehörde, die bei Genehmigungsverfahren der Länder zu beteiligen ist? Weder das Umweltbundesamt noch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe erhalten von den Ländern
Informationen - wie die vom Antragsteller erfragten zu einzelnen Genehmigungsverfahren.
Eine öffentliche Stelle des Landes Schleswig-Holstein oder die aufgrund einer Kooperationsvereinigung zwischen den beiden Ländern für die
Durchführung des Fracking zuständige niedersächsische Berg(bau)behörde?
Je nachdem richtet sich der Anspruch auf Informationszugang entweder nach dem niedersächsischen
Umweltinformationsgesetz (NUIG) oder nach dem
Informationszugangsgesetz für das Land Schleswig-Holstein.
Beide Gesetze gewähren den Zugang zu Umweltinformationen. Das schleswig-holsteinische Informationszugangsgesetz sieht aber für Antragsteller
- anders als das niedersächsische UIG und das UIG
des Bundes - zudem das Recht vor, gegebenenfalls
den Landesbeauftragten für den Datenschutz und die
Informationsfreiheit anzurufen.
Deswegen habe ich dem Petenten geraten, sich zunächst mit dem Unabhängigen Landeszentrum für
Datenschutz Schleswig-Holstein in Verbindung zu
setzen, um die Frage der auskunftspflichtigen Behörde und des maßgeblichen (Umwelt-)Informationsgesetzes weiter zu klären.
Dieses Beispiel verdeutlicht einmal mehr das unübersichtliche Bild, das sich informationssuchenden
Bürgerinnen und Bürgern oftmals bietet und sie in
nicht wenigen Fällen davon abhalten dürfte, von
ihrem Recht auf Informationszugang Gebrauch zu
machen.
Die Aufsplitterung des Informationszugangsrechts in
drei verschiedene Gesetze (IFG, UIG, VIG) sowohl
im Bund als auch in den meisten Ländern und die auf
Bundes- und Landesebene teilweise fehlende Ombudsfunktion sind leider immer noch deutliche
„Transparenzbremsen“.

Select target paragraph3