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Ein weiterer wichtiger Punkt des Gutachtens ist nach meiner
Einschätzung die Stärkung der Selbstbestimmung. Überall
dort, wo nicht auszuschließen ist, dass die Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden könnten, und wo nicht im
öffentlichen Bereich zwingende Gründe der staatlichen Aufgabenerfüllung vorliegen, soll der Betroffene – ganz im
Sinne des Bundesverfassungsgerichts – selbst entscheiden
können. Seine Einwilligung ist grundsätzlich für die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten erforderlich, also
eine so genannte Opt-in-Lösung, wobei natürlich Ausnahmen möglich bleiben sollen, wenn auch in geringerem Umfang als nach geltendem Recht. Unterstützt soll dies werden
durch eine noch bessere Zweckbindung und durch Stärkung
der Betroffenenrechte wie Auskunft und Benachrichtigung.
Auch die Überlegungen der Gutachter zur gesellschaftlichen Selbstregulierung und zum Datenschutz durch Technik
halte ich für besonders zukunftsrelevant. Das ursprünglich
verfolgte, sicherlich sehr ehrgeizige Ziel, noch in der
14. Legislaturperiode auf der Grundlage des Gutachtens zumindest einen Gesetzentwurf oder Eckpunkte hierfür vorzulegen, konnte nicht erreicht werden. Dies ist sicherlich auch
darauf zurückzuführen, dass die Überlegungen der Gutachter einen sehr grundlegenden Ansatz haben, der weniger auf
Einzelregelungen im BDSG als auf eine grundsätzliche Umsteuerung abzielt. Die Umsetzung dieser neuen Prinzipien
und Strukturen in dem bereits sehr umfangreich kodifizierten Datenschutzrecht wird deswegen nicht leicht sein. Erforderlich ist weiter eine Einpassung des Vorhabens in den europäischen Rahmen.
Der Deutsche Bundestag hat aber sowohl in seiner Entschließung zu meinem 18. Tätigkeitsbericht (Bundestagsdrucksache 14/9490 Nr. 2) als auch in seinem Beschluss
„Umfassende Modernisierung des Datenschutzrechtes voranbringen“ (Bundestagsdrucksache 14/9709) die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass die Bundesregierung zügig einen Gesetzentwurf zur grundlegenden Modernisierung
des Bundesdatenschutzgesetzes erarbeitet. Die Bundesregierung hat ihrerseits in der Koalitionsvereinbarung für die
15. Legislaturperiode eine entsprechende Absicht bekundet.
Ich bin deswegen sicher, dass die Arbeiten an der zweiten
Stufe der BDSG-Novellierung fortgesetzt werden, und
werde diese beratend begleiten.
3.4

Informationsfreiheitsgesetz

Der freie und voraussetzungslose Zugang jeden Bürgers zu
den bei der Verwaltung vorhandenen Akten, Unterlagen und
Informationen wird zunehmend als wichtige Voraussetzung
für die Teilhabe am demokratischen Prozess und die Kontrolle der Staatsverwaltung angesehen. Deswegen haben bereits – teilweise seit langem – viele demokratisch verfasste
Staaten, die Europäische Union und innerhalb der Bundesrepublik Deutschland die Länder Berlin, Brandenburg,
Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen entsprechende gesetzliche Regelungen. Dem stehen aus Sicht des
Datenschutzes, der selbst auf den Prinzipien der Transparenz und freien Selbstbestimmung des Bürgers fußt, keine
grundlegenden Bedenken entgegen, wenn die Privatsphäre
der Betroffenen sowie Betriebsgeheimnisse gesetzlich geschützt bleiben und die anzuwendenden Regelungen entsprechende Schutzmechanismen enthalten. Dies hat die
Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der

Länder in einer Entschließung vom März 2001 (Anlage 9)
noch einmal bekräftigt.
Im Berichtszeitraum hat es auch auf Bundesebene Bemühungen gegeben, eine gesetzliche Grundlage für den freien
Zugang des Bürgers zu den Informationen der Bundesbehörden zu schaffen. Bereits in der Koalitionsvereinbarung
für die 14. Legislaturperiode vom 20. Oktober 1998 war
vereinbart worden, ein Informationsfreiheitsgesetz vorzulegen. Im Jahr 2001 wurde dann vom federführend zuständigen BMI ein Gesetzentwurf im Internet veröffentlicht, der
sich in einer Reihe von Vorschriften um ein ausgewogenes
Verhältnis zwischen Informationszugang einerseits und
Schutz personenbezogener Daten und von Betriebsgeheimnissen andererseits bemühte und – vergleichbar mit den bereits geltenden Landesgesetzen – das Amt eines Bundesbeauftragten für Informationsfreiheit vorsah, das von mir
neben meiner Funktion als Bundesbeauftragter für den Datenschutz wahrgenommen werden sollte. Zu einer abschließenden Abstimmung dieses Entwurfs innerhalb der Bundesregierung ist es dann aber in der letzten Legislaturperiode
nicht mehr gekommen. Die Bundesregierung beabsichtigt
jedoch entsprechend der Koalitionsvereinbarung für die laufende Legislaturperiode weiterhin, ein Informationsfreiheitsgesetz vorzulegen.
Bei den Beratungen über den Gesetzentwurf war ich in den
vergangenen Jahren beteiligt und habe dabei mit meinen
Vorschlägen zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen
Informationsfreiheit und Datenschutz beitragen können. Ich
werde auch die neuen Bemühungen um ein Informationsfreiheitsgesetz aufmerksam begleiten.
3.5

Verbraucherinformationsgesetz

Als Konsequenz aus einer in der Öffentlichkeit und den Medien engagiert geführten Debatte um den Schutz der Verbraucher hat das Bundesministerium für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft im Januar 2002 einen ersten
Entwurf eines Verbraucherinformationsgesetzes vorgelegt,
mit dem den Verbrauchern Zugang zu den bei den Behörden
des Bundes, der Länder und der Gemeinden vorhandenen
Informationen über Lebensmittel und Bedarfsgegenstände
eröffnet und zugleich geregelt werden sollte, unter welchen
Voraussetzungen Behörden die Öffentlichkeit über marktrelevante Vorkommnisse unterrichten können. Im Zuge der
Erörterungen wurde auch die Frage aufgebracht, ob nicht
durch die Einsetzung eines Beauftragten für Verbraucherinformation ein Instrument geschaffen werden könnte, das der
interessierte Verbraucher bei Widerständen und Hindernissen in Behörden im Vorfeld einschalten kann, ohne gleich
den Verwaltungsrechtsweg beschreiten zu müssen. Für die
Bundesverwaltung wurde hierfür parallel zu Überlegungen
im Bereich der Informationsfreiheit an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz gedacht. Meinerseits bestanden
und bestehen gegen die Übernahme einer solchen neuen
Aufgabe keine Bedenken, wenn der Gesetzgeber dies
wünscht und die neue Funktion mit meiner Unabhängigkeit
und bisherigen Aufgabenstellung und Arbeitsweise vereinbar ist. Der dem Deutschen Bundestag zugeleitete Gesetzentwurf vom 8. April 2002 (Bundestagsdrucksache 14/8738)
sah dann in § 8 vor, dass jedermann den Bundesbeauftragten
für den Zugang zu Verbraucherinformationen anrufen kann,
soweit Bundesbehörden betroffen sind und er sich in seinem
Recht auf freien Zugang zu Informationen im Sinne des

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

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