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gefasst worden und unterliegen ebenfalls einer Erfolgskontrolle (s. im einzelnen Nr. 20.1).
2.3.3
Bundeskriminalamt als Zentralstelle
Von der angestrebten Ergänzung des § 7 Abs. 2 BKA-Gesetz, einer Art originärer Datenerhebung durch das BKA,
habe ich abgeraten: In seiner Funktion als Zentralstelle zur
Unterstützung der Polizeien des Bundes und der Länder ist
es eine wesentliche Aufgabe des BKA, die von diesen Stellen übermittelten Informationen zu sammeln und auszuwerten (§ 2 BKA-Gesetz). Es ist daher – entsprechend der geltenden Rechtslage – sachgerecht, wenn sich das BKA bei
einer notwendigen Ergänzung der übermittelten Informationen zunächst an die ursprüngliche Stelle der Polizeien des
Bundes und der Länder wendet, zumal diese wegen der ihnen obliegenden Strafverfolgungszuständigkeit die vorhandenen Informationsdefizite kompetenter ausgleichen können als andere öffentliche oder nicht öffentliche Stellen.
Der Gesetzgeber ist zwar diesen Bedenken nicht gefolgt.
Die Neufassung des § 7 Abs. 2 Satz 2 BKA-Gesetz ist jedoch ebenfalls auf fünf Jahre befristet worden und einer
Evaluierung zu unterziehen.
Anders als bei den neuen Befugnissen der Nachrichtendienste ist jedoch das Verfahren, vor allem der Inhalt der
Berichtspflichten, nicht gesetzlich geregelt worden und somit im Detail noch festzulegen.
2.3.4
Keine Zentraldatei mit biometrischen
Daten
Zwar war in diesem Gesetzentwurf insofern bereits eine wesentliche Verbesserung enthalten, als zu den biometrischen
Merkmalen auch „die Art ihrer Speicherung, ihrer sonstigen
Verarbeitungen und ihrer Nutzung“ durch (Bundes)Gesetz
geregelt werden sollten. Ich habe aber nachdrücklich darauf
hingewiesen, dass damit die Grundlage zu überregionalen/
zentralisierten Referenzdateien bzw. einer Referenzdatei als
einer Zentraldatei gelegt worden wäre. Nach meinen Erfahrungen birgt eine solche Datensammlung immer die Gefahr,
dass sie nicht allein zu dem ursprünglich gedachten Zweck,
hier zur Identifikation von Personen, genutzt, sondern nachfolgend auch von Polizei, Geheimdiensten oder gar zu kommerziellen Zwecken ausgewertet wird. Ich habe daher nachdrücklich vorgeschlagen, die Unzulässigkeit einer solchen
Einrichtung im Gesetz ausdrücklich festzulegen.
Dem ist der Gesetzgeber gefolgt und hat eine zentrale Erfassung biometrischer Daten in einer Zentraldatei ausdrücklich
gesetzlich ausgeschlossen.
2.3.5
Einbeziehung von Gesundheitsdaten in
die Rasterfahndung
Die – zunächst – vorgesehene Änderung des § 68 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) habe ich für zu weit
gehend gehalten. Bei den Sozialdaten handelt es sich um
personenbezogene Daten, die einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegen (s. § 35 SGB I). Die Sozialdaten umfassen in erheblichem Umfang insbesondere Angaben zur Gesundheit des Betroffenen. Diese sensiblen Daten
bedürfen eines besonderen Schutzes, wie er auch in Artikel 8
der EG-Datenschutzrichtlinie zum Ausdruck kommt. Sie
sollten nicht in die Rasterfahndung einbezogen werden. Die
Polizeigesetze einiger Länder (z. B. Hamburg und Nordrhein-Westfalen) schließen dies ausdrücklich aus.
Der Gesetzgeber ist meinen Bedenken gefolgt.
2.4
Ohne Resonanz blieb folgende Kritik
2.4.1
Online-Zugriff der Nachrichtendienste
auf das Ausländerzentralregister
Den in § 22 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister
vorgesehenen nunmehr uneingeschränkten Online-Zugriff
der Dienste auf den gesamten Datenbestand des Ausländerzentralregisters (AZR) habe ich kritisiert. Das AZR hat die
Aufgabe, die mit der Durchführung ausländer- oder asylrechtlicher Vorschriften betrauten Behörden und andere
Stellen zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund habe ich
darauf hingewiesen, dass das AZR mit dem o. a. Direktzugriff auch bei einer abstrakten Gefährdungslage eine neue
Qualität erhielte; es würde in ein polizei- bzw. nachrichtendienstliches Register verändert.
Der Gesetzgeber ist meinen Bedenken leider nicht gefolgt.
2.4.2
Fingerabdruckdaten von Asylbewerbern
Mit der Neuregelung des § 16 Abs. 5 Asylverfahrensgesetz
werden die von Asylbewerbern gemäß § 16 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz erhobenen Fingerabdruckdaten, die von der
eigentlichen Zweckbestimmung her der Identitätsfeststellung dienen und nur im Einzelfall zur Aufklärung einer
Straftat oder zur Gefahrenabwehr herangezogen werden
können, den auf der Grundlage des § 81b StPO bzw. der Polizeigesetze der Länder erhobenen Fingerabdrücken von Beschuldigten und Verdächtigen gleichgestellt. Gegen diese
Neuregelung habe ich auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erhebliche Zweifel geäußert.
Der Gesetzgeber ist meinen Bedenken leider nicht gefolgt.
2.5
Fazit und Ausblick
Auch wenn ich – wie dargelegt – nicht mit allen Ergebnissen zufrieden bin, sehe ich bei dem Vergleich der „Ausgangslage“ im ersten Arbeitsentwurf eines Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 12. Oktober 2001 mit dem am
1. Januar 2002 in Kraft getretenen Gesetzespaket eine hinnehmbare Kompromisslösung mit einer Reihe von erfreulichen datenschutzrechtlichen Fortschritten. Dies gilt in erster
Linie für die Evaluierung und Befristung der neuen Befugnisse der Sicherheitsbehörden. Erstmals werden die Voraussetzungen für eine Erfolgskontrolle und die Verpflichtung
zur Evaluierung im Sicherheitsbereich gesetzlich geregelt
(Artikel 22 Abs. 3). Es gilt der Vorbehalt, dass die entsprechenden Maßnahmen erforderlich, geeignet und verhältnismäßig sein müssen. Dies ist im Rahmen der Evaluierung auf
der Grundlage aussagekräftiger Berichte der Bundesregierung zu prüfen, d. h. die gesammelten Erfahrungen müssen
gründlich ausgewertet werden.
Es sind nicht wenige, die ihre Skepsis artikulieren, ob denn
die Gesetzesevaluierung tatsächlich mit dem erforderlichen
Nachdruck durchgeführt werde. Auch das Know-how muss
vorhanden sein – schließlich geht es bei der Evaluierung
um die Beurteilung und Bewertung der Wirkung staatlicher
Programme und Maßnahmen mit wissenschaftlichen Methoden. Zurückgreifen – hoffe ich – könnte man auf die dann
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002