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Anlage 29 (zu Nr. 28.1)
Gemeinsame Erklärung des Bundesministeriums für Gesundheit und der Spitzenorganisationen zum
Einsatz von Telematik im Gesundheitswesen

Das Bundesministerium für Gesundheit und die Verbände
und Organisationen auf Spitzenebene sprechen sich für einen verstärkten Einsatz von Telematikanwendungen im Gesundheitswesen aus.
Sie stimmen darin überein, dass damit die gemeinsamen
Zielsetzungen
– Verbesserung der Qualität der medizinischen Versorgung, u. a. der Arzneimittelsicherheit,
– Verbesserung patientenorientierter Dienstleistungen,
– Stärkung der Eigenverantwortung, Mitwirkungsbereitschaft und –initiative der Patienten,
– Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Leistungstransparenz im Gesundheitswesen,
– Optimierung von Arbeitsprozessen und Bereitstellung
von aktuellen Steuerungsinformationen
erreicht werden können.
Um diese Zielsetzungen zu erreichen, sollen in einem Kooperationsverbund eine neue Telematikinfrastruktur auf der
Basis einer einheitlichen Rahmenarchitektur entwickelt, die
elektronische Kommunikation verbessert bzw. eingeführt
(eRezept, eArztbrief) und die Krankenversichertenkarte zusätzlich als Gesundheitskarte angeboten werden. Die Gesundheitskarte soll auch Werkzeug für den datengeschützten
Zugriff auf personenbezogene Gesundheitsdaten sein. Die
Gesundheitskarte soll den europäischen Notfalldatensatz
des Patienten, seine persönliche Identifikation/Authentifizierung sowie Verweisfunktionen u. a. auf die Arzneimitteldokumentation und das elektronische Zuzahlungsmanagement des Patienten enthalten.
Das BMG begrüßt in diesem Zusammenhang die Initiative
der Selbstverwaltung, eine Telematikplattform für das Gesundheitswesen in Deutschland aufzubauen und die modellhafte Erprobung einer weiterentwickelten Krankenversichertenkarte als Gesundheitskarte mitzutragen.
Diese Entwicklung greift auf europäischer Ebene auf die
Beschlüsse von Barcelona, auf das Aktionsprogramm der
Bundesregierung zur Informationsgesellschaft und seinen
Fortschrittsbericht sowie auf die Vorarbeiten des Aktionsforums Telematik im Gesundheitswesen zurück.
Das Bundesministerium für Gesundheit und die Verbände
und Organisationen auf Spitzenebene werden bei der Vorbereitung und Durchführung von Projekten eng zusammenarbeiten und gemeinsame Zielsetzungen unterstützen. Dabei
wird angestrebt, die unterschiedlichen technischen Lösungsansätze der Modellprojekte ergebnisoffen nach gemeinsam
festzulegenden Kriterien im Hinblick auf Kosten und Akzeptanz zu evaluieren und gewonnene Erfahrungen zu nutzen, um zu einer flächendeckenden Telematikplattform für
das deutsche Gesundheitswesen zu gelangen.

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

Modellversuche dürfen nur unter strenger Beachtung des
Datenschutzes und des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten durchgeführt werden.
Leistungserbringer haben bereits heute eine Reihe von Dokumentationspflichten zu erfüllen. Diese bleiben unberührt.
Es besteht Einigkeit, dass die mit dem Ausbau zur Gesundheitskarte verbundene Speicherung und Verarbeitung der
Gesundheitsdaten als freiwilliges Angebot an die Versicherten zu gestalten ist, insbesondere
– dass die Datenhoheit der Patienten und der Grundsatz
der Freiwilligkeit der Speicherung von Gesundheitsdaten bewahrt wird;
– dass Patienten entscheiden können, welche ihrer Gesundheitsdaten aufgenommen und welche gelöscht werden;
– dass Patienten entscheiden können, ob und welche Daten
sie einem Leistungserbringer zugänglich machen;
– dass keine zentral gespeicherten Datensammlungen über
Patientinnen und Patienten entstehen;
– dass Patienten und Versicherte das Recht haben, über sie
gespeicherte Daten vollständig zu lesen;
– dass die Verwendung der gespeicherten Patientendaten
selbstverständlich nur innerhalb des gesetzlichen Rahmens unter Wahrung des bestehenden Schutzniveaus
(z. B. Beschlagnahmeschutz in der Arztpraxis) erlaubt
ist.
Im Rahmen der Gesundheitskarte und des Aufbaus der Telematikplattform werden das eRezept, der eArztbrief und die
Arzneimitteldokumentation als Einstieg in die elektronische
Patientenakte auf der Grundlage einer geeigneten Informations-, Kommunikations- und Sicherheitsinfrastruktur eingeführt.
Die Projekte sollen nach dem Grundkonsens dieser Erklärung in gegenseitiger Abstimmung unter Einbeziehung des
Datenschutzbeauftragten begleitet werden, internationalen
Normen entsprechen und interoperabel (unter anderem mit
der Health Professional Card) angelegt sein. Dabei sollen im
Rahmen des stufenweisen Aufbaus der Telematikplattform
das eRezept im Zusammenwirken mit der bisherigen Krankenversichertenkarte und Serverstrukturen und die Gesundheitskarte mit erweiterten Anwendungen in einem Kooperationsverbund erprobt, evaluiert und eingeführt werden. Für
das Vorhaben wird der Dialog mit allen gesellschaftlichen
Kräften, insbesondere den Patienten, gesucht.
Die Beteiligten sind sich einig, dass sie aufgrund des erwarteten gemeinsamen Nutzens die weiteren Fragen der Ausgestaltung, Funktionalisierung, Standardisierung und Finanzierung gemeinsam lösen wollen und zu diesem Zwecke
eine Steuerungsgruppe einrichten.

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