Der Gesetzgeber nahm „verschiedene Vorfälle“ zum Anlass, das gewerbliche Bewachungsrecht zu verschärfen.
Der „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung bewachungsrechtlicher Vorschriften“ modifizierte zu diesem Zweck
§ 34a Gewerbeordnung (GewO), was bei mir auf datenschutzrechtliche Bedenken stieß.
Problem und Zielsetzung des Gesetzentwurfs waren auf die „besondere Situation bei der Bewachung von
Flüchtlingsunterkünften“ gerichtet. Der Anwendungsbereich von § 34a GewO-E erstreckt sich allerdings auch
auf „Großveranstaltungen“. Die eingebrachte Lösung geht daher über den dargestellten Problem- und Zielbereich hinaus. Die verfassungsrechtlich notwendige Erforderlichkeit hierfür wird im Entwurf nicht (hinreichend)
nachgewiesen. Entsprechendes gilt für die alle drei Jahre durchzuführende Wiederholung der Zuverlässigkeitsüberprüfung. Selbst nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SÜG) erfolgt eine Wiederholungsüberprüfung regelmäßig erst nach zehn Jahren - und Überprüfungen nach dem SÜG sind z. B. für Mitarbeiter von Geheimdiensten vorgesehen, die Zugang zu Verschlusssachen haben sollen. Weshalb im Bewachungsgewerbe strengere Regelungen gelten sollen, leuchtet mir nicht ein.
Wer ein Bewachungsgewerbe ausüben will, bedarf der Erlaubnis der Behörde. Diese Erlaubnis ist zu versagen,
wenn der Antragsteller unzuverlässig ist. Nach § 34a Absatz 1 Satz 4 Nummer 3 GewO-E ist unzuverlässig, wer
einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) verfolgt oder unterstützt oder in den letzten fünf Jahren verfolgt
oder unterstützt hat. Schon der hier verwandte Begriff der „Bestrebung“ ist weit, da das BVerfSchG den erfassten Personenkreis wenig bestimmt.
Nach § 34a Absatz 1a GewO-E holt die Behörde zur Überprüfung der Zuverlässigkeit die Stellungnahme einer
in der Vorschrift näher bestimmten Wohnortpolizeibehörde ein. Darin soll Auskunft darüber geben werden, ob
„tatsächliche Anhaltspunkte bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen können.“ Eine
derartige Formulierung ist im Bundesrecht an anderen Stellen nicht auffindbar. Es ist völlig unbestimmt, worauf
die Polizeibehörde ihre Bedenken stützen soll. Genannt werden zwar „tatsächliche Anhaltspunkte“. Es ist jedoch völlig unklar, worauf diese sich beziehen sollen. Es sind keinerlei Fristen genannt, wie alt die Sachverhalte
sein dürfen, auf die sich die Landespolizei berufen darf. Es stellt sich ebenfalls die Frage, ob die verwendeten
Informationen gegenüber dem Betroffenen stets transparent gemacht werden.
Nach § 34a Absatz 1a Satz 4 GewO-E kann die zuständige Behörde zusätzlich zum Zweck der Überprüfung der
Zuverlässigkeit und ohne weitere Voraussetzung bei einer zuständigen Verfassungsschutzbehörde die Abfrage
des nachrichtendienstlichen Informationssystems (NADIS-WN) „veranlassen“. Was aus dieser veranlassten
Abfrage folgt, ist jedoch unklar. Offenbar soll die Gewerbehörde direkt auf die Daten aus NADIS-WN zugreifen können, weil nach der Gesetzesbegründung die Einrichtung einer Schnittstelle zum automatisierten Abgleich geplant ist. Dies mit einer Formulierung wie „Abgleich veranlassen“ zu verschleiern, halte ich für verfassungsrechtlich problematisch. Auch stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit eines solchen Eingriffs.
Die erneute, regelmäßige Überprüfung im Abstand von drei Jahren steht in Widerspruch zum SÜG (s. o.) und
begegnet erheblichen Bedenken im Hinblick auf die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots.
Eine NADIS-WN Abfrage ist ein erheblicher, d. h. grundrechtsintensiver Eingriff. Nach dem SÜG ist dieser nur
auf der Grundlage einer wirksam erteilten Einwilligung (d. h. einer Sicherheitserklärung - vgl. § 13 SÜG) und
nur unter qualifizierten Voraussetzungen und Verfahrenssicherungen zulässig. Der vorliegende Gesetzesentwurf
enthält keine vergleichbaren Vorgaben, obgleich ein entsprechender Eintrag für den Betroffenen (potentiell)
weitreichende Folgen hat. Verdachtsunabhängige „Regelabfragen“ Betroffener bei Verfassungsschutzbehörden
sind im Hinblick auf die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots kritisch zu bewerten - zumal die Informationen dieser Behörden oftmals nicht auf „harten“ Fakten, sondern auf „weichen“ Informationen beruhen, deren
Validität nicht nachgewiesen ist.
§ 34a Absatz 6 GewO-E sieht schließlich die Errichtung eines Bewacherregisters vor. Es bestehen auch hier
erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, ob für eine solche Errichtung das Verhältnismäßigkeitsgebot im
BfDI 26. Tätigkeitsbericht 2015-2016
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