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Einführung biometrischer Merkmale in Ausweispapieren
stellt (vgl. Kasten zu Nr. 6.2).
Im nationalen wie im internationalen Bereich gab es in
der Folgezeit zahlreiche Aktivitäten zur Einführung biometrischer Merkmale in Ausweisdokumente. Maßgebliche Impulse kommen dabei von der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (International Civil Aviation
Organization – ICAO), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen (VN), die sich bereits seit Jahren mit der
Einführung biometrischer Verfahren in Ausweisdokumente befasst. Seit September 2000 favorisiert die ICAO
das Gesichtserkennungsverfahren. Nach dem 11. September 2001 wurden die Arbeiten deutlich intensiviert. Die
ICAO und die von ihr beauftragte Internationale Standardisierungsorganisation ISO arbeiten anderen nationalen
Standardisierungsorganisationen zu, wie z. B. dem Deutschen Institut für Normung e. V. An den Vorgaben der
ICAO sowohl hinsichtlich der Frage, welche biometrischen Merkmale in Ausweisdokumente eingeführt werden sollen, als auch hinsichtlich der Nutzung bestimmter
Techniken orientieren sich sowohl die Europäischen
Kommission und der Europäische Rat sowie die Bundesregierung. Die Vorgaben der ICAO bilden damit
– obwohl sie völkerrechtlich nicht verbindlich sind –
einen faktischen internationalen Standard bei der Einführung biometrischer Merkmale und Verfahren.
Hinsichtlich des praktischen Nutzens biometrischer
Merkmale – sowohl zur Verifikation wie auch zur Identifikation – sei nur auf die Vielzahl technischer Probleme
hingewiesen, die zum großen Teil noch nicht gelöst sind.
Der vom Büro für Technikfolgenabschätzung (TAB) dem
Deutschen Bundestag vorgelegte Bericht verweist darauf,
dass für die prinzipiell gut erforschten biometrischen Anwendungen von digitaler Hand- und Iriserkennung die Erkennungsleistung bislang noch nicht großflächig getestet
wurden. Aber auch bei den genauer untersuchten Fingerabdruck- und Gesichtserkennungsverfahren ist festzuhalten,
dass im Masseneinsatz immer noch eine sehr große Anzahl von Personen falsch erkannt wird. So können Fingerabdrücke nicht bei allen Menschen abgenommen werden.
Eine hohe Falscherkennung bzw. Falschakzeptanz wären
bei einem biometrischen System unter Sicherheitsaspekten Ausschlusskriterien, d. h. diese Verfahren wären für
einen Masseneinsatz ungeeignet. Fehlerhafte Rückweisungen hätten hingegen für die Betroffenen nicht nur diskriminierende Auswirkungen und würden zu einer
schlechten Akzeptanz des Verfahrens beim Nutzer führen.
Die Falschrückweisungsproblematik lässt sich auch nicht
durch Kombination verschiedener biometrischer Merkmale – etwa Fingerabdruck und Gesichtserkennung – lösen;
vielmehr würde möglicherweise nunmehr eine Person bereits dann zurückgewiesen, wenn nur ein biometrisches
Merkmal nicht passt. Im Ergebnis würde sich dadurch die
Falschrückweisungsquote eventuell noch erhöhen.
Das TAB hat in seinem Bericht zudem auf den hohen finanziellen Aufwand bei der Einführung biometrischer
Verfahren hingewiesen.
Hinweis: „Zweiter Sachstandbericht – Biometrie und Ausweisdokumente“ des TAB, Bundestagsdrucksache 15/4000,
www.tab.fzk.de/de/projekt/zusammenfassung/ab93.pdf

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

K a s t e n zu Nr. 6.2
63. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des
Bundes und der Länder am 7. und 8. März 2002
Entschließung:
Biometrische Merkmale in Personalausweisen und
Pässen
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes
und der Länder hat eingehend über Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der beabsichtigten Einführung biometrischer Merkmale in Ausweisen und
Pässen diskutiert. Sie hat ein Positionspapier des Arbeitskreises Technik, das detaillierte Prüfpunkte für die
Erprobungsphase einer solchen Maßnahme nennt, zustimmend zur Kenntnis genommen. Für den Fall, dass
das Vorhaben trotz noch bestehender Bedenken realisiert werden sollte, hat sie übereinstimmend folgende
Anforderungen formuliert:
1. Fälschliche Zurückweisungen berechtigter Personen
durch automatisierte Personenerkennungssysteme
sind auch bei ständiger Verbesserung der Technik
prinzipiell nicht zu vermeiden. Es dürfen deshalb nur
Verfahren in Betracht gezogen werden, bei denen die
Fehlerquote zumutbar gering ist. In Fehlerfällen
muss dafür Sorge getragen werden, dass eine die Betroffenen nicht diskriminierende rasche Aufklärung
erfolgt.
2. Zu berücksichtigen ist, dass bei der Anwendung biometrischer Verfahren Zusatzinformationen anfallen
können (z. B. Krankheits-, Unfall-, Beschäftigungsindikatoren). Es muss sichergestellt werden, dass die
gespeicherten und verarbeiteten Daten keine Rückschlüsse auf zusätzliche personenbezogene Merkmale erlauben.
3. Systeme, die biometrische Daten aus Ausweisen
ohne Kenntnis der Betroffenen verarbeiten (sog. passive Systeme), sind abzulehnen.
4. Der Gesetzgeber hat die Verwendung biometrischer
Daten in Ausweisen und Pässen grundsätzlich auf
die Feststellung beschränkt, dass die dort gespeicherten Daten mit den Merkmalen der jeweiligen Ausweisinhaber und -inhaberinnen übereinstimmen; dies
muss erhalten bleiben. Die Verwendung der biometrischen Merkmale für andere öffentliche Zwecke
(außer der gesetzlich zugelassenen Verwendung aus
dem Fahndungsbestand) wie auch für privatrechtliche Zwecke (Versicherung, Gesundheitssystem) ist
auszuschließen. Deshalb hat der Gesetzgeber zu
Recht die Einrichtung zentraler Dateien ausgeschlossen. Diese gesetzgeberische Entscheidung darf nicht
durch den Aufbau dezentraler Dateien umgangen
werden.
5. Die Entscheidung über das auszuwählende biometrische Erkennungssystem verlangt ein abgestimmtes
europäisches Vorgehen.

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