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K a s t e n a zu Nr. 5.1.2
gemessenen Höchstspeicherfrist, die sich aus der Dauer
des Projektes ergibt, sind die Daten zu löschen.
Brisanter ist die Schaffung einer umfassenden gemeinsamen Indexdatei von Polizei und Nachrichtendiensten, die
zeitlich nicht befristet sein soll. Zwar sollen in dieser
Datei lediglich Fundstellenhinweise auf Informationen
aufgenommen werden, die in polizeilichen oder nachrichtendienstlichen Sammlungen gespeichert sind. Gleichwohl weisen auch die Indexdaten einen deutlichen Inhaltsbezug auf, z. B. weil das Aktenzeichen eine eindeutige
Zuordnung der jeweiligen Person zu bestimmten Fall- und
Deliktgruppen erlaubt. Das erklärte Ziel dieser Datei ist
es, den beteiligten Behörden zu ermöglichen, sich schnell
davon Kenntnis zu verschaffen, wo welche Informationen
zu bestimmten Personen vorhanden sind. Ob diese Informationen übermittelt werden sollen, entscheidet die verantwortliche Stelle auf Basis der für sie einschlägigen
Rechtsvorschriften. Nach Auffassung des BMI sollen in
der Indexdatei auch solche personenbezogenen Daten gespeichert werden – und damit zur Kenntnis der anderen
Beteiligten gelangen –, die die verantwortliche Stelle nach
den geltenden Übermittlungsvorschriften an die anderen
beteiligten Behörden nicht übermitteln dürfte. Nach meiner Auffassung muss die Befugnis zur Datenspeicherung
in der Indexdatei ebenso wie bei den Projektdateien auf
diejenigen Daten beschränkt werden, die die speichernde
Behörde aufgrund der hierfür geltenden Vorschriften an
alle anderen teilnehmenden Behörden übermitteln darf
und die zum Auffinden einer Aktenfundstelle erforderlich
sind. Die Beschränkung ist auch deshalb erforderlich, da
es keinen Sinn macht, solche Hinweiseinträge in die gemeinsame Indexdatei einzustellen, zu denen den übrigen
beteiligten Stellen die vollständigen Daten nicht übermittelt werden dürften.
Inwieweit das BMI meinen Anregungen folgt, stand bei
Redaktionsschluss noch nicht fest.
5.1.2
Auswirkungen der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts
auf Eingriffsbefugnisse zu
präventiven Zwecken
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur akustischen Wohnraumüberwachung („Großer Lauschangriff“)
hat gravierende Auswirkungen auf die Ausgestaltung
präventiver Eingriffsbefugnisse.
Das Urteil des BVerfG vom 3. März 2004 (1 BvR 2378/98)
zur akustischen Wohnraumüberwachung betrifft zwar unmittelbar das Recht auf unbeobachtete Kommunikation in
den durch Artikel 13 GG geschützten Räumen sowie die
verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Einsatz
technischer Mittel zum Abhören und Aufzeichnen des
nicht öffentlich gesprochenen Wortes in diesem Bereich
(vgl. Nr. 7.1.1). Die Bedeutung des Urteils betrifft jedoch
auch die Ausgestaltung verdeckter Eingriffsbefugnisse
von Polizei und Nachrichtendiensten des Bundes und der
Länder.
67. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des
Bundes und der Länder am 25. und 26. März 2004
Entschließung:
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom
3. März 2004 zum Großen Lauschangriff und zur
präventiven Telekommunikationsüberwachung
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März
2004 zum Großen Lauschangriff ist ein wichtiger Orientierungspunkt in der rechts- und sicherheitspolitischen
Diskussion um den sachgerechten Ausgleich zwischen
dem staatlichen Auftrag zur Verfolgung und Verhütung
von Straftaten einerseits und dem Schutz der grundgesetzlich garantierten Bürgerrechte andererseits. Das Urteil bekräftigt den hohen Rang des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung und des Rechts auf
informationelle Selbstbestimmung. Das Gericht betont,
dass der absolut geschützte Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht zugunsten der Strafverfolgung eingeschränkt werden darf. Damit darf es keine Strafverfolgung um jeden grundrechtlichen Preis geben.
Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts sind
nicht nur für die Vorschriften über die akustische Wohnraumüberwachung in der Strafprozessordnung von Bedeutung. Auf den Prüfstand müssen jetzt auch andere
Eingriffsbefugnisse, wie etwa die Telekommunikationsüberwachung und andere Formen der verdeckten Datenerhebung mit zwangsläufigen Berührungen zum Bereich privater Lebensgestaltung gestellt werden, wie
etwa die längerfristige Observation, der verdeckte Einsatz technischer Mittel, der Einsatz von Vertrauenspersonen oder von verdeckten Ermittlern. Hiervon betroffen sind nicht nur Bundesgesetze, sondern
beispielsweise auch die Polizei- und Verfassungsschutzgesetze der Länder.
Insbesondere angesichts zunehmender Bestrebungen,
auch die Telefonüberwachung für präventive Zwecke in
Polizeigesetzen zuzulassen, ist darauf hinzuweisen, dass
das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss zum
Außenwirtschaftsgesetz ebenfalls am 3. März 2004 der
präventiven Überwachung des Postverkehrs und der Telekommunikation klare Grenzen gesetzt hat.
Die Datenschutzbeauftragten fordern die Gesetzgeber
des Bundes und der Länder deshalb auf, zügig die einschlägigen Vorschriften nach den Maßstäben der
verfassungsgerichtlichen Entscheidungen vom 3. März
2004 zu korrigieren. Die mit der praktischen Durchführung der gesetzlichen Eingriffsbefugnisse befassten Gerichte, Staatsanwaltschaften und die Polizeien sind aufgerufen, die Vorgaben des Gerichts schon jetzt zu
beachten.
Ausgangspunkt der Ausführungen des BVerfG ist die
von ihm in ständiger Rechtsprechung getroffene Feststellung, dass bei jeder staatlichen Beobachtung ein aus der
Achtung der Menschenwürde des Artikel 1 Abs. 1 GG
BfD
20. Tätigkeitsbericht
2003–2004