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weitung der Übermittlungspflicht auf biometrische Daten
der Flugpassagiere, wie es in den Erwägungsgründen vorgesehen ist, wäre ein wesentlich stärkerer Eingriff in die
Rechte der Passagiere, für den ich derzeit keine Notwendigkeit sehe.
Vor diesem Hintergrund bleibt die weitere Entwicklung
der Passagierdatenübermittlung innerhalb der EU abzuwarten. Dies gilt insbesondere für die noch ausstehende
Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht.
3.3.6

Interpol-Aufbau einer DNA-Datenbank

Die DNA-Technik wird auf internationaler Ebene zunehmend für Zwecke der Verbrechensbekämpfung eingesetzt. Auch bei IKPO-Interpol gibt es entsprechende
Vorhaben.
Beim Generalsekretariat von Interpol ist die dateimäßige
Verarbeitung und Nutzung von DNA-Identifizierungsmustern zur Verbrechensbekämpfung in Vorbereitung. Zu
diesem Zweck wird dort seit März 2000 ein Pilotprojekt
zur Einführung einer internationalen DNA-Datenbank
entwickelt. Rechtsgrundlage für diese Datensammlung ist
die Interpol-Charta „Internet-DNA-Gateway“, in der die
Voraussetzungen für Speicherung und Nutzung von
DNA-Daten bei Interpol aufgelistet sind. Danach sollen
im Zusammenhang mit dem Verdacht auf ein internationales Verbrechen DNA-Daten gespeichert werden von
Beschuldigten/Verurteilten, Tatortspuren, Vermissten und
unbekannten Toten.
In dieser Verbunddatei sollen die Identifizierungsmuster
der genannten Personenkategorien – ohne direkt identifizierende Angaben wie Namen und Anschriften – sowie
von Spuren erfasst werden, wobei die Muster bestimmte
Merkmale des nicht codierenden Bereichs der DNA
enthalten müssen. Dies bedeutet, dass Daten mit Aussagekraft hinsichtlich bestimmter genetischer Dispositionen nicht gespeichert werden dürfen. Die Datenbank soll
in der Interpol-Zentrale auf einem stand-alone-PC betrieben werden; die teilnahmeberechtigten Mitgliedstaaten,
die grundsätzlich für die eingegebenen Daten verantwortlich bleiben, werden auf die Datenbank im automatisierten Verfahren Zugriff erhalten. Auf eine DNA-Suchanfrage werden die anfragenden Staaten im Trefferfall
unterrichtet, damit sie in Kontakt mit den anderen Datenbesitzern treten können. Erst dann wird die Identität eines
Betroffenen offengelegt.
Im Juli 2003 ersuchte Interpol über 100 Mitgliedstaaten,
darunter auch das Bundeskriminalamt als Nationales Zentralbüro von Interpol für Deutschland, entsprechendes
Datenmaterial anzuliefern. Nachdem das Ersuchen auf
nationaler Ebene mit den zuständigen Stellen der Länder
– unter anderem als verantwortliche Datenbesitzer – erörtert worden war, bat mich das BMI im Mai 2004 um eine
datenschutzrechtliche Stellungnahme.
Ich habe die Auffassung vertreten, dass die Datensammlung Personenbezug aufweist, weil die gespeicherten Daten unter Einschaltung der verantwortlichen „Datenbesitzer“ einzelnen Personen zugeordnet werden können, ja
dies gerade Zweck der Datenbank ist. Wegen des Personenbezugs bemisst sich die Datenanlieferung durch

Deutschland nach Maßgabe des § 14 BKAG. Hieran
knüpft meine Forderung, dass nur Mitgliedstaaten mit
vergleichbarem Datenschutzstandard Zugriff auf von
Deutschland angelieferte DNA-Muster erhalten dürfen
(vgl. § 14 Abs. 7 BKAG). Dies müsste von Interpol sichergestellt werden. Ferner habe ich zur Wahrung des
Verhältnismäßigkeitsprinzips betont, dass nur solche
Identifizierungsmuster von Straftätern bzw. von Spuren
an Interpol übermittelt werden dürfen, bei denen aufgrund bestimmter Tatsachen ein Auslandsbezug besteht.
Ferner habe ich im Hinblick auf den sensiblen Charakter
des DNA-Materials auf eine effektive datenschutzrechtliche Kontrolle bei Interpol gedrängt, was auf Grund des
Fehlens einer unabhängigen Datenschutzkontrollinstanz
für Interpol problematisch ist.
Das BMI hat mir nach meiner Stellungnahme unter anderem einen Bericht des BKA zur Errichtung einer internationalen DNA-Datenbank bei Interpol übersandt, der die
datenschutzrechtliche Zulässigkeit einer deutschen Beteiligung unterstreicht. Allerdings seien noch entsprechende
Ergänzungen der einschlägigen Errichtungsanordnungen
erforderlich, insbesondere zur DNA-Analysedatei beim
BKA, aber auch der Datei VERMI/UTOT. Dieser Bericht
ist im Herbst 2004 vom Arbeitskreis II der Innenministerkonferenz zustimmend zur Kenntnis genommen worden.
Das BMI teilt meine Auffassung, dass es sich bei den für
Interpol bestimmten DNA-Mustern grundsätzlich um personenbezogene Daten handelt, die allerdings pseudonymisiert seien. Hingegen werden meine Bedenken hinsichtlich der „Auslandsrelevanz“ der zu übermittelnden
Muster schon aus praktischen Erwägungen nicht geteilt,
weil sich ein Auslandsbezug vielfach erst im Trefferfall
bei Interpol nachweisen lasse.
Bei der Anhörung zu den geänderten Errichtungsanordnungen gemäß § 34 BKAG werde ich dafür eintreten,
dass bei der Einstellung von Daten in die Interpol-Datenbank das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt und die
Auslandsrelevanz der übermittelten Daten gewährleistet
wird. Eine Übermittlung von DNA-Mustern, die zur internationalen Verbrechensbekämpfung nicht benötigt
werden, sollte unterbleiben. Ein weiteres Anliegen bleibt,
den Zugriff auf von Deutschland eingestellte DNA-Datensätze auf Interpol-Mitgliedstaaten mit vergleichbarem
Datenschutzniveau zu begrenzen.
4

Technologischer Datenschutz

4.1

Allgegenwärtige Datenverarbeitung –
lückenhafter Datenschutz?

Die Miniaturisierung der Informations- und Kommunikationstechnik dient der Verbesserung unserer Lebens- und
Arbeitsbedingungen. Der Einsatz von technischen Systemen muss transparent und unter Wahrung des Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen erfolgen.
Die Informations- und Kommunikationstechnik entwickelt sich permanent weiter: Die Rechenleistung und Vernetzungsdichte der Systeme steigt, die Übertragungsbandbreite nimmt zu und die Komponenten werden
immer kleiner. Besonders die Miniaturisierung hat zu Visionen über neue Einsatzfelder für IT-Systeme geführt.

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

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