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K a s t e n zu Nr. 17.2.1
Rundschreiben des Bundesministeriums für
Gesundheit und soziale Sicherung an die Spitzenverbände der Kranken- und Pflegekassen vom
9. Januar 2004 Az.: 231 – 43 576/BMG/Abt. 2/33
Einsichtsrecht der Pflegekassen in die
Pflegedokumentation
Ich komme zurück auf unsere gemeinsame Besprechung
am 20.11.2003 zum 19. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz. In dieser Besprechung
wurden die gegenwärtige Rechtslage und die dem Tätigkeitsbericht in diesem Punkt zugrunde liegenden Grundsätze des Datenschutzes erörtert. Es bestand Einvernehmen, dass auch aus Sicht des Bundesbeauftragten für
den Datenschutz keine Bedenken gegen die Einsichtnahme eines gemäß § 114 Abs. 6 Satz 1 SGB XI beteiligten Vertreters der betroffenen Pflegekasse in die
Pflegedokumentation besteht, sofern der Vertreter der
Pflegekasse im Rahmen einer örtlichen Prüfung nach
§ 114 Abs. 1 bis 3 SGB XI (Einzelproben, Stichprobenund vergleichende Prüfung) hinzugezogen wird, um
– wie dies in der Begründung zu dieser Vorschrift ausdrücklich genannt ist – eine wirksame Prüfung der Abrechnungen zu gewährleisten.
Einvernehmen bestand weiterhin, dass darüber hinaus
weder eine Verpflichtung noch eine Berechtigung der
Pflegeinrichtung besteht, die Pflegedokumentation den
Pflegekassen zu offenbaren. Die Pflegedokumentation
stellt keine Abrechnungsunterlage i. S. des § 105
SGB XI dar. Der Inhalt der Abrechnungsunterlagen ist
in § 105 Abs. 1 SGB XI abschließend geregelt. Insoweit
besteht für eine Weitergabe der Pflegdokumentation an
die Pflegekassen selbst weder eine rechtliche Grundlage
noch ein Bedarf.
17.2.2 Feststellungen aus Datenschutzkontrollen
Zum Einsichtsrecht der Pflegekassen in die Pflegedokumentation pflegebedürftiger Menschen (19. TB Nr. 24.2.2)
habe ich mich bei zwei großen Pflegekassen über die Verfahrensabläufe und Vorgehensweisen bei der Gewährung
von Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung
(SGB XI) informiert.
Im Rahmen eines Beratungs- und Kontrollbesuches habe
ich in Stichproben Versichertenakten eingesehen, die Unterlagen über den gesamten Verfahrensablauf vom Leistungsantrag über den Prüfauftrag an den Medizinischen
Dienst der Krankenversicherung (MDK) bis hin zur Entscheidung der Pflegekasse enthielten. Die in den Akten
vorgefundenen Unterlagen waren überwiegend für die
Aufgabenerfüllung der Pflegekassen erforderlich. In Einzelfällen wurden von den Pflegebedürftigen selbst oder
ihren Angehörigen mit dem Pflegeantrag vorgelegte ärztliche Atteste vorgefunden, die zwar für die Begutachtung
durch den MDK, nicht aber für die Entscheidung der
BfD
20. Tätigkeitsbericht
2003–2004
Pflegekasse relevant sein konnten. Weil auch die Bearbeiter eine Speicherung dieser Unterlagen nicht für erforderlich hielten, wurden diese noch in Anwesenheit meiner
Mitarbeiter vernichtet.
Zu den Arbeitsanweisungen für die Mitarbeiter sowie zur
Gestaltung der Vordrucke stehen noch einige Informationen aus. Die Pflegekassen haben jedoch zugesagt, mir die
erforderlichen Unterlagen zu überlassen.
18
Rentenversicherung
18.1
Organisationsreform in der gesetzlichen
Rentenversicherung
Meine datenschutzrechtlichen Empfehlungen wurden im
„Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen
Rentenversicherung (RVOrgG)“ im Wesentlichen berücksichtigt.
Die Organisation der gesetzlichen Rentenversicherung
wird umfassend reformiert. Die Zahl der Bundesträger in
der Rentenversicherung wird dabei von vier auf zwei reduziert. Bundesknappschaft, Bahnversicherungsanstalt
und Seekasse werden unter dem Namen „Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See“ fortgeführt. Der
Spitzenverband der gesetzlichen Rentenversicherung
(VDR) und die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bilden den neuen Bundesträger „Deutsche
Rentenversicherung Bund“. Hauptziel des RVOrgG vom
9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3242) ist die Senkung der
Verwaltungs- und Verfahrenskosten durch Straffung der
Verwaltungsstrukturen.
Mit den Aufgaben des VDR übernimmt die „Deutsche
Rentenversicherung Bund“ auch die Datenstelle der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Datenstelle
fungiert schon bisher als zentrale Datenannahme- und
Verteilerstelle (Vermittlungsstelle) und führt u. a. die sog.
Stammsatzdatei mit über 100 Millionen Stammdatensätzen von Versicherten. Mit der Organisationsreform werden ihr weitere Aufgaben übertragen. So wird die Datenstelle die Rentenversicherungsnummer vergeben und
damit den zuständigen Träger der Rentenversicherung
festlegen. Ferner führt die Datenstelle das Ausgleichsverfahren durch, mit dem der Bestand der Versicherten entsprechend einer gesetzlich vorgesehenen Quote auf die
Rentenversicherungsträger verteilt werden soll.
Ich habe empfohlen, das Sozialgeheimnis ausdrücklich
durch das Gesetz auf die Datenstelle zu erstrecken. Dem
ist in § 35 Abs. 1 Satz 4 SGB I entsprochen worden. Die
Datenstelle gilt weiterhin nach § 81 Abs. 3 Satz 3 SGB X
als öffentliche Stelle des Bundes.
Bei der Zusammenführung von VDR und BfA unter dem
neuen Dach der „Deutschen Rentenversicherung Bund“
war aus meiner Sicht zudem sicherzustellen, dass die Datenbestände, die die „Deutsche Rentenversicherung
Bund“ als Träger der Rentenversicherung führt, und die
Datenbestände der bisher vom VDR verwalteten Datenstelle der Träger der Rentenversicherung dauerhaft getrennt bleiben. Auch dies hat der Gesetzgeber berücksichtigt.