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K a s t e n b zu Nr. 8.3
Entschließung zwischen der 68. und 69. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
vom 26. November 2004
Staatliche Kontenkontrolle muss auf den Prüfstand!
Das „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I 2003 S. 2928) enthält mit den
§§ 93 Abs. 7, 8 und 93b der Abgabenordnung Regelungen, die das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
aller Bürgerinnen und Bürger im Bereich ihrer finanziellen wirtschaftlichen Betätigung in erheblichem Maße beschränken. Die neuen Regelungen treten am 1. April 2005 in Kraft. Sie sehen vor, dass nicht nur Finanzbehörden,
sondern auch eine unbestimmte Vielzahl weiterer Behörden Zugriff auf Bankdaten erhalten.
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordert, diese Regelungen mit dem Ziel zu
überarbeiten, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu gewährleisten. Insbesondere das verfassungsrechtliche Gebot der Normenklarheit und die Transparenz des Verfahrens müssen beachtet werden.
Die Neuregelung erlaubt einen Zugriff auf Bankdaten, die von den Kreditinstituten bereits seit April 2003 zur Aufdeckung illegaler Finanztransaktionen vor allem zur Terrorismusbekämpfung nach § 24c des Kreditwesengesetzes
vorgehalten werden müssen. Dabei handelt es sich um die Kontenstammdaten der Bankkundinnen und Bankkunden
und sonstigen Verfügungsberechtigten, wie z. B. Name, Geburtsdatum, Kontonummern. Mit der neuen Regelung einher geht bereits eine von den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder im Gesetzgebungsverfahren Ende
2003 kritisierte Zweckänderung der Verwendung der von den Kreditinstituten vorzuhaltenden Daten.
Nunmehr sollen neben Finanzbehörden auch andere Behörden, z. B. die zahlreichen Stellen der Sozialleistungsträger,
Auskunft erhalten, wenn die anfragende Behörde ein Gesetz anwendet, das „an Begriffe des Einkommensteuergesetzes“ anknüpft und eigene Ermittlungen dieser Behörde ihrer Versicherung nach nicht zum Ziel geführt haben oder
keinen Erfolg versprechen. Welche Behörden dies sein sollen, geht aus dem Gesetz nicht eindeutig hervor. Da das
Einkommensteuerrecht eine Vielzahl von „Begriffen“ verwendet (neben den Begriffen „Einkommen“ und „Einkünfte“ etwa auch „Werbung“, „Kindergeld“, „Arbeitnehmer“), ist wegen fehlender Begriffsbestimmungen nicht abschließend bestimmbar, welche Behörden die Auskunftsersuchen stellen dürfen. Dies jedoch ist nach dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot unverzichtbar. Zudem wird nicht deutlich, welche Zwecke ein
Auskunftsersuchen rechtfertigen und nach welchen Regeln sie erfolgen sollen.
Von der Tatsache des Datenabrufs erfahren Kreditinstitute und Betroffene zunächst nichts. Die Betroffenen erhalten
hiervon allenfalls bei einer Diskrepanz zwischen Ihren Angaben (z. B. anlässlich Steuererklärung, BaföG-Antrag)
und den Ergebnissen der Kontenabfragen Kenntnis, nicht jedoch bei einer Bestätigung ihrer Angaben durch die Kontenabfragen. Die Auskunft erstreckt sich zwar nicht auf die Kontostände; auf Grund der durch den Abruf erlangten
Erkenntnisse können jedoch in einem zweiten Schritt weitere Überprüfungen, dann auch im Hinblick auf die Guthaben direkt beim Kreditinstitut erfolgen.
Dass Betroffene von Abfragen, die zu keiner weiteren Überprüfung führen, nichts erfahren, widerspricht dem verfassungsrechtlichen Transparenzgebot. Danach sind sie von der Speicherung und über die Identität der verantwortlichen
Stelle sowie über die Zweckbestimmungen der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zu unterrichten. Geschieht dies
nicht, hat das zur Konsequenz, dass die Rechtsschutzgarantie des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz verletzt wird. Die
Bürgerinnen und Bürger haben einen substantiellen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle
(vgl. Volkszählungsurteil, BVerfGE 65, 1, 70).

8.4

Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz

Der Gesetzgeber ist meiner Forderung, irrelevante Daten
einer unverzüglichen Löschungspflicht zu unterwerfen,
nicht gefolgt.
Mit dem Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der
Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung vom 23. Juli 2004 (BGBl. I S. 1842) will die
Bundesregierung eine verschärfte Bekämpfung der
Schwarzarbeit erreichen. Das Gesetz führt Kontrollregelungen aus Vorschriften verschiedener Gesetze, insbeson-

dere des Sozialgesetzbuchs, zusammen und ergänzt sie
wesentlich. Die Prüfungs- und Ermittlungsrechte der nunmehr allein zuständigen Zollverwaltung werden gebündelt. Durch § 436 SGB III sind die Beschäftigten der Arbeitsmarktinspektionen der Bundesagentur für Arbeit
zum 1. Januar 2004 in den Dienst des Bundes unter Führung der Zollverwaltung übergeleitet worden. Rund
7 000 Zollfahnder sollen in der neuen Zentralstelle
„Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS)“ und an 113 Standorten, vor allem in den Bereichen Bau-, Gaststätten-,
Reise- oder Spielhallengewerbe tätig sein.

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

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