4.4 Bundesministerium der Finanzen
4.4.1 Die Steuern und das IFG
Auch die Rechenmodelle und Datengrundlagen zur Steuerschätzung können nach meiner Auffassung nach dem IFG zugänglich sein.
Ein Petent bat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) um Übersendung der aktuellen
Rechenmodelle, mit denen die Prognosen und Kalkulationen zur Einkommenssteuer, zur
Körperschaftssteuer und aller anderen Steuerarten erstellt werden. Ferner begehrte der Antragsteller Informationszugang zu den dazugehörigen Anleitungen, Hintergrundmaterialien
und zu der Datengrundlage der jüngsten Steuerschätzung.
Das BMF lehnte den Informationszugang ab, da der aus Experten aus Bund und Ländern bestehende Arbeitskreis vertraulich tage. Durch das Bekanntwerden der aktuellen Schätzmodelle und -methoden bzw. der Schätzvorschläge würde die notwendige Vertraulichkeit der Beratung des Arbeitskreises nachhaltig beeinträchtigt, so dass der Informationszugang nach § 3
Nr. 3 lit. b) IFG ausgeschlossen sei.
Durch diesen Informationsausschluss würde im Ergebnis auch der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung geschützt, welcher - auch im Anwendungsbereich des IFG - als unausforschbarer Handlungsbereich der Exekutive bei ressortinternen und ressortübergreifenden
Tätigkeiten anerkannt sei.
Soweit der Antragsteller Zugang zu den Schätzvorschlägen oder der Datengrundlage beantrage, die dem BMF durch ein Mitglied des Arbeitskreises zur Verfügung gestellt worden seien,
handele es sich um vertraulich übermittelte, durch § 3 Nr. 7 IFG geschützte Informationen.
Diese unterlägen auch einem besonderen Amtsgeheimnis, so dass der Zugang auch nach § 3
Nr. 4 IFG ausgeschlossen sei. Die Arbeit im Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ beruhe nach
Zielsetzung, Zusammensetzung und Arbeitsweise ganz wesentlich auf einem seit Jahrzehnten
aufgebauten gegenseitigen Vertrauen. Diese spezielle gegenseitige Vertraulichkeitsverpflichtung gehe über die allgemein geltende Amtsverpflichtung zur Verschwiegenheit hinaus, weshalb der begehrte Zugang auch aus diesem Grund gesperrt sei.
Ich habe dem BMF mitgeteilt, dass ich gegen die dortige Rechtsauffassung Bedenken habe.
Die vom BMF geltend gemachten Ausschlussgründe griffen nach meiner Bewertung nicht
oder waren nicht hinreichend begründet.
Schutzgut des § 3 Nr. 3 lit. b) IFG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „der behördliche Entscheidungsprozess, der eine offene Meinungsbildung erfordert, um
eine effektive, funktionsfähige und neutrale Entscheidungsfindung zu gewährleisten“ (vgl.
BVerwG, Urteil vom 02. August 2012, 7 C 7.12, NVwZ 2012, 1619 Rn. 26 zu § 8 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 UIG). Dem Schutz der Beratung unterfällt nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung als solcher. Ausgenommen sind das Beratungsergebnis und der
Beratungsgegenstand (BVerwG, Urteil vom 30. März 2017, 7 C 19/15, -juris-). Meiner Auffassung nach handelt es sich bei den (endgültigen) Rechenmodellen der Steuerschätzung um
6. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
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