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nahme vom freien Informationszugang hat aber in der
praktischen Anwendung zu erheblichen Schwierigkeiten
geführt, und das nicht nur im Rahmen des IFG des Bundes, sondern auch in den Ländern, die über vergleichbare
Regelungen verfügen. Dabei geht es im Kern immer wieder um die Frage, welche Informationen als Betriebs- und
Geschäftsgeheimnis einzustufen sind. Ginge es allein
nach der Wertung der betroffenen Unternehmen, kann
man sich nicht des Eindrucks erwehren, schon die Aussage, sie würden sich wirtschaftlich betätigen, sei ein Geschäftsgeheimnis.
Das IFG verzichtet auf eine eigene Definition dieser Begriffe und enthält, anders als etwa das VIG oder das UIG,
aber auch das Gentechnik- und Chemikalienrecht, auch
keine negative Abgrenzung, welche Informationen nicht
als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis anzusehen sind.
Die Begründung dieser Ausnahmeregelung verweist auf
die Definition, die der Bundesgerichtshof im Rahmen des
Wettbewerbsrechts getroffen hat. Danach liegt ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vor, wenn Tatsachen, die
im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stehen, nur einem begrenzten Personenkreis
bekannt sind und nach dem erkennbaren Willen des Inhabers sowie dessen berechtigten wirtschaftlichen Interesse
geheim gehalten werden sollen (Bundestagsdrucksache 15/4493). Bei Zugrundelegung dieser Definition
hat sich die Frage als entscheidendes Problem herausgestellt, wann ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an
der Geheimhaltung besteht. Dies kann nur dann der Fall
sein, wenn das Bekanntwerden der Information dem Unternehmen im Wettbewerb mit seinen Konkurrenten oder
im Verhältnis zu seinen Kunden wirtschaftliche Nachteile
bringen würde. Dies ist aber ausgeschlossen, wenn ein
Wettbewerbsverhältnis gar nicht besteht oder wirtschaftliche Nachteile nicht eintreten können. So können auch Informationen über Rechtsverstöße und Fehlverhalten, die
von Behörden festgestellt und sanktioniert worden sind,
kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis darstellen, da das
Bekanntwerden zwar möglicherweise wirtschaftliche Interessen eines Unternehmens beeinträchtigen kann, das
Interesse an der Geheimhaltung aber nicht als berechtigt
anzusehen ist (vgl. Nr. 4.12.7). Das VIG enthält bereits in
§ 2 Satz 3 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 eine entsprechende Regelung (vgl. Kasten). Mit der schwierigen
Begriffsbestimmung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hat sich auch die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten des Bundes und der Länder auf ihrer
Sitzung am 11. Juni 2007 beschäftigt (vgl. Nr. 3.3.1) und
in einer Entschließung gefordert, die gesetzlichen Regeln
zu ergänzen und zu präzisieren (vgl. Anlage 5).
Probleme haben sich aber nicht nur bei der Auslegung des
Begriffs der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ergeben. Auch beim Verfahren habe ich häufig Unsicherheiten und Fehler festgestellt. Vielfach haben die betroffenen
Behörden die Entscheidung, ob der Ausnahmegrund des
§ 6 Satz 2 IFG vorliegt, einfach den entsprechenden Unternehmen übertragen, ohne eine eigene Prüfung vorzunehmen; und diese haben dann schon den Umstand, dass
1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

sie mit einer Behörde in Geschäftsbeziehungen stehen,
als Geschäftsgeheimnis bewertet. Nach dem Wortlaut des
Gesetzes hat aber die zuständige öffentliche Stelle zu prüfen und zu entscheiden, ob wegen eines Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnisses ein Informationsbegehren nach
§ 6 Satz 2 IFG abzulehnen ist. Nur wenn sie von dem
Vorliegen dieses Ausnahmetatbestandes ausgeht oder dies
zumindest für möglich hält, ist das Unternehmen als Dritter überhaupt nach § 8 Abs. 1 IFG zu beteiligen und um
Einwilligung zu bitten. Wird diese versagt, hat die Behörde nochmals zu prüfen, ob die hierfür genannten
Gründe tatsächlich auf ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis hindeuten, und dann eigenständig zu entscheiden. Allerdings enthält das IFG des Bundes, anders als
einige Landesregelungen, nicht die Möglichkeit, das berechtigte Interesse am Informationszugang gegen das Geheimhaltungsinteresse des Dritten abzuwägen. Um so
wichtiger ist aber eine sorgfältige und eher restriktive
Prüfung, ob es wirklich um ein Geheimnis i. S. d. § 6
Satz 2 IFG geht (vgl. Nr. 4.4.1; 4.6.9; 4.8.2; 4.11.3;
4.12.1). So kann zum Beispiel die Tatsache, dass ein
Unternehmen eine gesellschaftliche Veranstaltung einer
öffentlichen Stelle gesponsert hat, nach meiner Überzeugung kein Geschäftsgeheimnis sein, weil das Bekanntwerden dieser Information keine wirtschaftlichen Nachteile nach sich ziehen kann. Eine Beteiligung des
Unternehmens ist nicht erforderlich, eine fehlende Einwilligung irrelevant (vgl. Nr. 4.5.1 und Nr. 4.16.1). Ich
bin deswegen mit Nachdruck einem Verfahren entgegengetreten, in dem eine Behörde ohne eigene Prüfung das
betroffene Unternehmen fragt, ob dieses ein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis annimmt, und dessen Antwort
ohne weiteres der eigenen Entscheidung über den Informationsantrag zugrunde legt.
K a s t e n zu Nr. 2.2.6
§ 2 Satz 3 VIG
„… Nicht unter ein in Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c genanntes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis oder eine dort
genannte sonstige wettbewerbsrelevante Information
fallen Informationen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1.“
§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG
„(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über
1. Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, gegen die auf Grund des Lebensmittelund Futtermittelgesetzbuches erlassenen Rechtsverordnungen und gegen unmittelbar geltende Rechtsakte
der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im
Zusammenhang mit solchen Verstößen getroffen
worden sind,
…“

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