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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014

Omid Nouripour

(A) schen Soldatinnen und Soldaten im Rahmen einer EUMission mit etwa 75 Soldaten nach Mogadischu. Diese
Mission gibt es seit 2010; sie wurde bis letztes Jahr in
Uganda durchgeführt und ist schrittweise nach Mogadischu gezogen. Es gibt durchaus – das muss ich zugestehen – einige Gründe, die für diese Mission sprechen.
Natürlich wird sich die Situation in Somalia nicht stabilisieren, wenn man nicht hilft, die Staatlichkeit wiederaufzubauen. Natürlich wird diese Staatlichkeit nicht aufgebaut werden können, wenn man nicht mithilft, die
Sicherheitskräfte aufzubauen. Natürlich kann man es per
se gut finden, dass es eine integrierte EU-Mission ist.
Das ist fast der einzige Punkt, bei dem ich anderer Meinung als der Kollege van Aken bin.
Ich halte den Umzug nach Mogadischu an sich erst
einmal für ein gutes Signal, weil sich die Situation in
Mogadischu in den letzten Jahren tatsächlich verbessert
hat. Die EU hat ja eine zivile Repräsentanz in der Stadt
aufgebaut. Das ist ein Zeichen, an dem man erkennen
kann, dass es vorangeht in der Stadt. Deswegen ist der
Umzug an sich richtig.
Aber es gibt auch einiges, was uns bisher völlig
schleierhaft ist. Es ist vorhin beschrieben worden: Bis
vor drei Monaten war die Sicherheitslage so, dass die
Deutschen nicht dorthin konnten. Wir wollen eigentlich
immer noch eine Erklärung der Bundesregierung, was
sich verändert hat. Wir haben im Ausschuss nachgefragt.
Die Antwort, die wir bekommen haben, war: Eigentlich
hat sich die Sicherheitslage nicht verändert.
Wir würden gerne wissen – das ist der entscheidende
(B) Punkt für uns Grüne –, wie wirksam die Ausbildungsmission bisher war. Darauf gibt es bislang keine wirklichen Antworten. Wenn man fragt, wie erfolgreich sie
denn war, ist die Antwort der Bundesregierung: Sie war
erfolgreich. Wenn man nachfragt, worauf diese Behauptung sich stützt, wird gesagt: Es gibt internationale Beobachter, die das genauso sehen. Wenn man fragt, welche das denn waren, bekommt man einfach keine
Antwort. Das ist nicht ausreichend.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Ministerin, Sie haben zumindest mich gerade zutiefst verwirrt. Sie haben mir das Gefühl gegeben, dass
es relativ bekannt und klar ist, wo zum Beispiel die Trainer, die von uns ausgebildet werden, danach zum Einsatz
kommen, wen sie ausbilden. Diesbezüglich bin ich auf
konkrete Antworten sehr gespannt. Bisher haben wir darauf nämlich keine Antwort bekommen. Wir lesen und
hören immer nur, dass es eine immense Zahl von Deserteuren gibt. Das Thema, dass Waffen dort eins zu eins
weitergegeben werden, ist vom Kollegen van Aken völlig zu Recht benannt worden. Es gibt auch viele Berichte
darüber, dass die Mission bisher eigentlich nur einen einzigen Clan ausgebildet hat. Das ist alles andere als beruhigend.
Wir wissen auch nicht, was eigentlich mit den Leuten,
die nicht desertieren, passiert, wenn sie mit der Ausbildung fertig sind. Bekommen sie einen Sold? Woher bekommen sie einen Sold? Wie werden sie eigentlich untergebracht? Gibt es so etwas wie ein Monitoring zu
dem, was sie dann tun? Gibt es so etwas wie ein Rechts-

staats- oder Menschenrechtsmonitoring für die Arbeit (C)
derjenigen, die wir ausbilden? Das alles fehlt komplett.
Es gibt kaum Antworten. Das bedeutet: Es gibt viele
gute Gründe, kritisch hinzuschauen.
Eines hat mich jetzt am meisten irritiert, Herr Staatsminister. Die Frau Ministerin hat ja völlig zu Recht gesagt: Das Militärische reicht nicht. Wir brauchen ein
politisches Konzept, und das muss eingebettet sein. – Sie
haben gerade damit geschlossen, dass das Militärische
nun in das zivile und politische Konzept eingebettet sei,
nur haben Sie es nicht beschrieben. Ich habe das noch
nicht verstanden.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ich auch
nicht!)
Ich habe noch nicht verstanden, wo jetzt der politische
Ansatz ist und was wir da eigentlich genau tun wollen.
Sie sagen lediglich, dass es ein Konzept gibt.
Das, was uns bisher vorliegt, ist relativ rätselhaft.
Wenn das so bleibt, wie es jetzt vorliegt – das ist ja die
erste Lesung; wir haben noch die Ausschussberatungen
vor uns, und da werden wir uns das sehr genau anschauen –, kann ich meiner Fraktion beim bestem Willen
nicht empfehlen, diesem Mandat zuzustimmen. Notwendig ist, dass wir wirklich Antworten bekommen, dass Sie
uns eine Evaluation dessen vorlegen, was bisher passiert
ist, dass uns tatsächlich plausibel erklärt wird, was mit
denjenigen passiert, die wir ausgebildet haben, und dass
der Vorwurf, die Waffen würden eins zu eins weitergegeben, tatsächlich entkräftet wird. Alles, was ich mir bisher
international angeschaut habe, alle Berichte und Reportagen, die ich gelesen habe, sprechen eine andere Spra- (D)
che; sie sprechen nicht dafür, dass es Ihnen möglich sein
wird, das in der nächsten Sitzungswoche in den Ausschüssen zu erklären. Aber wir lassen uns gerne überraschen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Johannes Singhammer:

Vielen Dank, Herr Kollege Nouripour. – Ich erteile
jetzt das Wort dem Kollegen Florian Hahn, CDU/CSU.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie
der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])
Florian Hahn (CDU/CSU):

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, dass die Fraktion Die Linke bisher jeden Auslandseinsatz der Bundeswehr dogmatisch abgelehnt hat und auch in Zukunft ablehnen wird,
(Beifall bei der LINKEN – Dr. André Hahn
[DIE LINKE]: Aus guten Gründen!)
egal ob Atalanta, KFOR, Active Endeavour oder andere.
Es ist nur immer wieder spannend, mitunter auch absurd,
welche Argumente oft krampfhaft gesucht werden, damit nicht auffällt, dass es Ihnen eigentlich nur um den
Erhalt dieses Dogmas geht.
(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Zustimmung
um jeden Preis!)

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