Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014

1809

Marina Kermer

(A) tungsvoll ausführen und davon auch leben können. Ich
denke, darin sind wir uns alle im Hause einig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Uneinig sind wir uns bei der Bewertung der gegenwärtigen Versorgungslage. Der überwiegende Teil der
Geburten findet in Krankenhäusern statt. Nur rund
1,7 Prozent der Geburten erfolgen nicht stationär. In den
Krankenhäusern gab es laut Statistischem Bundesamt im
Jahr 2012 circa 888 Fachabteilungen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit rund 33 400 Betten. Der
Nutzungsgrad der Betten lag bei 58,1 Prozent. Damit arbeiten die Krankenhäuser noch nicht an ihrer Kapazitätsgrenze. Ich finde es nicht richtig, Ängste zu schüren;
denn wir gehen nicht sehenden Auges in eine Unterversorgung bei der Geburtshilfe.
(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Aber bei der Vielfalt der Geburtshilfe!)
Was die Erreichbarkeit von Krankenhäusern mit Geburtshilfe angeht, wurde im IGES-Gutachten festgestellt: Für die Mehrheit der Frauen, nämlich für 88 Prozent, sind Krankenhäuser mit einer Entfernung von unter
10 Kilometern zu erreichen. Auch das spricht für eine
gute stationäre Versorgung. Richtig ist: Es gibt gerade in
ländlichen Räumen Regionen, die nicht optimal durch
stationäre Angebote versorgt sind. Hier müssen wir ansetzen. Denn die Wahlfreiheit zwischen stationärer und
nichtstationärer Entbindung setzt voraus, dass sich ein
(B) Krankenhaus im Notfall in Reichweite befindet.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU und der Abg. Birgit Wöllert
[DIE LINKE])
Darüber hinaus kommen bei 20 Prozent der geplanten
außerklinischen Geburten die Kinder doch im Krankenhaus zur Welt.
Ein Gedanke fehlt im vorliegenden Antrag völlig:
Das bloße Vorhandensein einer Versorgungseinrichtung
garantiert nicht automatisch eine qualitativ gute Versorgung, so wie das bloße Vorhandensein von Hebammen
noch keine sichere Geburt garantiert.
Wir haben das Thema „flächendeckende Versorgung
und Qualität“ in den Koalitionsvertrag aufgenommen.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle daran erinnern, worum es uns primär geht. Es geht nicht nur um Haftpflichtversicherungsprämien und die Frage, ob und wie
lange sich die Ausübung des Berufs der Hebamme finanziell rechnet. Es geht um Menschenleben – um das der
Kinder und der Mütter.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ja, die Entscheidung für eine Hebamme ist eine extrem emotionale Entscheidung. Nach einer langen, oft
sehnsüchtig erwarteten Schwangerschaft steht der Geburtstermin bevor. Neben der Vorfreude auf das Baby
gibt es auch Sorge und Angst im Hinblick darauf, dass
die Geburt für Mutter und Kind hoffentlich gut verlaufen

wird. Genau dann hat man die wichtige Entscheidung (C)
über die Art der Entbindung zu treffen, und zwar für sich
und das Kind. Deshalb sollten die werdenden Eltern wissen, welche Hebamme wie viele Geburten mit welchen
Erfolgen oder Komplikationen aufweisen kann, bevor
sie sich entscheiden – entscheiden für eine stationäre
oder außerstationäre Entbindung, mit der Hebamme des
Vertrauens in der Klinik, im Geburtshaus oder in der vertrauten familiären Atmosphäre.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Kollegin Kermer. Auch für Sie vom
ganzen Haus Beifall für Ihre erste Rede.
(Beifall)
Wir wünschen Ihnen von Herzen eine gute Arbeit hier
im Deutschen Bundestag.
Nächste und abschließende Rednerin in dieser Debatte ist Dr. Katja Leikert für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Dr. Katja Leikert (CDU/CSU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen
und Kollegen! Ich freue mich sehr, dass ich meine erste
Rede im Deutschen Bundestag zu dem wichtigen Thema (D)
der Hebammen halten darf.
Es gibt wohl wenige so bedeutsame Veränderungen
im Leben wie die Geburt eines Kindes, und es ist für die
Eltern gut, in dieser Situation auf die Hilfe der Hebammen setzen zu können. Es ist noch gar nicht so lange her,
da war ich selbst sehr dankbar, dass ich den Beistand von
Hebammen hatte. Meine Kinder sind jetzt vier und sechs
Jahre alt, und ich erinnere mich noch genau, wie wichtig
mir die Unterstützung durch meine Hebamme war. Hebammen geben uns die Sicherheit, die wir brauchen, um
in die Elternrolle hineinzuwachsen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir von der CDU/CSU wissen, wovon wir reden. Ich
habe mir einmal erlaubt, nachzuzählen: Allein unsere
Fraktion kommt auf 524 Kinder; das sind 1,7 Kinder pro
Abgeordnetem.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und wir reden nicht nur, wir handeln auch; Minister
Gröhe hat das ausgeführt.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten im
ganzen Hause)
Vizepräsidentin Claudia Roth:

Jetzt würde ich ja gerne eine Nachfrage stellen; ich
lasse es aber, Frau Kollegin.

Select target paragraph3