Anlage 11
Entschließung der 88. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
am 8./9. Oktober 2014 in Hamburg:
Effektive Kontrolle von Nachrichtendiensten herstellen!
Die Enthüllungen über die Spähaktivitäten ausländischer Nachrichtendienste haben verdeutlicht, wie viele
Kommunikationsdaten in der digitalisierten Welt anfallen, welche Begehrlichkeiten diese Daten offensichtlich
auch bei Nachrichtendiensten demokratischer Länder wecken und mit welchen weitreichenden Methoden die
Nachrichtendienste Informationen erfassen, sammeln und analysieren. Auch die deutschen Nachrichtendienste
haben weitreichende Befugnisse zur Erhebung, Sammlung und Auswertung personenbezogener Daten sowie
zum Austausch dieser untereinander bzw. mit Polizeibehörden. Die Befugnisse der Nachrichtendienste schließen auch die Überwachung der Telekommunikation ein. Damit einher geht im Bereich der strategischen Auslandsüberwachung des BND ein Kontrolldefizit. Auch eine Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes durch
Datenaustausch mit ausländischen Diensten steht im Raum. In den vergangenen Jahren wurden die gesetzlichen
Befugnisse der Nachrichtendienste stetig erweitert. So wurden die Antiterrordatei und die Rechtsextremismusdatei als gemeinsame Dateien von Polizei und Nachrichtendiensten eingeführt sowie gemeinsame Zentren von
Nachrichtendiensten und Polizeibehörden errichtet. Die Berichte der NSU-Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages und einiger Landesparlamente haben darüber hinaus erhebliche Kontrolldefizite auch bei
den Verfassungsschutzämtern offengelegt. Nach der Einschätzung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten
des Bundes und der Länder ist daher eine Reform der rechtsstaatlichen Kontrolle der deutschen Nachrichtendienste dringend geboten.
Für die Betroffenen ist die aufgrund der Befugnisse der Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden vorgenommene Datenverarbeitung in weitem Maße intransparent, daher ist auch der Individualrechtsschutz faktisch eingeschränkt. Umso wichtiger ist die Kontrolle durch unabhängige Stellen. In der Entscheidung zum Antiterrordateigesetz vom 24. April 2013 hat das Bundesverfassungsgericht insoweit hervorgehoben, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei Datenverarbeitungen, die für die Betroffenen nur eingeschränkt transparent sind, gesteigerte Anforderungen an eine wirksame Ausgestaltung der Kontrolle sowohl auf der Ebene des Gesetzes als auch
der Verwaltungspraxis stellt. Eine wichtige Rolle kommt dabei den Datenschutzbeauftragten des Bundes und
der Länder zu, die neben den parlamentarischen Kontrollinstanzen die Kontrolle über die Nachrichtendienste
ausüben. Bestimmte Bereiche nachrichtendienstlicher Tätigkeiten sind der Eigeninitiativkontrolle durch die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder von vornherein entzogen. Es ist sinnvoll, das bei den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder bereits vorhandene Fachwissen auch in diesem Bereich zu nutzen und die Datenschutzbehörden mit den entsprechenden Prüfbefugnissen und den hierfür erforderlichen personellen Ausstattung und Sachmitteln auszustatten.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit der Entscheidung vom 24. April 2013 zum Zusammenwirken zwischen
den Datenschutzbeauftragten und den parlamentarischen Kontrollinstanzen festgestellt: „Wenn der Gesetzgeber
eine informationelle Kooperation der Sicherheitsbehörden vorsieht, muss er auch die kontrollierende Kooperation zugunsten des Datenschutzes ermöglichen.“ In diesem Sinne darf die Verteilung der Kontrolle auf mehrere
Stellen nicht die Effektivität der Kontrolle einschränken. Für den Bereich der Telekommunikationsüberwachung
nach dem Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses ist die Kontrolle durch die
G10-Kommission aus eigener Initiative derzeit gesetzlich nicht vorgesehen. Ebenso fehlt ein Kontrollmandat
der Datenschutzbeauftragten für Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses. Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes erscheint eine Einbindung der Datenschutzbeauftragten neben den
parlamentarischen Kontrollinstanzen aber erforderlich.
BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014
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