Hat der MDK für Krankenkassen gutachtliche Stellungnahmen abzugeben oder Prüfungen durchzuführen, für
die er bei den Krankenkassen nicht vorhandene medizinische Unterlagen (Sozialdaten) benötigt, sind diese von
den Leistungserbringern unmittelbar dem MDK zu übermitteln (§ 276 Abs. 2 SGB V). Bisher hatte ich bei der
Anforderung von Krankenhausentlassungsberichten durch Krankenkassen nicht widersprochen (vgl. 18. TB
Nr. 21.3), wenn diese Unterlagen an die Krankenkasse selbst zur Weiterleitung an den MDK in einem gesonderten, verschlossenen Umschlag übersandt werden, der mit der Anschrift des MDK sowie einem Vermerk „ärztli che Unterlagen - nur vom MDK zu öffnen“ versehen ist (sog. Umschlagsverfahren). Damit wäre eine unzul��ssige Einsichtnahme in Krankenhausentlassungsberichte durch eine Krankenkasse ausgeschlossen. Wie ich bereits
in meinem 20. Tätigkeitsbericht (Nr. 17.1.5) dazu feststellen musste, werden diese datenschutzrechtlichen Vorgaben in der Praxis jedoch häufig nicht beachtet. In der Zwischenzeit durchgeführte Kontrollen haben dies leider erneut bestätigt. Wie mir zudem bei Kontrollen aufgefallen ist, werden vom MDK in einem verschlossenen
Umschlag erhaltene Unterlagen an die Krankenkasse zur dortigen Ablage offen zurückgegeben; spätestens zu
diesem Zeitpunkt erhielt die Krankenkasse Kenntnis vom Inhalt der Unterlagen. Meine bisherige Auffassung
kann ich deshalb nicht aufrechterhalten: Sozialdaten sind nach § 276 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz SGB V
unmittelbar an den MDK zu übermitteln, soweit dies für die gutachterliche Stellungnahme und Prüfung erfor derlich ist; der MDK muss sicherstellen, dass die Sozialdaten nur Personen zugänglich sind, die sie zur Erfül lung ihrer Aufgaben benötigen (§ 276 Abs. 2 Satz 6 SGB V). Die Bedeutung des Begriffes „unmittelbar“ liegt
auf der Hand und schließt im Gegensatz zu „mittelbar“ die Einbeziehung Dritter aus. Deshalb kommt eine Übermittlung von Sozialdaten zwischen Leistungserbringern und MDK nur auf direktem (Post)Weg und ohne Einschaltung der Krankenkassen in Betracht. Weiter dürfen die Unterlagen auch zu einem späteren Zeitpunkt vom
MDK nicht den Krankenkassen zugeleitet bzw. von ihnen zur Kenntnis genommen werden. Die vom MDK erhobenen und gespeicherten Sozialdaten müssen in seinem Zuständigkeitsbereich verbleiben und sind nach fünf
Jahren zu löschen. Die Krankenkassen meines Zuständigkeitsbereichs und den MDK habe ich deshalb gebeten,
künftig § 276 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz SGB V einzuhalten. Erforderliche Umstellungen werden bis
zum Ende des ersten Quartals 2015 erfolgen können. Sollte ich bei Kontrollen ab Mitte 2015 feststellen, dass
das bisherige Verfahren weiterhin zur Anwendung kommt, werde ich dies wegen Verstoßes gegen § 276 Absatz 2 SGB V förmlich beanstanden.
13.9 Private Zusatzversicherungen - ein grauer Markt im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherungen
Gesetzliche Krankenkassen dürfen private Zusatzversicherungen vermitteln. Doch zwischen zulässiger Vermittlung und unzulässiger Datenübermittlung liegt ein schmaler Grat.
Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen nach § 194 Absatz 1a SGB V in Verbindung mit ihrer Satzung private
Zusatzversicherungen zwischen ihren Versicherten und einem privaten Krankenversicherungsunternehmen vermitteln. Damit ist ihnen aber nicht erlaubt, Daten der Versicherten zu übermitteln, auch nicht mit dessen Einwil ligung. In der Begründung zu Artikel 1 Nummer 136 GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003,
mit dem § 194 Absatz 1a SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2004 eingefügt wurde, hat der Gesetzgeber unmissverständlich ausgeführt: „Die Vorschriften des Sozialgesetzbuches zum Schutz der Sozialdaten bleiben unberührt. Eine Weitergabe von Versichertenadressen an den Kooperationspartner ist daher nicht zulässig“ (Bundestagsdrucksache 15/1525, S. 138). Der Begriff „Vermittlung“ schließt von vornherein aus, auf die allgemeinen oder speziellen Regelungen zur Verarbeitung von Sozialdaten zurückzugreifen. Deshalb kann nur der Versicherte selbst seine Daten an den Kooperationspartner übergeben. Ein weiteres, wesentliches datenschutzrechtli ches Anliegen: Beide Unternehmen müssen eindeutig getrennt sein, was für die Versicherten auch klar erkennbar sein muss. Die gesetzliche Krankenkasse und das private Versicherungsunternehmen sind sowohl räumlich
als auch technisch und organisatorisch so voneinander abzugrenzen, dass eine Datenübermittlung ausgeschlossen ist.
Wie ich bei meinen Kontrollen jedoch immer wieder feststellen musste, folgen die gesetzlichen Krankenkassen
diesem Willen des Gesetzgebers nicht konsequent. Im Sinne eines falsch verstandenen Services übernehmen sie
die Anmeldungsformalitäten für ihre Versicherten. Oder sie vermerken den Abschluss einer Zusatzversicherung
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BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014