fung unterzogen werden, dürften sich künftig kaum mehr der mitunter aufwändigen und zeitintensiven Mühe
unterziehen, ihre Vorhaben vorab mit der Datenschutzaufsicht abzustimmen. Für einen proaktiven Datenschutz
wäre dies von Nachteil. Die Rechtsanwender erwarten im Hinblick auf Investitionssicherheit zu Recht eine hinreichende Verlässlichkeit behördlicher Entscheidungen.
Zum anderen drohen durch die Parallelität zivil- und verwaltungsrechtlicher Rechtsdurchsetzung Friktionen der
Rechtseinheit. Während aufsichtsbehördliche Anordnungen von den Verwaltungsgerichten geprüft werden, werden die Ansprüche nach dem UKlaG vor den Zivilgerichten geltend gemacht. Beide Gerichtszweige sind untereinander nicht an die jeweiligen Entscheidungen der anderen Gerichtsbarkeit gebunden, zumal unterschiedliche
prozessuale Grundsätze und rechtliche Beurteilungsmaßstäbe gelten. Die bereits heute bestehende Problematik
divergierender Entscheidungen von Zivil- und Verwaltungsgerichten würden künftig weiter vertieft werden, wie
die beiden nachfolgenden Fälle exemplarisch zeigen:
So bejahte das Kammergericht Berlin (Urteil vom 24.01.2014, Az. 5 U 42/12) in einem Verfahren gegen Facebook die amerikanische Konzernmutter als datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle und bejahte die Anwendbarkeit des BDSG (§ 1 Abs. 5 Satz 2), während das Oberverwaltungsgericht Schleswig (Beschluss vom
22.04.2014, Az. 4 MB 11/13) in einem Verfahren des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein gegen Facebook die Anwendbarkeit des BDSG mit dem Argument verneinte, die irische Konzerntochter sei die datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle, weshalb irisches Datenschutzrecht anzuwenden sei
(§ 1 Abs. 5 Satz 1 BDSG).
Mit Urteil vom 30.04.2013 (Az. 15 O 92/12) erklärte das Landgericht Berlin allein unter Anwendung der
Rom-I-Verordnung deutsches AGB-Recht - und somit auch das BDSG - auf die Datenschutzrichtlinie des
IT-Anbieters Apple für anwendbar, und zwar unabhängig von § 1 Absatz 5 BDSG, der die Anwendbarkeit des
BDSG davon abhängig macht, ob die Datenverarbeitung durch eine Niederlassung in einem Drittland wie den
USA (dann BDSG) oder in einem Mitgliedstaat der EU wie Irland (dann irisches Datenschutzrecht) erfolgt.
In jedem Fall sollte der Anwendungsbereich des UKlaG deutlich eingegrenzt werden. Verbandsklagerechte sollten keineswegs dazu führen, dass Unternehmen, die zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten mit ihren Kun den oder gar gesetzlichen Verpflichtungen zwingend personenbezogene Daten erheben und verarbeiten müssen,
einem Abmahnrisiko ausgesetzt werden. Weiterhin werde ich mich in Anlehnung an die für die Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht geltende Regelung des § 8 Absatz 2 UKlaG für eine gerichtliche Anhörungspflicht der zuständigen Aufsichtsbehörde für Klagen mit datenschutzrechtlichem Bezug aussprechen, um zumindest einen institutionalisierten und formalisierten Informationsaustausch zwischen Datenschutzbehörden
und klagenden Verbänden spätestens in zivilgerichtlichen Verfahren sicher zu stellen.
Der nach Redaktionsschluss am 4. Februar 2015 beschlossene Gesetzentwurf der Bundesregierung greift diese
beiden Aspekte auf; meine dargestellten Vorbehalte gegen die Schaffung von Verbandsklagerechten bei datenschutzrechtlichen Verstößen werde ich jedoch weiterhin in das laufende Gesetzgebungsverfahren einbringen.
6.2

Ins Netz gegangen - Öffentlichkeitsfahndung 2.0

Strafverfolgungsbehörden nutzen verstärkt das Internet und soziale Netzwerke, um öffentlich nach Personen zu
fahnden. Diese Maßnahme greift intensiv in Grundrechte ein.
Die Justizministerkonferenz möchte die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) ändern. Ein
Entwurf der Konferenz will es erlauben, erstmals in großem Umfang Öffentlichkeitsfahndungen in sozialen
Netzwerken privater Anbieter zu platzieren. Das ist nach den bisherigen Richtlinien in der Regel nicht möglich.
Aber auch die im Entwurf vorgeschlagenen Regelungen sind wenig geeignet, die gesetzlichen Vorgaben und die
Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen einzuhalten. Dass einige der vorgeschlagenen Formulierungen auch daten-

BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014

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