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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bereich der Telekommunikationsunternehmen praktisch
überhaupt nicht geahndet werden.

net werden dürfen, um die Qualität der Kundenbetreuung
zu überprüfen.

Mangels einer speziellen gesetzlichen Zuständigkeitsregelung gehe ich momentan von einer Anwendbarkeit
des § 36 Absatz 1 Nummer 2 lit. b OWiG (vgl. Kasten zu
Nr. 6.9) aus. Dabei ist als „fachlich zuständig“ dasjenige
Bundesministerium anzusehen, zu dessen Geschäftsbereich die das Gesetz ausführende Bundesbehörde gehört.
Nach meiner – von der Bundesregierung offenbar nicht
geteilten – Auffassung liegt die primäre Zuständigkeit für
den Telekommunikationsbereich beim BMWi. Diesem
werde ich entsprechende Bußgeldverfahren zur weiteren
Bearbeitung vorlegen.

Einvernehmlich mit den Datenschutzaufsichtsbehörden
der Länder vertrete ich die Auffassung, dass eine Aufzeichnung von Gesprächen nur nach vorheriger Einwilligung des Kunden und des Mitarbeiters in Betracht
kommt. Eine Aufzeichnung ohne eine solche Einwilligung ist grundsätzlich nach § 201 Strafgesetzbuch als
„Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ strafbar.
Beim reinen Mithören eines Kundengespräches zur Qualitätskontrolle oder zu Ausbildungszwecken empfehle
ich, den Anrufer und den Mitarbeiter des Callcenters vorher darüber zu informieren. Der Anrufer kann dann selbst
entscheiden, ob er das Telefonat fortsetzt oder beendet.

Ich empfehle nochmals dringend, mir die Zuständigkeit
für die Verfolgung von nach dem BDSG bußgeldbewehrten Verstößen durch Telekommunikationsunternehmen zu
übertragen. Diese Lösung ist nicht nur aufgrund praktischer Erwägungen sinnvoll, sondern vielmehr auch europarechtlich geboten.
K a s t e n z u N r. 6 . 9
§ 36 OWiG (Auszug)
Sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde
(1) Sachlich zuständig ist
1. die Verwaltungsbehörde, die durch Gesetz bestimmt
wird,
2. mangels einer solchen Bestimmung
a) die fachlich zuständige oberste Landesbehörde
oder
b) das fachlich zuständige Bundesministerium, soweit das Gesetz von Bundesbehörden ausgeführt
wird.
…
(3) Das nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe b zuständige
Bundesministerium kann seine Zuständigkeit durch
Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auf eine andere Behörde oder sonstige
Stelle übertragen.
6.10

Gesprächsaufzeichnungen in
Callcentern

Eine Gesprächsaufzeichnung ohne vorherige Einwilligung des Kunden ist nicht zulässig. Die Möglichkeit, einer Aufzeichnung zu widersprechen, erfüllt nicht die datenschutzrechtlichen Anforderungen. Ein Thema auch für
den Beschäftigtendatenschutz.
Es ist gängige Praxis in der Telekommunikationsbranche,
sich zur Bearbeitung von Kundenanliegen so genannter
Callcenter zu bedienen. Von großer datenschutz- und
strafrechtlicher Relevanz ist hierbei die Frage, ob Kundengespräche mit den jeweiligen Beratern des Callcenters
durch z. B. einen Teamleiter mitgehört oder aufgezeich-

BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012

Im Berichtszeitraum haben meine Mitarbeiter bei ihren
Beratungs- und Kontrollbesuchen festgestellt, dass einige
Unternehmen diese Einwilligungslösung bereits praktizieren, andere hingegen noch auf eine Widerspruchslösung setzen, wonach der Kunde einer Aufzeichnung explizit widersprechen muss. Sowohl bei den Kontrollen als
auch auf den regelmäßigen Jours Fixes mit Teilnehmern
der Telekommunikationsbranche habe ich die Unternehmen aufgefordert, die Einwilligungslösung umzusetzen.
Mit geringem technischem Aufwand ist es möglich, bei
Inboundgesprächen (der Kunde ruft an) die Einwilligung
vom Kunden über die Tastatur des Endgerätes oder über
die Sprachsteuerung der Telefonanlage vor Gesprächsbeginn einzuholen. Bei Outboundgesprächen (das Unternehmen ruft den Kunden an) muss der Kunde vom Mitarbeiter des Callcenters direkt angesprochen werden.
Die Gesprächsaufzeichnung bei Callcentern war auch ein
Thema, das bei der ins Stocken geratenen Reform des
Beschäftigtendatenschutzes (vgl. Nr. 13.1) kontrovers
diskutiert wurde. Die von den Regierungsfraktionen vorgeschlagenen deutlich erweiterten Befugnisse zum heimlichen Mithören und Aufzeichnen von Gesprächen lehne
ich ab.
6.11

Datenschutz auch beim Betrieb des
neuen digitalen Behördenfunks

Nach jahrzehntelangen Vorarbeiten wird der analoge Behördenfunk durch ein bundesweit einheitliches Digitalfunksystem für alle Behörden und Organisationen mit
Sicherheitsaufgaben (BOS) sukzessive abgelöst. Als datenschutzrechtlich problematisch erwies sich der Umgang
mit Verkehrsdaten dieses Telekommunikationssystems.
Zurzeit befindet sich der digitale BOS-Behördenfunk in
der Aufbau- und Inbetriebnahmephase und soll den technisch veralteten analogen BOS-Funk bis zum Jahr 2014
ablösen. Anders als der Analogfunk wird das BOS-Digitalfunksystem zentral von einem Netzbetreiber für alle
Bundes- und Landes-BOS betrieben und steht (nach flächendeckendem Aufbau) deutschlandweit zur Verfügung.
Damit wird erstmals ein bundesweites Funksystem zur
Verfügung stehen, bei dem die Sprachübertragung durchgehend verschlüsselt ist. Die Übermittlung von personenbezogenen Daten über das Funksystem (Beispiele: Übermittlung von Namen und Anschrift bei Personen- und

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