Drucksache 17/13000

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

bachteten Personen sehr hoch, weil die Überwachung regelmäßig über mehrere Stunden andauert und sich die Beschäftigten der Überwachung nicht entziehen können (BAG, Beschluss
vom 29. Juni 2004, 1 ABR 21/03, NZA 2004, 1278, 1282). Der Überwachungsdruck, den
bereits die Möglichkeit der jederzeitigen Überwachung auf den Beschäftigten erzeugt, kann
nur durch überwiegende schutzwürdige Belange der verantwortlichen Stelle gerechtfertigt
sein, wobei hier eine Abwägung im Einzelfall zu erfolgen hat (BAG, Beschluss vom 14. Dezember 2004, 1 ABR 34/03, NJOZ 2005, 2708, Ls. 2 und 3).
Bei der Abwägung ist die Eingriffsintensität von Bedeutung, also die Frage, wie viele Personen wie intensiven Beeinträchtigungen ausgesetzt sind, ohne dass sie hierfür einen Anlass
gegeben hätten. Die Intensität der Beeinträchtigung hängt dabei maßgeblich von der Dauer
und Art der Überwachungsmaßnahme ab (BAG aaO S. 2711 f.). Die Eingriffstiefe verringert
sich nicht allein dadurch, dass die Kameras nur zeitweise in Betrieb sind, wenn die Beschäftigten nicht erkennen können, ob und wann eine Videoüberwachung tatsächlich erfolgt. Die
Beschäftigten unterliegen in diesem Fall während der gesamten Dauer ihrer Tätigkeit einem
erheblichen Überwachungsdruck (BAG, Beschluss vom 14. Dezember 2004, 1 ABR 34/03,
NJOZ 2005, 2708, 2712).
Ein schutzwürdiges Interesse der verantwortlichen Stelle kann bei der Aufklärung von Straftaten eines Beschäftigten in Betracht kommen. Die Zulässigkeit beurteilt sich nach § 32 Absatz
1 Satz 2 BDSG. § 32 Absatz 1 Satz 2 BDSG setzt voraus, dass zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis
eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der personenbezogenen
Daten zur Aufklärung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten nicht
überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. In diesem Fall ist also eine strenge einzelfallbezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung notwendig.

3. Verdeckte Videoüberwachung
Eine verdeckte Videoüberwachung kommt allenfalls als ultima ratio in Betracht. Das Bundesarbeitsgericht hat vor Inkrafttreten des § 32 BDSG die Auffassung vertreten, dass die verdeckte Videoüberwachung dann zulässig ist, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren
Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind, die verdeckte
Videoüberwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und insgesamt nicht
unverhältnismäßig ist (BAG, Urteil vom 27. März 2003, 2 AZR 51/02, NZA 2003, 1193). Der
Arbeitgeber hat zu dokumentieren, dass diese Voraussetzungen gegeben sind und er muss die
Betroffenen im Nachhinein frühest möglich von der Tatsache und den Ergebnissen der Überwachung informieren. Im Hinblick auf die enorme Eingriffstiefe einer heimlichen Überwachung wird empfohlen, auf derartige Maßnahmen unbeschadet der älteren Rechtsprechung
und in Anbetracht der durch den Gesetzgeber mit der Schaffung des § 32 BDSG unterstrichenen Bedeutung des Beschäftigtendatenschutzes zu verzichten.
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BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012

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