Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Zu Art. 53:
Die Konferenz weist darauf hin, dass auch die EU-rechtlich gebotene Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden nur
im Rahmen der jeweiligen verfassungsrechtlichen Staatsstrukturprinzipien bestehen kann (Art. 4 Abs.2 EUV).
Dies gilt insbesondere für deren Sanktionsbefugnisse und
Sanktionspflichten.
Art. 53 (2) sollte auch den anlasslosen Zugang zu Geschäfts- und Diensträumen umfassen. Unklar ist, was in
Art. 53 (3) mit der Formulierung, dass Verstöße gegen die
Verordnung den Justizbehörden zur Kenntnis zu bringen
sind, gemeint ist.
Zu Art. 54:
Art. 54 sollte gestrichen werden. Hilfsweise wird angeregt, die Aufsichtsbehörden lediglich zur Erstellung eines
regelmäßigen Jahresberichts zu verpflichten, der der Öffentlichkeit (und damit automatisch dem nationalen Parlament, der Kommission, dem Europäischem Datenschutzausschuss u.a.) zugänglich gemacht werden muss.
Drucksache 17/13000
Amtshilfe und der Zusammenarbeit sollten in Art. 55, 56
klar formuliert werden.
Es muss sichergestellt sein, dass hinreichende Mittel bereitstehen, um die praktische Arbeit im Rahmen der
Amtshilfeleistungen zu erleichtern (insbesondere im Hinblick auf Übersetzungsleistungen, ggfs. durch das Sekretariat des Datenschutzausschusses).
Die Ermächtigung der Kommission zum Erlass von
Durchführungsrechtsakten betreffend „Form und Verfahren der Amtshilfe (...)“ in Art. 55 (10) sollte präzisiert
und beschränkt werden. Das Verfahren der Amtshilfe
sollte in der Verordnung, die Form der Amtshilfe und die
Ausgestaltung des elektronischen Informationsaustausches im Sinne einer Standardisierung hingegen in einem
Durchführungsrechtsakt geregelt werden.
Zu Art. 58:
Kapitel VII – Zusammenarbeit und Kohärenz
Im Hinblick auf Art. 58 (2) lit. a) sollte klargestellt
werden, ob hiervon ausschließlich der Fall des Art. 3 (2)
lit. a), b) umfasst ist, oder ob auch Fälle ohne Drittlandbezug dem Kohärenzverfahren unterfallen sollen. Ansonsten würden unübersehbar viele Fälle der Kohärenz unterfallen (z. B. Versandhandel innerhalb der EU).
Zu Art. 55 und Art. 56:
Zu Art. 59 – Art. 63:
In dem in Art. 55, 56 geregelten Verfahren der Amtshilfe
und der Zusammenarbeit sollten die betroffenen Behörden grundsätzlich sowohl im Hinblick auf die rechtliche
Bewertung eines Sachverhalts als auch hinsichtlich erforderlicher aufsichtsbehördlicher Maßnahmen einvernehmlich zusammenwirken. Dies gilt insbesondere dann, wenn
es sich um eine Maßnahme der federführenden Behörde
i.S.d. Art. 51 (2) handelt, die von der Aufsichtsbehörde
eines anderen Mitgliedstaates durchzuführen ist. Bei Divergenzen im Hinblick auf die Bewertung eines Sachverhalts oder die Vornahme aufsichtsbehördlicher Maßnahmen sollte der Europäische Datenschutzausschuss von
den beteiligten Behörden angerufen werden können.
Die Kompetenzen der Kommission im Verhältnis zum
unabhängigen Datenschutzausschuss sowie in Bezug auf
das Kohärenzverfahren (Art. 59 – 63) sind abzulehnen.
Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die umfassenden
Informationspflichten des Ausschusses gegenüber der
Kommission und die Befugnis der Kommission zur Aufforderung der Aussetzung aufsichtsbehördlicher Maßnahmen. Gleiches gilt hinsichtlich der Ermächtigung der
Kommission zum Erlass von Durchführungsrechtsakten
über die „ordnungsgemäße Anwendung“ der Verordnung
aus Anlass eines aufsichtsbehördlichen Einzelfalles und
von „sofort geltenden Durchführungsrechtsakten“ in Fällen „äußerster Dringlichkeit“. Diese Kompetenzen der
Kommission sind mit Art. 8 (3) Grundrechtecharta und
16 (2) Satz 2 AEUV nicht vereinbar, weil die Einhaltung
des EU-Datenschutzes unabhängigen Aufsichtsbehörden
übertragen ist. Auf der Ebene der Mitgliedstaaten soll die
Datenschutzkontrolle völlig unabhängig von jeglichem
Einfluss erfolgen. Daher ist es widersprüchlich, wenn für
die Kommission mit ihren unterschiedlichsten Aufgaben,
auch solchen, die in einem Spannungsverhältnis zum Datenschutz stehen, jene Maßstäbe keine Geltung haben sollen.
Die Gründe, aus denen Amtshilfeersuchen nach Art. 55 (4)
abgelehnt werden können, sind zu eng. Sie sollten auch
zwingende Hinderungsgründe nach nationalem Recht
(z. B. im Falle des Sozialgeheimnisses) umfassen.
In Fällen, in denen der für die Verarbeitung Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter zwar über mehrere
Niederlassungen innerhalb der EU verfügt, es sich aber
um einen rein nationalen Sachverhalt handelt, sollte es
aus Gründen der Verfahrensökonomie ebenfalls bei der
allgemeine Zuständigkeitsregelung des Art. 51 (1) bleiben. Anderenfalls würde die Abstimmung mit der Hauptniederlassungsbehörde einen unverhältnismäßigen Verfahrensaufwand bedeuten. In diesen Fällen sind die
Voraussetzungen der Art. 55, 56 (Betroffenheit von Personen in mehreren Mitgliedstaaten) nicht erfüllt.
Unbestimmt ist, was unter „Vorkehrungen für eine wirksame Zusammenarbeit“ in Art. 55 (1) und „praktische Aspekte spezifischer Kooperationsmaßnahmen“ in Art. 56 (4)
zu verstehen ist. Die verfahrenstechnischen Aspekte der
Über Sachverhalte und Maßnahmen, die dem Kohärenzverfahren unterfallen, sollte als Folge der Unabhängigkeit
der Aufsichtsbehörden – statt der Kommission – ausschließlich der Datenschutzausschuss entscheiden. Im
Hinblick auf den personellen, sächlichen und zeitlichen
mit dem Kohärenzverfahren verbundenen Aufwand sollte
dessen Anwendungsbereich beschränkt werden. Es wird
wesentlich im Interesse der Funktionsfähigkeit des Kohärenzverfahrens und eines europaweit wirksamen Datenschutzes darauf ankommen, entsprechende Fallgruppen
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012