Drucksache 17/13000
11.5.2
152 –
–
–– 152
Das kurze Leben der Ambulanten
Kodierrichtlinien (AKR)
Zu Beginn des Berichtszeitraums herrschte unter den niedergelassenen Ärzten große Aufregung über die Einführung der Ambulanten Kodierrichtlinien (AKR) zum 1. Januar 2011.
Bereits seit dem Jahr 2000 waren Ärzte und Psychotherapeuten verpflichtet, bei der Abrechnung ihrer Leistungen
gegenüber den Kostenträgern (gesetzliche Krankenkassen
oder private Krankenversicherung) die Behandlungsdiagnosen nach ICD-10-GM (Statistical Classification of
Diseases and Related Health Problems, Release 10, German modification) zu kodieren. Bei der Anwendung der
ICD-10-GM bestehen aber teilweise Unklarheiten beziehungsweise Interpretationsspielräume, die mit den AKR
behoben werden sollten. Denn der Gesetzgeber hat im
GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz von 2007 die Vergütung im Gesundheitswesen stärker an die Krankheitshäufigkeiten (Morbidität) gebunden. Genaue Daten hierzu
lassen sich aber nur aus den kodierten Diagnosen entnehmen.
Aus diesem Grund hatte der Gesetzgeber die Vertragspartner des Bundesmantelvertrages (Kassenärztliche
Bundesvereinigung und Spitzenverband der gesetzlichen
Krankenkassen) nach dem früheren § 295 Absatz 3 Satz 2
SGB V verpflichtet, „Richtlinien für die Vergabe und
Dokumentation der Schlüssel … für die Abrechnung und
Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen (Kodierrichtlinien)“ zu vereinbaren. Durch einen fünfstelligen
Code wurde darin verbindlich festgelegt, was alles zu einer Behandlungsdiagnose gehört und welche Leistungen
der Arzt bzw. Psychotherapeut im abzurechnenden Quartal zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbringt.
Die Reglungen waren deutlich spezifischer als die bereits
seit dem Jahr 2001 angewandten „Deutschen Kodierrichtlinien“, die für die Abrechnung von stationären Leistungen von den beteiligten Verbänden verwendet und regelmäßig überarbeitet werden.
Obwohl die Kassenärztliche Bundesvereinigung an der
Erstellung der AKR beteiligt war, wurden diese auf
Druck einiger Kassenärztlichen Vereinigungen im Frühjahr 2011 wieder zurückgezogen. Gleichzeitig wurde
durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (vgl. hierzu
Nr. 11.1.3) die gesetzliche Grundlage für die AKR gestrichen.
Ich habe diese Entwicklung begrüßt, da insbesondere im
psychotherapeutischen Bereich die Vorgaben der Ambulanten Kodierrichtlinien viel zu detailliert waren. Auch
im Übrigen sind Angaben in dem vorgesehenen Detaillierungsgrad bei den Krankenkassen für Abrechnungszwecke nicht erforderlich. Hierzu reicht eine Kodierung nach
der bisher üblichen internationalen Klassifikation ICD-10
völlig aus.
Da die Vertragspartner des Bundesmantelvertrages in einer gemeinsamen Erklärung festgestellt haben, ohne die
AKR könne eine flächendeckende Qualitätssicherung der
Diagnosen weder für das Jahr 2011 noch in den Folgejahren nicht erreicht werden, gehe ich allerdings davon aus,
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
dass dieses Thema mich in den nächsten Jahren noch einmal beschäftigen wird.
11.5.3
Das Krebsfrüherkennungs- und
-registergesetz
Krebsfrüherkennungsuntersuchungen sollen künftig als
organisierte Früherkennungsprogramme durchgeführt
sowie flächendeckend klinische Krebsregister eingeführt
werden.
Gemeinsam mit der Deutschen Krebsgesellschaft e. V.,
der Deutscher Krebshilfe e. V. und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren hatte das BMG am
16. Juni 2008 den Nationalen Krebsplan initiiert. Ziel der
Initiative ist die Verbesserung der Krebsbekämpfung
durch ein effektives, zielgerichtetes und aufeinander abgestimmtes Handeln aller Verantwortlichen im Rahmen
eines langfristig ausgerichteten Koordinierungs- und Kooperationsprogramms.
Ein Schwerpunkt der Maßnahmen des Nationalen Krebsplans liegt in der Weiterentwicklung der Früherkennung
von Brust-, Gebärmutterhals- und Darmkrebs durch den
Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Die Bundesregierung hat hierzu einen „Entwurf eines Gesetzes zur
Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister (Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz – KFRG)“ (Bundestagsdrucksache 17/11267) vorgelegt.
Danach sollen organisierte Früherkennungsprogramme die
Bevölkerung regelmäßig über Vorsorgeuntersuchungen
(Screenings) informieren und zur Teilnahme einladen. Darüber hinaus sollen die Früherkennungsprogramme Anhaltspunkte zur Festlegung von Qualitätsstandards für das
Screening liefern. Dies setzt einen Abgleich der erhobenen Gesundheitsdaten voraus. Eine datenschutzgerechte
Nutzung ist möglich, wenn bei der Weitergabe von Daten
zu Forschungszwecken und zur Qualitätskontrolle sowohl
die vorgesehene Pseudonymisierung der Daten als auch
die Widerspruchslösung für den Betroffenen – wie im Gesetzesentwurf vorgesehen – eingehalten werden.
Bei den Beratungen zum Gesetzentwurf konnte ich erreichen, dass Datenschutzbelange im Wesentlichen berücksichtigt wurden. So darf die Krankenversichertennummer
nur in pseudonymisierter Form genutzt werden. Die Regelung wichtiger datenschutzrechtliche Fragen sind auf
den G-BA übertragen worden, der von mir beraten wird
(vgl. Nr. 11.1.4).
Ein zweiter Schwerpunkt des Nationalen Krebsplans ist
die Weiterentwicklung der onkologischen Versorgungsstrukturen und deren Qualität. Priorität bei den beschlossenen Maßnahmen hat der flächendeckende Ausbau von
klinischen Krebsregistern. Der KFRG-Entwurf sieht
demgemäß deren flächendeckende Einführung vor. Im
Gegensatz zu den epidemiologischen Krebsregistern, die
lediglich Angaben zu Art und Häufigkeit der Tumorerkrankung in einer bestimmten Region wiedergeben,
erfassen klinische Krebsregister den gesamten Erkrankungsverlauf von der Diagnose über die einzelnen Therapieschritte bis zum Ende der Nachsorge oder den Tod.