Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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K a s t e n z u N r. 7 . 7 . 3
Bundesverfassungsschutzgesetz
§ 12 Berichtigung, Löschung und Sperrung
personenbezogener Daten in Dateien
(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die in
Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind.
(2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die in
Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ihre
Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu
der Annahme besteht, dass durch sie schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden. In diesem Falle sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch
mit Einwilligung des Betroffenen übermittelt werden.
(3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz prüft bei
der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind.
Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach § 3 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 sind spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn,
der Behördenleiter oder sein Vertreter trifft im Einzelfall
ausnahmsweise eine andere Entscheidung.
(4) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu
Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung
oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden,
dürfen nur für diese Zwecke verwendet werden.
§ 13 Berichtigung und Sperrung personenbezogener
Daten in Akten
(1) Stellt das Bundesamt für Verfassungsschutz fest,
dass in Akten gespeicherte personenbezogene Daten unrichtig sind oder wird ihre Richtigkeit von dem Betroffenen bestritten, so ist dies in der Akte zu vermerken
oder auf sonstige Weise festzuhalten.
(2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat personenbezogene Daten zu sperren, wenn es im Einzelfall
feststellt, dass ohne die Sperrung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden und die Daten für seine künftige Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. Gesperrte Daten sind mit einem
entsprechenden Vermerk zu versehen; sie dürfen nicht
mehr genutzt oder übermittelt werden. Eine Aufhebung
der Sperrung ist möglich, wenn ihre Voraussetzungen
nachträglich entfallen.
7.7.4
Technischer Fortschritt und strategische
Fernmeldeüberwachung
Auch inländische Telekommunikation wird über Server im
Ausland geleitet. Was bedeutet dies für die strategische
Fernmeldeüberwachung des Bundesnachrichtendienstes
(BND)?
Drucksache 17/13000
Im Jahr 2001 wurde das Gesetz zur Beschränkung des
Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz – G 10) geändert. Seitdem darf der BND auch internationale Telekommunikationsbeziehungen, d. h. Telefonate,
E-Mails, SMS etc., überwachen, die von Deutschland ins
Ausland und umgekehrt leitungsgebunden, d. h. via Kabel, gebündelt übertragen werden. Erforderlich hierfür ist
die Anordnung einer sog. strategischen Beschränkung im
Sinne des § 5 Absatz 1 G 10 (vgl. Kasten zu Nr. 7.7.4).
Vor dieser Gesetzesänderung durfte der BND nur internationale nicht leitungsgebundene Telekommunikation (Satellitenverkehre, Richtfunkverkehre) erfassen. Mit der
Änderung wollte der Gesetzgeber der gewandelten Telekommunikationstechnik Rechnung tragen. Es war nicht
beabsichtigt, den Umfang der bisherigen Kontrolldichte
zu erweitern (vgl. Bundestagsdrucksache 14/5655 S. 17).
Bereits seit Ende der 1990er Jahre wird die internationale
Telekommunikation zunehmend nicht mehr über Richtfunk bzw. Satellit, sondern über die weltumspannenden
Kabelnetze digital geführt. Aufgrund der Digitalisierung
können in einem Kabel gleichzeitig zehntausende Verkehre übertragen werden. Diese werden an den großen
Knotenpunkten des Welt – Telekommunikationsnetzes
„gebündelt“. Technisch erfolgt die Übertragung in Form
der Paketvermittlung („packet switching“). Hierbei wird
ein Telekommunikationsverkehr, z. B. eine E-Mail, in
verschiedene kleine Datenpakete zerlegt. Die Pakete werden mit Steuerungsinformationen versehen und einzeln
computergesteuert auf verschiedenen Routen übertragen.
Welche Route gewählt wird, ist für den Absender nicht
vorhersehbar. Die Auswahl hängt u. a. von der Auslastung der Routen bzw. den dort eingesetzten Servern ab.
Bei der strategischen Beschränkung werden an ausgewählten Übertragungswegen maximal 20 Prozent (vgl.
Kasten zu Nr. 7.7.4) der dort „gebündelt“ übertragenen
Telekommunikationsverkehre nach den in der jeweiligen
Anordnung festgelegten Suchbegriffen maschinell durchsucht und erfasst. Anschließend werden diese Daten
durch den BND weiter gefiltert und ausgewertet.
Aufgrund des technischen Fortschritts werden auch inländische Telekommunikationsverkehre, d. h. Verkehre, bei
denen sich Absender und Empfänger in Deutschland aufhalten, über im Ausland befindliche Routen geleitet. Dies
hat zur Folge, dass auch dieser Verkehr über Übertragungswege gebündelt übertragen werden kann, die einer
strategischen Beschränkung unterliegen. Demnach könnten auch diese Verkehre nach Suchbegriffen maschinell
durchsucht und erfasst werden, obgleich es sich nicht um
internationale Telekommunikationsbeziehungen im Sinne
des § 5 Absatz 1 G 10 handelt.
Ich habe diese Problematik mit dem BND erörtert und darauf hingewiesen, dass derartige Verkehre nach der geltenden Rechtslage nicht erfasst werden dürfen. Sollte eine Erfassung (teilweise) technisch unvermeidbar sein, muss der
BND gewährleisten, dass diese personenbezogenen Daten
schnellstmöglich erkannt und gelöscht werden. Der BND
teilt meine rechtliche Einschätzung. Aufgrund der ausschließlichen Kontrollkompetenz der G 10-Kommission des
Deutschen Bundestages ist es mir allerdings nicht möglich,
zu prüfen, ob eine Erfassung derartiger Daten erfolgt ist bzw.
diese schnellstmöglich gelöscht worden sind (vgl. Nr. 7.7.2).
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012