Drucksache 16/12600

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Systeme noch keine 100 prozentige Sicherheit liefern. So
waren Überwindungsversuche bei auf dem Markt befindlichen Systemen mit Fingerabdruck- und Gesichtserkennung erfolgreich. Auch bei einem System, das auf Iriserkennung basiert, konnte sich eine Person mit
unterschiedlichen Identitäten in das System einspeichern
lassen oder, in einem anderen Fall, Zutritt verschaffen,
obwohl die Irisdaten bereits in einer Sperrliste gespeichert waren. Wenn die Biometrie einer Person kompromittiert wurde, sind die Konsequenzen meist nicht klar.
Wie ist z. B. zu beweisen, dass die eigenen biometrischen
Informationen missbraucht wurden? Nicht zuletzt aus
diesem Grunde stufe ich den Schutzbedarf bei Biometriedaten als sehr hoch ein.
Das bedeutsamste biometrische Verfahren im Bereich des
Bundes ist die Automatisierte Biometriegestütze Grenzkontrolle (ABG). Hier muss sich der Passagier registrieren, indem seine Ausweisdaten einschließlich der Irisdaten erfasst und bei der Bundespolizei bis zum Widerruf
gespeichert werden. Darüber hinaus wird er erkennungsdienstlich überprüft. Beim Grenzübertritt verifiziert er
sich gegenüber einem Rechner der Bundespolizei mit seinem Pass und seiner Iris und kann nach einer erneuten erkennungsdienstlichen Überprüfung den Grenzpunkt passieren (vgl. 21. TB Nr. 4.5.2).
Die im E-Pass und im E-Personalausweis gespeicherte
Biometrie wird mangels vorhandener Kontrolltechnik
derzeit noch nicht im Grenzkontrollverfahren eingesetzt.
Im Berichtszeitraum habe ich mich mit folgenden weiteren Anwendungen biometrischer Systeme befasst:
– Grenzkontrollsystem zur Anwendungserprobung von
Gesichtserkennungsverfahren (GAnGes)
2009 will die Bundespolizei die Möglichkeiten der Gesichtserkennung im Projekt GAnGes am Frankfurter
Flughafen testen. GAnGes soll im Rahmen der Grenzkontrolle zum Einsatz kommen, wobei ein aktuell aufgenommenes Foto mit dem im Ausweis gespeicherten Bild
verglichen wird (s. auch Nr. 6.4). Dieses Verfahren soll
der beschleunigten Kontrolle von Passagieren dienen und
gleichzeitig die Hürde für einen Passmissbrauch erhöhen.
Der Feldversuch hat zum Ziel, die Tauglichkeit des Verfahrens für eine automatisierte Grenzkontrolle zu überprüfen.
Bei einem erfolgreichen Test von GAnGes soll das ABGVerfahren – das bislang nur auf freiwilliger Basis stattfindet – als offizielles Verfahren abgelöst werden.
– Fast Identification
Ein Personenkontrollverfahren zur schnellen und mobilen
Identifikation ist in verschiedenen Bundesländern erfolgreich im Einsatz. Es ist vorgesehen, die Geräte zur erkennungsdienstlichen Überprüfung von Personen mit Hilfe
der Fingerabdruckerkennung bei der Bundespolizei einzuführen. Über die Technik habe ich bereits früher unter
dem Begriff „Fast Identification“ (s. 21. TB Nr. 5.2.4.2)
berichtet. Ein mobiler Fingerabdruckscanner erfasst den
Fingerabdruck einer Person. Das Gerät baut eine gesicherte Funkdatenverbindung zur Datenbank des BKA

BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

auf. Dort werden die aktuell aufgenommenen Fingerabdrücke mit dem Datenbestand der Fahndungsdatei verglichen. Das Ergebnis wird dem Polizeibeamten auf dem
Display mitgeteilt. Der Beamte kann umgehend weitere
Schritte einleiten.
– Foto-Fahndung
Im Forschungsprojekt „Foto-Fahndung“ hat das BKA
von Oktober 2006 bis Ende Januar 2007 die biometrische
Gesichtserkennung als Fahndungshilfsmittel für die Polizei getestet (s. 21 TB Nr. 5.2.6). Im Ergebnis war es mit
den getesteten Systemen nur dann möglich, gesuchte Personen in Menschenmengen automatisch wieder zu erkennen, wenn die äußeren Rahmenbedingungen, insbesondere die Beleuchtung, dies zuließen. Von der Einführung
des Fahndungshilfsmittels hat das BKA vorerst abgesehen. Ich begrüße dieses bedachte Vorgehen (s. auch
Nr. 8.1).
– FIREBIRD
Der Test bezüglich der Leistungsfähigkeit von Gesichtserkennungssystemen muss in der Regel immer in aufwändigen Feldversuchen erfolgen. Das Bundesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) baut zur Vereinfachung dieser Tests eine Bilddatenbank „FIREBIRD“
auf. Hierzu wird das BSI die Gesichtsbilder von Freiwilligen erfassen und in einer Datenbank speichern. Ziel ist es,
über die Gesichtsbilder eines repräsentativen Querschnitts der Bevölkerung zu verfügen. Zum einen können
die Anbieter von Gesichtserkennungssystemen ihre Systeme vom BSI mit Hilfe dieser Datenbank auf ihre Leistungsfähigkeit testen lassen, zum anderen können
Vergleichstests für Beschaffungsmaßnahmen zwischen
unterschiedlichen Systemen durchgeführt werden. Die
Datenbank unterliegt strengen Restriktionen, was die
Nutzung der Bilder betrifft. So sollen die Bilder z. B.
nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen.
Sieht man einmal vom E-Pass und vom E-Personalausweis ab, wurden bei den erwähnten Verfahren die biometrischen Daten außerhalb der Kontrolle der Betroffenen in
externen Datenbeständen gespeichert. Dies begegnet
grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Bedenken, weil
damit stets eine erhöhte Missbrauchsgefahr einhergeht.
Zudem könnten die für eine bestimmte Aufgabe angelegten Biometrie-Datenbanken auch für andere Zwecke in
anderen Verfahren verwendet werden. Auch diese Gefahr
sollte nicht unterschätzt werden.
6.3.1

Elektronischer Pass der II. Generation

Der sog. E-Pass der II. Generation, der neben dem digitalisierten Lichtbild auch digitalisierte Fingerabdrücke
enthält, ist eingeführt worden. Die datenschutzrechtliche
Skepsis bleibt.
Nachdem die Ratsverordnung 2252/2004 als gemeinschaftsrechtliche Vorgabe für die Einführung von biometrischen Merkmalen in Pässe und Reisedokumente ohne
die Möglichkeit zu sorgfältiger Prüfung aller datenschutzrechtlicher Aspekte und Bedenken „im Hauruck-Verfahren“ am 13. Dezember 2004 beschlossen worden war und

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