Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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sellschaft mbH als Betreiberin des elektronischen Bundesanzeigers eingereicht werden. Der Kreis der offenlegungspflichtigen Unternehmen sowie Art und Umfang
der einzureichenden Unterlagen sind hingegen unverändert geblieben.
Hierzu haben mich viele Eingaben von Unternehmern erreicht, die mit der Veröffentlichung ihrer Unternehmensdaten
über die Internet-Plattformen www.unternehmensregister.de
und www.ebundesanzeiger.de nicht einverstanden waren.
Der freie Zugang für jedermann ist jedoch datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Die Angaben über juristische Personen und Personenmehrheiten hat der Gesetzgeber aus dem Anwendungsbereich des BDSG bewusst
ausgenommen. Während für den Einzelnen die informationelle Selbstbestimmung den Ausgangspunkt bildet, unterliegen juristische Personen insbesondere aus Gründen
des Verbraucher-, Anleger- und Gläubigerschutzes vielfältigen Pflichten zur Publizität und Rechnungslegung.
Datenschutzregeln sind auf derartige Regeln – zumindest
nach deutschem Recht – nicht anwendbar.
Durch einige Eingaben bin ich darauf hingewiesen worden, dass bei der Suche z. B. nach einem Namen eines
Wirtschaftprüfers oder Steuerberaters nicht nur die von
ihm zu publizierenden Unternehmensdaten, sondern auch
die aller Unternehmen als Suchergebnis angezeigt wurden, bei denen er in seiner Funktion als Wirtschaftsprüfer
oder Steuerberater mitgewirkt hat. Das Bundesministerium der Justiz hat inzwischen die Bundesanzeiger
Verlagsgesellschaft mbH angewiesen, diese Volltextsuche
in den Jahresabschlüssen so abzuschalten, dass lediglich
noch nach den Firmenbezeichnungen der veröffentlichenden Unternehmen bzw. nach Teilen hiervon recherchiert
werden kann. Seit August 2008 ist der Suchmodus beider
Plattformen entsprechend angepasst worden.
3.4.4

Der Mensch ist kein Score-Wert

Bereits in meinen zurückliegenden Tätigkeitsberichten
habe ich auf die Gefahren der Profilbildung hingewiesen
und ein gesetzgeberisches Handeln angemahnt (vgl.
20. TB Nr. 11.4 ff.; 21. TB Nr. 9.1). Den nun im Berichtszeitraum vorgelegten Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache 16/10529), der die Tätigkeit von Auskunfteien regeln und Score-Verfahren transparenter machen will,
begrüße ich. Ich wünsche mir jedoch ein klareres Bekenntnis zum Schutz des Einzelnen vor einer ausufernden
Profilbildung.
Der Entwurf der Bundesregierung sieht eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Einmeldung von personenbezogenen Daten in ein Auskunfteisystem vor. Dabei
handelt es sich um Daten über nicht-vertragsgemäßes
Verhalten. Hiervon gibt es zwei wichtige Ausnahmen:
Kreditinstitute dürfen auch Daten über die Begründung,
ordnungsgemäße Durchführung und Beendigung eines
Vertragsverhältnisses an eine Auskunftei weitergeben.
Zudem bleibt es einem Unternehmen unbenommen, im
Wege einer Einwilligung vom Betroffenen die Erlaubnis
zu erhalten, weitere Daten an eine Auskunftei zu übermitteln. Der Gesetzentwurf regelt zudem die Durchführung
von Scoring-Verfahren und verschärft das Auskunftsrecht

Drucksache 16/12600

der Betroffenen: So müssen alle Auskunfteien zukünftig
einmal jährlich kostenlos Auskunft zu den bei ihnen gespeicherten Daten und Score-Werten geben.
Doch dies ist noch nicht ausreichend. Der Entwurf hat
drei entscheidende Schwachstellen, die sich in der Praxis
zum Nachteil des Einzelnen, aber auch der zuständigen
Datenschutzaufsichtsbehörde auswirken werden:
Es fehlt eine wirksame Beschränkung des Auskunfteienmarktes. Derzeit erlaubt das Gesetz eine Abfrage bei einer Auskunftei, wenn das abfragende Unternehmen ein
berechtigtes Interesse geltend machen kann. Dieses wird
allzu oft in der Praxis im Sinne eines wirtschaftlichen Risikos ausgelegt. Dadurch wird das Risiko der Nicht-Leistung einseitig auf die schwächere Vertragspartei abgewälzt. So könnten in Zukunft auch Arbeitgeber vor einer
Einstellung die Bonität ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überprüfen. Die Schwierigkeit liegt in der
Praxis gerade darin, die aus allgemeinen wirtschaftlichen
Erwägungen heraus begründeten Anfragen auf diejenigen
zu reduzieren, bei denen tatsächlich ein besonderes, weil
kreditorisches Risiko im Hintergrund steht. Hier fehlt
eine klare Beschränkung des Auskunfteienmarktes. Deswegen sollte im Gesetz ein unmittelbares finanzielles
Ausfallrisiko als Voraussetzung für eine Bonitätsauskunft
festgeschrieben werden.
Außerdem gehen die Auskunftsrechte an einer entscheidenden Stelle noch nicht weit genug. Zwar soll der ScoreWert zukünftig einzelfallbezogen und nachvollziehbar erläutert werden, doch bei dieser sehr flexiblen und auslegbaren Bestimmung besteht die Gefahr, dass der Betroffene nur mit einer allgemeinen Erklärung abgespeist
wird. Bereits heute erfährt der Betroffene bei einigen
Auskunfteien auf Nachfrage, wie ein Score-Wert generell
zustande kommt. Für den Betroffenen kommt es aber darauf an zu erfahren, welche Bedeutung eine bestimmte Information für die Kreditentscheidung hat. Zum Schutz
der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse würde es genügen, die genutzten Datenarten in absteigender Reihenfolge ihrer Bedeutung für das im Einzelfall berechnete
Ergebnis zu beauskunften. Dies böte die Möglichkeit sowohl den Interessen der Wirtschaft nach einem Schutz
der Score-Formel als auch den Transparenzanforderungen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden.
Schließlich ist eine Beurteilung der Kreditwürdigkeit anhand der Wohnanschrift („Geo-Scoring“) diskriminierend
und unseriös, da sie die Bewertung der Kreditwürdigkeit
an ein Merkmal anknüpft, das der Einzelne nicht beeinflussen kann (s. u. Nr. 7.1). Genau dies soll nach dem Gesetzentwurf aber möglich bleiben: Es ist gesellschaftlich
nicht hinnehmbar, dass man generell mehr für einen Kredit bezahlt, wenn man in einer schlecht beleumundeten
Gegend wohnt. Daher sollte die Verwendung von Anschriftendaten zur Bonitätsbewertung nicht zugelassen
werden.
Auch die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des
Bundes und der Länder hat Nachbesserungen angemahnt.
Ich habe die Hoffnung, dass am Ende der zu Redaktionsschluss noch andauernden Beratungen im Deutschen

BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008

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