Drucksache 16/12600
3.2.4

– 36 –

Nicht jeder will, doch mancher kommt
auch gegen seinen Willen in das
Telefonbuch

Immer wieder beklagen Telefonteilnehmer, gegen ihren
Willen in öffentliche Verzeichnisse eingetragen zu werden.
Öffentliche Kundenverzeichnisse, also gedruckte und
elektronische Telefonbücher, die telefonische und die „Internet-Auskunft“, werden häufig gerne genutzt. Viele Telefonteilnehmer wollen so auch erreichbar sein – aber
eben nicht alle. Oftmals gibt es gute Gründe, die Rufnummer und/oder Adresse nicht publik werden zu lassen.
Gleichwohl ist häufig festzustellen, dass Daten gegen den
erklärten Willen des Anschlussinhabers veröffentlicht
werden.
Bei den Betroffenen, die sich wegen eines ungewollten
Eintrags ihrer Daten an mich gewandt haben, handelte es
sich – wie bereits im Berichtszeitraum meines 19. TB
(Nr. 11.12) – im Wesentlichen um Kunden der Deutschen
Telekom AG (DTAG). Darunter waren auch mehrere Polizeibeamte, die im sicherheitssensiblen Bereich tätig
sind. Durch den ungewollten Eintrag mit Rufnummer und
Anschrift sahen sie ihre eigene Sicherheit sowie die ihrer
Familie gefährdet. In einem Fall wurde die DTAG mit einer nicht unerheblichen Schadensersatzforderung konfrontiert, da ein nicht zu vermeidender Umzug im Raum
stand.
Auf meine Nachfragen hat die DTAG immer wieder angegeben, dass ein „individueller Arbeitsfehler“ Ursache
für die unerwünschten Einträge gewesen sei. Auffällig
war, dass die betroffenen Kunden häufig keinen neuen
Anschluss beantragt, sondern einen Produktwechsel
(z. B. neuer Tarif) vorgenommen hatten. Geschah dies telefonisch, konnten die Kunden den Falscheintrag erst
nach Erhalt der schriftlichen Auftragsbestätigung erkennen, die ihnen nach einigen Tagen per Post zuging. Gerade bei den Mitarbeitern des telefonischen Vertriebsweges bedarf es nach meiner Einschätzung intensiver
Schulungsmaßnahmen, um die „individuellen Arbeitsfehler“ zukünftig zu vermeiden.
Aber auch bei der Beauftragung in den Ladengeschäften
der DTAG, kam es in der Folge immer wieder zu unerwünschten Telefonbucheinträgen. Bereits Anfang 2006
hatte ich deshalb die DTAG aufgefordert, den Kunden unmittelbar nach Auftragserteilung eine Auftragsbestätigung auszuhändigen. Denn nur so können Fehler sofort
erkannt und Nachteile für den Kunden vermieden werden. Seitdem hat das Unternehmen mehrfach angekündigt, die technischen Systeme entsprechend umzustellen.
Immer wieder wurden die angekündigten Einführungstermine nicht gehalten. Nunmehr wurde mir als Starttermin
der Januar 2009 genannt.
Auch technische Fehler führten bei der DTAG zu ungewollten Einträgen. Aufgrund entsprechender Bürgereingaben hatte ich die DTAG um eine gründliche Prüfung
von Vorgängen gebeten. Daraufhin wurde festgestellt,
dass es insbesondere in Fällen, in denen externe Vertriebspartner involviert waren, zu systembedingten Falschein-

BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

trägen kam. Die Software für die Verwaltung der
Bestandsdaten – einschließlich Einträgen in öffentliche
Verzeichnisse – wurde inzwischen im Sommer 2008
durch eine modernere Version ersetzt, welche die Fehler
zukünftig vermeiden soll.
Verbesserungsbedarf besteht auch bei der Bearbeitung
von Kundenbeschwerden. So mussten Kunden, die
schriftlich und/oder telefonisch die Korrektur ihrer fehlerhaft eingetragenen Daten erbeten hatten, wochenlang auf
eine Reaktion warten. Offenbar war vielen Mitarbeitern
nicht bekannt, an welche Stelle solche Kundeneingaben
weiterzuleiten sind, nämlich an den Konzerndatenschutz.
Erst nachdem sie sich wegen der mangelhaften Bearbeitung ihres berechtigten Anliegens an mich gewandt hatten, wurde auf meine Aufforderung dem Wunsch der
Kunden entsprochen. Eine lange Bearbeitungszeit hat in
diesen Fällen aber unter Umständen unangenehme Folgen. Denn fällt der Redaktionsschluss eines gedruckten
Telefonbuchs in diesen Zeitraum, werden die falschen
oder ungewollten Einträge aufgenommen und stehen für
mindestens ein Jahr im Telefonbuch.
3.2.5

Bonitätsprüfung bei neuen
Telefonkunden

Bei der Entscheidung über den Abschluss von Handy-Verträgen nutzen die Telekommunikationsunternehmen Informationen über die tatsächliche oder angenommene
Zahlungsfähigkeit der Kunden, die sie bei Auskunfteien
abfragen. Die Entscheidung erfolgt oftmals (weitgehend)
automatisiert. Für den Interessenten ist dieses Verfahren
vielfach nicht nachzuvollziehen.
Im Rahmen einer schriftlich durchgeführten datenschutzrechtlichen Prüfung bei 23 Telekommunikationsdiensteanbietern habe ich festgestellt, dass wichtige Vorgaben des BDSG bei einem nicht unerheblichen Anteil
der Unternehmen nicht beachtet wurden. Die Antworten
ergaben im Wesentlichen folgende Defizite:
1. Häufig wurden die Interessenten bei Vertragsablehnung an die Wirtschaftsauskunftei verwiesen, die entsprechende Negativmerkmale oder einen schlechten
Score-Wert übermittelt hatte, ohne sich mit den Argumenten des Betroffenen auseinander zu setzen. Dies
entspricht weder dem Wortlaut noch der Intention des
BDSG. Automatisierte Einzelentscheidungen, die zur
Ablehnung eines Antrages auf Abschluss eines Telekommunikationsvertrages führen, sind nur unter den
Voraussetzungen von § 6a Absatz 2 Nummer 2 BDSG
zulässig. Danach muss die Wahrung der berechtigten
Interessen des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen gewährleistet werden, z. B. durch die Möglichkeit, sich noch einmal an die verantwortliche Stelle zu
wenden, um seinen Standpunkt geltend zu machen.
Dazu muss dem Betroffenen mitgeteilt werden, dass
überhaupt eine automatisierte Ablehnung erfolgt ist.
Die verantwortliche Stelle ist dann verpflichtet, ihre
Entscheidung erneut zu prüfen. Einem abgelehnten
Antragsteller muss also mitgeteilt werden, wie und an
wen er sich in dem entsprechenden Unternehmen wenden kann. Dabei muss es sich um Mitarbeiter handeln,

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