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ben, wenn durch sie schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden, insbesondere, wenn im
Empfängerstaat ein angemessener Datenschutzstandard
nicht gewährleistet ist. Entsprechendes gilt auch für die
Bundespolizei (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über
die Bundespolizei).
5.1.5
Die Klärung, ob bzw. inwieweit diesen gesetzlichen Restriktionen hinreichend entsprochen worden ist, dauerte bei
Redaktionsschluss noch an.
Vor dem Hintergrund in der Öffentlichkeit diskutierter
Fälle habe ich mit den Sicherheitsbehörden intensiv erörtert (vgl. Nr. 5.1.4), wie weit die informationelle Kooperation mit ausländischen Partnern zulässig ist. Datenschutzrechtlich problematisch ist insbesondere die
Übermittlung personenbezogener Daten an Behörden in
Staaten, die über kein angemessenes Datenschutzniveau
verfügen. Das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und
die Behörden des Zollfahndungsdienstes dürfen hier
grundsätzlich keine personenbezogenen Daten weitergeben. Insoweit sind die Vorgaben des Gesetzgebers eindeutig (vgl. § 14 Abs. 7 Satz 7 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und
der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten
(Bundeskriminalamtgesetz – BKAG), § 33 Abs. 3 Satz 2
des Gesetzes über die Bundespolizei (Bundespolizeigesetz – BPolG) und § 34 Abs. 4 Satz 5 des Gesetzes über
das Zollkriminalamt und die Zollfahndungsämter (Zollfahndungsdienstgesetz – ZFdG)). Maßgeblich zur Beurteilung derartiger Datenübermittlungen des Bundesamtes
für Verfassungsschutz (BfV) ist § 19 Abs. 3 Satz 2 des
Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG). Diese
Regelung findet auf den MAD und BND entsprechende
Anwendung. Eine Übermittlung personenbezogener Daten muss demnach unterbleiben, wenn überwiegende
schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Insoweit ist die Regelung wortidentisch mit den vorstehend genannten Regelungen des BKAG, BPolG und
des ZFdG. Im Gegensatz zu diesen Vorschriften enthält
§ 19 Abs. 3 Satz 2 BVerfSchG jedoch nicht den Hinweis,
dies sei insbesondere dann der Fall, wenn im Empfängerland ein angemessener Datenschutzstandard nicht gewährleistet sei. Folglich besteht nach Auffassung der
Nachrichtendienste keine Pflicht, die Angemessenheit
des Datenschutzniveaus im Empfängerland abstrakt zu
bewerten. Ausreichend sei vielmehr, die schutzwürdigen
Interessen des Betroffenen im Einzelfall hinreichend zu
berücksichtigen.
K a s t e n zu Nr. 5.1.4
§ 18 BVerfSchG – Übermittlung von Informationen
an die Verfassungsschutzbehörden
Absatz 1:
Die Behörde des Bundes, der bundesunmittelbaren
juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die
Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleistungsbefugnis, die Polizeien,
die Behörden des Zollfahndungsdienstes sowie andere
Zolldienststellen, soweit diese Aufgaben nach dem
Bundesgrenzschutzgesetz wahrnehmen, unterrichten
von sich aus das Bundesamt für Verfassungsschutz oder
die Verfassungsschutzbehörde des Landes über die ihnen bekannt gewordenen Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine
fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich
dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung
von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 genannten
Schutzgüter gerichtet sind. Über Satz 1 hinausgehende
Unterrichtungspflichten nach dem Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst oder dem Gesetz über den
Bundesnachrichtendienst bleiben unberührt. Auf die
Übermittlung von Informationen zwischen Behörden
desselben Bundeslandes findet Satz 1 keine Anwendung.
...
Absatz 3:
Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben die Staatsanwaltschaften und,
vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien sowie andere Behörden um
Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Information einschließlich personenbezogener Daten ersuchen wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem
Aufwand oder nur durch eine den Betroffenen stärker
belastende Maßnahme erhoben werden können. Unter
den gleichen Voraussetzungen dürfen Verfassungsschutzbehörden der Länder
1. Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
2. Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, Polizeien des
Bundes und anderer Länder um die Übermittlung
solcher Informationen ersuchen.
Kooperation der Sicherheitsbehörden
mit ausländischen Partnern
Bei der Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische Behörden sind die verfassungsrechtlichen und
gesetzlichen Grenzen strikt zu beachten.
Ich habe die Nachrichtendienste darauf hingewiesen, dass
bei einer einzelfallbezogenen, fundierten und umfassenden Prüfung die Interessenabwägung unter Einbeziehung
aller im jeweiligen Einzelfall relevanten Aspekte durchgeführt werden muss und zu Kontrollzwecken zu dokumentieren ist.
Zudem ist uneingeschränkt zu gewährleisten, dass die
Vorgaben des BKAG, BPolG und des ZFdG durch die intensivere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden, z. B.
durch die Errichtung gemeinsamer Dateien (vgl.
Nr. 5.1.1), nicht ausgehöhlt bzw. umgangen werden.
Die Diskussion mit den Sicherheitsbehörden dauert an.
R
ev
BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006