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A n l a g e 1 5 (zu Nr. 4.3)
Beschluss der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich
am 8./9. November 2006 in Bremen
Empfehlung der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich:
Die Entwicklung und Anwendung von RFID-Technologie ist insbesondere im Handel und im
Dienstleistungssektor datenschutzkonform zu gestalten!
Die obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im
nicht-öffentlichen Bereich halten es für erforderlich, dass
bereits bei der technologischen Ausgestaltung von RFID
das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen gewahrt wird. Dazu gehört vor allem, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern nach dem Kauf von Produkten die RFID-Chips auf einfache Weise unbrauchbar
machen können. Daneben sind auch die Datenschutzrechte der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Produktions- und Logistikprozess zu wahren. Zugleich sind unter anderem der Handel und der
Dienstleistungssektor und insbesondere die entsprechenden Verbände aufgerufen, umfassende, verbindliche und
nachprüfbare Selbstverpflichtungen für eine datenschutzfreundliche Ausgestaltung der RFID-Technologie abzugeben.
Für den Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen
Verbraucherinnen und Verbraucher sind dabei folgende
Regeln unabdingbar:
Transparenz/Benachrichtigungspflicht
Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen wegen
des möglichen Personenbezugs der auf RFID-Chips
gespeicherten Daten umfassend über den Einsatz, Verarbeitungs- und Verwendungszweck und Inhalt von
RFID-Chips informiert werden. Werden durch ihren Einsatz personenbezogene Daten gespeichert, sind die Betroffenen hiervon zu benachrichtigen.
Kennzeichnungspflicht
Nicht nur die eingesetzten RFID-Chips selbst, sondern
auch die Kommunikationsvorgänge, die durch die Chips,
Lesegeräte bzw. dazugehörige Hintergrundsysteme ausgelöst werden, müssen für die Verbraucherinnen und Verbraucher transparent und leicht zu erkennen sein. Eine
heimliche Anwendung „hinter dem Rücken“ der Betroffenen darf es nicht geben.
BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006
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Diese technologische Entwicklung stellt den Datenschutz
vor neue Herausforderungen. Ob auf RFID-Chips gespeicherte Daten einen Personenbezug aufweisen, wird häufig von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängen. Selbst Informationen, die zunächst keinen
Personenbezug haben, weil sie allein ein Produkt kennzeichnen, könnten über die Lebensdauer des Chips gesehen – zum Beispiel mit Hilfe von Hintergrundsystemen –
später einer konkreten Person zugeordnet werden. Damit
würden rückwirkend alle gespeicherten Daten über einen
mit einem RFID-Chip gekennzeichneten Gegenstand zu
personenbezogenen Daten. Ein datenschutzkonformer
Einsatz der RFID-Technologie wird deshalb immer
schwerer kontrollierbar sein. Die Ausübung der verfassungsrechtlich begründeten, datenschutzrechtlich unabdingbaren Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher
Angesichts dieses Gefährdungspotenzials der RFID-Technologie erscheint es fraglich, ob die bestehenden gesetzlichen Regelungen ausreichen, den wirksamen Schutz der
Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu gewährleisten.
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i
RFID ist eine Technik, um Daten mit Hilfe von Funkwellen auf einem Chip berührungslos und ohne Sichtkontakt
lesen, speichern und gegebenenfalls verarbeiten zu können. Mit RFID-Chips gekennzeichnete Gegenstände können mit einem Lesegerät abhängig von der Reichweite
bzw. Sendestärke identifiziert und lokalisiert werden. Ungeachtet der zahlreichen Vorteile des Einsatzes von
RFID-Chips ist zu befürchten, dass zukünftig massenhaft
personenbezogene Daten verarbeitet werden, indem nahezu alle Gegenstände des täglichen Lebens (einschließlich Kleidung, Lebensmittel- und andere Verpackungen,
Medikamente usw.) über Hintergrundsysteme dauerhaft
den Betroffenen zugeordnet werden können. RFID ermöglicht damit technisch die von den Verbraucherinnen
und Verbrauchern unbemerkte Ausforschung ihrer Lebensgewohnheiten und ihres Konsumverhaltens etwa zu
kommerziellen Zwecken.
auf Auskunft sowie auf Löschung und Berichtigung von
unrichtigen personenbezogenen Daten wird – insbesondere wegen der geringen Größe der RFID-Chips – künftig
erheblich erschwert.
R
Die gegenwärtige Entwicklung der RFID-Technologie
(Radio Frequency Identification) und ihr Einsatz im Handel und im Dienstleistungssektor kann Kosteneinsparungspotenziale beispielsweise im Rahmen von Logistikund Produktionsprozessen eröffnen. Sie birgt allerdings
auch erhebliche Risiken für das Persönlichkeitsrecht von
Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen
Bereich halten es deswegen für erforderlich, dass die
RFID-Technologie datenschutzkonform entwickelt und
eingesetzt wird. Bereits jetzt sollten Hersteller und Anwender im Handel und im Dienstleistungssektor die Möglichkeiten der datenschutzgerechten Gestaltung dieser
Technologie nutzen.