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Diese DRM-Systeme mögen zwar bei der Abrechnung
für mehr Einzelfallgerechtigkeit sorgen und damit auch
den Interessen der Verbraucher Rechnung tragen. Gleichwohl habe ich im Gesetzgebungsverfahren mit Nachdruck auf die hiermit verbundene Gefahr hingewiesen,
dass mit Hilfe dieser Technologie umfassende Nutzerprofile erstellt werden können. Die Gesetzesbegründung enthält erfreuliche Ausführungen zum Datenschutz. Betont
werden die Grundsätze der Datensparsamkeit, Datenvermeidung und des Systemdatenschutzes, wonach der
Schutz der personenbezogenen Daten bereits bei der Ausgestaltung der technischen Systeme zu gewährleisten ist.
Auch heißt es: „Das Datenschutzrecht wird mit Blick auf
die technologische Entwicklung und die Erfahrungen der
Aufsichtsbehörden laufend fortentwickelt. Es ist nicht
auszuschließen, dass die Verbreitung von DRM-Systemen und die damit einhergehenden Erfahrungen zukünftig im Datenschutzrecht zu berücksichtigen sein werden.“
Ich sehe darin eine Sensibilisierung für die Belange des
Datenschutzes. Bei diesen guten Worten darf es aber nicht
bleiben. Es ist schon jetzt zwingend geboten, die Voraussetzungen für eine Rechtstatsachenforschung zu gewährleisten, um im Interesse der Persönlichkeitsrechte der
Nutzer rechtzeitig die richtigen Weichen zu stellen.
Hierzu ist es notwendig, die weitere Entwicklung von
DRM und den Umgang mit personenbezogenen Daten
wissenschaftlich zu begleiten.
Gefragt ist aber auch die Verantwortung der Industrie und
der Rechteinhaber, DRM so auszugestalten, dass die erwähnten Datenschutzgrundsätze mit Leben gefüllt werden. Auch bei einer individuellen Nutzungsabrechnung
ist es durchaus möglich, auf eine personenbezogene Registrierung zu verzichten. So könnten zum Beispiel
DRM-Systeme so gestaltet werden, dass keine Registrierung des Nutzungsverhaltens in externen Datenbanken erforderlich ist, etwa wenn die urheberrechtlich geschützten
Werke eingebaute technische Nutzungsbeschränkungen
aufweisen und nur im Rahmen der jeweiligen Nutzungsberechtigungen verwendet werden können. Ferner sollten
die einzelnen Nutzungsvorgänge nicht regelhaft unter
dem Namen des Nutzers registriert und abgerechnet werden. Alternativ könnten Prepaid-Modelle verwendet werden, bei denen lediglich Nutzungskennungen, nicht aber
die Identität der Nutzer registriert werden. Schließlich
sollten den Nutzern gegebenenfalls alternative Vertriebswege eröffnet werden, indem neben einer nutzerbezogenen Abrechnung auch ein Pauschaltarif angeboten wird.

6.7

Novellierung der Prozesskostenhilfe

Der Bundesratsentwurf eines Gesetzes, mit dem Aufwendungen für Prozesskostenhilfe begrenzt werden sollen,
berührt in erheblichem Maße Belange des Datenschutzes.
Zentrales Anliegen der vom Bundesrat vorgeschlagenen
Gesetzesänderungen (Bundestagsdrucksache 16/1994) ist
es, die Ausgaben für die Prozesskostenhilfe zu reduzieren. Hierzu sollen u. a. die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe korrigiert werden, um
der missbräuchlichen Inanspruchnahme entgegenzuwirken. Vorgesehen ist, in § 118 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1
und 2 ZPO-E die Auskunftsrechte des Gerichts zu erweitern, um die Richtigkeit von Angaben des Antragstellers
zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
zu überprüfen. Das Gericht soll hierfür Auskunft über das
Vermögen des Antragstellers bei den Finanzämtern und
über seine Kontoverbindungen im Sinne des § 24c
Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG) nebst Name und Anschrift des Kreditinstituts bei der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (sog. Kontenabrufverfahren) einholen können. Des Weiteren soll ihm die Möglichkeit eröffnet werden, sich bei den in § 643 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 ZPO genannten Stellen (Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern, sonstigen Personen oder Stellen, die
Leistungen zur Versorgung im Alter und bei verminderter
Erwerbsfähigkeit sowie Leistungen zur Entschädigung
oder zum Nachteilsausgleich zahlen, und Versicherungsunternehmen) über die Höhe der Einkünfte Auskunft erteilen zu lassen.
Diese Möglichkeiten, bei Dritten zu ermitteln, sollen
zwar ausdrücklich von der vorherigen Einwilligung des
Betroffenen abhängig gemacht werden. Jedoch muss nach
§ 118 Abs. 2 Satz 6 ZPO-E das Gericht einen Prozesskostenhilfeantrag allein wegen der Nichterteilung dieser Einwilligung ablehnen, unabhängig davon, ob die Einholung
der Auskunft im konkreten Fall tatsächlich notwendig ist.
Dies ist mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht vereinbar, da der Betroffene auf diese Weise
ohne Rücksicht auf die Erforderlichkeit (Vorrang der
Direkterhebung) faktisch zur Einwilligung genötigt wird
(vgl. § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG). Hier muss deutlich nachgebessert werden, insbesondere muss auch die Zweckbindung dieser Datenerhebung eindeutig sein. Ich sehe die
Gefahr, dass diese Daten nicht nur genutzt werden könnten, die Bedürftigkeit der Partei im Prozesskostenhilfeverfahren zu klären, sondern auch im Rahmen der Begründetheit des Klagebegehrens selbst. Hiermit würden
aber die nach § 643 Abs. 2 ZPO für bestimmte, abschließend aufgezählte Unterhaltsstreitigkeiten bestehenden
Auskunftspflichten auf dem Umweg über das Prozesskostenhilfeverfahren quasi flächendeckend ausgedehnt.
Gänzlich abzulehnen ist mit Blick auf die bevorstehende
Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit
des Kontenabrufs durch die Finanz-, Sozialbehörden und
Gerichte (s. u. Nr. 8.2) die vorgeschlagene Teilnahme der
Zivilgerichte an diesem Verfahren.
BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006

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den hat. Inzwischen wird ein neuer Regierungsentwurf
(Bundestagsdrucksache 16/1828 vom 15. Juni 2006) beraten, der Regelungen zum Vergütungssystem enthält. Erfreulich ist, dass grundsätzlich an dem pauschalen Vergütungssystem festgehalten werden soll, bei dem eine
individuelle Registrierung der einzelnen Nutzungsvorgänge nicht erforderlich ist. Allerdings wird den Rechteinhabern die Möglichkeit eingeräumt, alternativ zur
pauschalen Berechnung auch die einzelnen Nutzungsvorgänge individuell abzurechnen. Zu diesem Zweck werden
Systeme des Digitalen Rechtemanagements (DRM) zugelassen.

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