– 40 –
4.2.1
Auch Videoüberwachung braucht
Sicherheit!
Ein Schutzprofil für Videoüberwachungsanlagen unterstützt deren datenschutzgerechten Einsatz.
Die in der Vergangenheit von mir durchgeführten Kontrollen zeigten, dass nicht alle Videoanlagen, die heute im
Einsatz sind, diese Forderungen an die Technik erfüllen
können. Vor diesem Hintergrund war es aus Sicht des Datenschutzes längst überfällig, die technisch-organisatorischen Anforderungen an Videoanlagen festzulegen.
Die Auflistung dieser Forderungen in Form einer Checkliste reicht aufgrund der in der Vergangenheit gewonnenen Erfahrung nicht aus. Deshalb wurde zur Beschreibung der technisch-organisatorischen Anforderungen auf
die Möglichkeiten der Common Criteria (CC, ein
Prüfrahmen für IT-Sicherheit) zurückgegriffen und die
Anforderungen an die Verarbeitung von personenbeziehbaren Daten in Videoanlagen in Form eines Schutzprofils
(Protection Profiles) beschrieben. Das Konzept soll besonders IT-Anwender, Hersteller und Datenschutzbeauftragte bei der Entwicklung und dem Betrieb von Videoüberwachungsanlagen unterstützen.
Das Schutzprofil stellt einen Katalog von Anforderungen
auf, die aufgrund der datenschutzrechtlichen Anforderungen vorhanden sein müssen und in einem Zertifizierungsverfahren geprüft werden können (vgl. Kasten zu
Nr. 4.2.1). Ferner können die Anforderung zur Revision
und Prüfung, ob eine Installation datenschutzgerecht vorgenommen wurde, verwendet werden. Das Schutzprofil
wurde durch das BSI zertifiziert und kann von meiner
Homepage herunter geladen werden.
K a s t e n zu Nr. 4.2.1
Das Schutzprofil fordert zur Unterstützung eines gesetzeskonformen Umganges mit den Bilddaten einen Mindestsatz an Sicherheitsfunktionalität, diese sind:
– Gewährleistung der Löschung von Bilddaten (individueller Löschungsanspruch) mit erzwungener Begründung;
– Gewährleistung, dass die Bilddaten nach der jeweils
zulässigen Speicherdauer automatisch gelöscht werden (Sollen Bilddaten über die vorgegebene Speicherdauer hinaus aufbewahrt werden, müssen diese
zuvor aus der Videoüberwachungsanlage heraus exportiert werden);
– Zugriffsregelung auf Bilddaten;
– Gewährleistung, dass ein Export von Bilddaten immer begründet werden muss und ausschließlich von
Beobachter und Administrator vorzunehmen ist;
– Protokollierung der Auswerte-, Lösch- und Konfigurierungsaktionen;
– Gewährleistung, dass Bilddaten ordnungsgemäß verarbeitet werden;
– Sicherstellung der Integrität, Authentizität und Vertraulichkeit der empfangenen Bilddaten
Das vollständige Schutzprofil kann aus dem Internet abgerufen werden unter www.bfdi.bund.de
4.2.2
Videoüberwachung auf Bahnhöfen
Die Bundespolizei nutzt zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf
Bahnanlagen die Videotechnik der Deutschen Bahn AG.
Hierzu wurde im Jahr 2006 zwischen der DB AG und der
BPol ein Nutzungsvertrag geschlossen.
Die Deutsche Bahn AG setzt auf ihren Bahnhöfen Videotechnik ein, um bei Störungen kurzfristig eingreifen zu
können. Die dabei eingesetzte Videotechnik wird, wie bereits im 20. TB dargestellt (Nr. 5.3.6), auch von der für
die Sicherung des Bahnbetriebs zuständigen Bundespolizei genutzt. Mit dem Abschluss des Nutzungsvertrags ist
die BPol meiner Forderung, eine Rechtsgrundlage zu
schaffen, die den Anforderungen des § 11 BDSG Rechnung trägt, nachgekommen.
Die Bombenfunde in Zügen am Dortmunder und Koblenzer Hauptbahnhof im Sommer 2006 sowie der schnelle
Fahndungserfolg der Polizei bei der Tätersuche führten
zu Forderungen nach einem Ausbau der Videoüberwachung auf Bahnhöfen und den Einbau solcher Anlagen
auch in den Zügen. Ich begegne diesen Forderungen mit
Zurückhaltung, da bei der Videoüberwachung ohne unmittelbaren Anlass eine Vielzahl von Personen beobachtet und deren Bilddaten aufgezeichnet werden. Der Einsatz und der daraus resultierende Nutzen für die
öffentliche Sicherheit müssen in einem angemessenen
Verhältnis zu den Freiheitsrechten stehen, d. h. auch hier
muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt
sein. Bei den Aufzeichnungen muss eine schnelle Auswertung sichergestellt sein, damit gegenwärtigen Gefahren tatsächlich begegnet werden kann. Die Videoüberwachung muss sich auf gefährdete Bereiche beschränken.
Schließlich ist zu gewährleisten, dass die Aufzeichnungen nicht in falsche Hände geraten und nur für gesetzlich
zugelassene Zwecke verwendet werden. Nach dem mir
vorliegenden Konzept werden diese Anforderungen weitgehend erfüllt.
Ich werde auch künftig Wert darauf legen, dass selbst bei
einem verstärkten Einsatz der Videotechnik, aber auch
bei Einführung neuerer Techniken, wie z. B. Gesichtserkennungsverfahren (Nr. 5.2.6), die Balance zwischen den
Bürgerrechten und den Belangen der öffentlichen Sicherheit gewahrt bleibt. Eine lückenlose, flächendeckende
Videoüberwachung darf es auch in Zukunft nicht geben;
sie wäre unverhältnismäßig und würde das soziale Verhalten der Bürger unvertretbar beeinflussen.
4.2.3
Auch bei Videoanlagen kann die Politik
ins Blickfeld geraten!
Mit Blick auf die Videoüberwachung habe ich in meinem
Zuständigkeitsbereich zwei Kontrollen vorgenommen.
Die Erkenntnisse waren auch maßgeblich für die Erstellung eines Schutzprofils.
Der zunehmende Einsatz der Videotechnik hat mich veranlasst, eine Reihe von Videoüberwachungssystemen im
Hinblick auf die Einhaltung der datenschutzrechtlichen
Vorgaben in § 6b Abs. 2 BDSG (vgl. Kasten zu Nr. 4.2)
zu überprüfen.
Der Deutsche Bundestag betreibt auf seinen Liegenschaften in Berlin Videokameras (insgesamt 397), deren Signale in einer Überwachungszentrale zusammenlaufen.
R
ev
i
BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006