v
– 132 –
ten Erhebungsbögen beruhen und – soweit Selbsteinschätzungen der Betroffenen angesprochen werden – in
der Regel Mutmaßungen wiedergeben, die selbst für eine
Begutachtung durch den MDK kaum verwertbar sein
dürften. Hier ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass leistungserheblich nur Tatsachen sein können, mithin keine
Meinungen oder bloße Werturteile.
Soweit Krankenkassen in diesem Zusammenhang und gestützt auf eine entsprechende Einwilligungserklärung des
Versicherten selbst Krankenhäuser und andere Einrichtungen für medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen auffordern, ärztliche Behandlungsunterlagen wie Entlassungsberichte, Arztbriefe, Befundberichte,
ärztliche Gutachten oder Röntgenaufnahmen an diese zu
übermitteln, sehe ich dazu keine Ermächtigungsgrundlage. In § 301 Abs. 1 SGB V ist spezialgesetzlich und abschließend festgelegt, welche Daten zu welchem Zweck
im Fall einer Krankenhausbehandlung der jeweiligen
Krankenkasse zur Verfügung zu stellen sind. Dazu gehören jedoch nicht die aufgeführten Behandlungsdokumente
(siehe dazu auch meine Ausführungen im 19. TB
Nr. 24.1.4 unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. Juli 2002 sowie im 18. TB Nr. 21.3).
Erhebliche Zweifel habe ich schließlich an der Wirksamkeit der mit den Erhebungsbögen regelmäßig gleichzeitig
erbetenen Einwilligung der Versicherten in die Übermittlung ihrer Gesundheitsdaten unmittelbar an die Krankenkasse. Abgesehen davon, dass schon mit dieser Vorgehensweise eine Missachtung des in §§ 275 ff. SGB V
dokumentierten Willens des Gesetzgebers, ausschließlich
den MDK zur Prüfung medizinischer Sachverhalte zu berechtigen, zum Ausdruck kommt, genügen die mir bekannt gewordenen formularmäßigen Erklärungen nicht
den notwendigen Anforderungen an die Bestimmtheit
und Eindeutigkeit einer solchen Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht. Das Bundesverfassungsgericht
hat in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung (Beschluss vom 23. Oktober 2006 – 1 BvR 2027/02) klar gestellt, dass auch bei einer Schweigepflichtentbindung das
Interesse des Betroffenen an einem wirkungsvollen informationellen Selbstschutz gewahrt bleiben muss und dies
die Möglichkeit beinhaltet, die Wahrung seiner Geheimhaltungsinteressen selbst zu kontrollieren. Dazu muss der
Erklärende absehen können, welche konkreten Auskünfte
von wem und zu welchem Zweck über ihn eingeholt werden. Diese Voraussetzungen sehe ich bei den hier verwendeten, formularmäßigen und sehr weit gefassten Schweigepflichtentbindungserklärungen
durchweg
nicht
gegeben.
Ich habe diese Thematik mit dem Bundesministerium für
Gesundheit, dem Bundesversicherungsamt (BVA) als zuständige Fachaufsichtsbehörde und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) in einer gemeinsamen
Besprechung intensiv erörtert. Meine rechtliche Bewertung wird durch das Bundesministerium für Gesundheit
und das BVA uneingeschränkt geteilt. Auch der Deutsche
Bundestag hat im Rahmen der parlamentarischen Beratung des Berichts der Spitzenverbände der Krankenkassen
zu den Erfahrungen mit den durch das Elfte SGB-V-Ände-

rungsgesetz bewirkten Rechtsänderungen im Zusammenhang mit der Bewilligung von Mutter-Kind-Kuren meine
Haltung ausdrücklich bestätigt.
13.1.4 Qualitätssicherung – Richtlinie Dialyse/
Allgemeine Anforderungen an eine
einrichtungsübergreifende
Qualitätssicherung
Im Rahmen der Gesundheitsreform wird eine datenschutzkonforme gesetzliche Regelung für die seit Jahren
diskutierte Zulässigkeit einer Qualitätssicherung in der
Dialyse geschaffen.
In den letzten Jahren war von Fachleuten immer wieder
eine Qualitätssicherung in der Nierenersatztherapie – insbesondere in der Dialyse – gefordert worden. Die regelmäßige Beobachtung möglichst aller Behandlungen über
die gesamte Behandlungsdauer der Patienten wird für unverzichtbar gehalten. Aus diesem Grunde sollten Informationen aller Behandlungszentren in Deutschland über
die Behandlung von chronisch niereninsuffizienten Patienten zusammengetragen werden. Da keine gesetzliche
Regelung hinsichtlich der Qualitätssicherung bestand,
konnten die Daten nur aufgrund der Einwilligung der Patienten weitergegeben bzw. ausgewertet werden.
Für eine flächendeckende Datenerhebung war jedoch eine
gesetzliche Regelung erforderlich. Gemeinsam mit den
Datenschutzbeauftragten der Länder hatte ich einen Kriterienkatalog für die Anforderungen an eine klarstellende
gesetzliche Regelung einer einrichtungsübergreifenden
Qualitätssicherung im Bereich des SGB V aufgestellt:
– Durchführung von einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung nur mittels pseudonymisierter Patientendaten/Versichertendaten und nur
durch ein Prüfungsgremium, das mit neutralen, objektiven und der wissenschaftlichen Unabhängigkeit verpflichteten Personen besetzt ist;
– Ausschluss der Re-Identifizierung von Patienten/Versicherten;
– Verwendung eines sicheren Pseudonymisierungsverfahrens;
– Pseudonymisierung durch eine von den Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen rechtlich unabhängige Vertrauensstelle, die räumlich, organisatorisch und personell abgeschottet ist;
– Beschlagnahmeschutz der Daten bei der Vertrauensstelle;
– keine Zusammenführung unterschiedlicher Qualitätssicherungsverfahren;
– gesetzliche Klarstellung, welche Stelle für die einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung zuständig ist;
– Normierung einer Übermittlungsverpflichtung der
Leistungserbringer;
– Normierung einer Informationsverpflichtung gegenüber den Patienten/Versicherten zu Beginn der Behandlung.

R

ev
i

BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006

Select target paragraph3