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12.3
Event Data Recorder – Der im Auto
eingebaute „Große Bruder“?
Die rasant fortschreitende technologische Entwicklung
bietet vielfältige Möglichkeiten, individuelle Fahrtdaten
eines Kraftfahrzeugs durch eingebaute Geräte aufzuzeichnen und zu speichern.
Im Rahmen der erwähnten EU-Initiative zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr (s. o. Nr. 12.2)
wird auch die Nutzung von in die Fahrzeuge eingebauten
Fahrtdatenaufzeichnungsgeräten erwogen und in einem
von der Kommission geförderten, breit angelegten Forschungsprojekt untersucht. Dabei geht es der Kommission vor allem um den Einsatz von Unfalldatenschreibern. Dies sind Geräte, die fahrtbezogene Daten, wie Zeit,
Längs- und Querbeschleunigung, Geschwindigkeit etc.
aufnehmen, aber nur für den Zeitraum von ca.
30 Sekunden vor und 15 Sekunden nach dem Unfall speichern. In wissenschaftlichen Studien hat sich gezeigt,
dass das Fahrerbewusstsein durch die Existenz eines die
Fahrt begleitenden Geräts im Sinne einer vorsichtigeren
Fahrweise beeinflusst wird, wobei sich allerdings der Effekt mit der Zeit abschwächt. Außerdem führt die Datenaufzeichnung beim Unfallgeschehen zu einer wesentlichen Verbesserung der Unfallrekonstruktion, weshalb
sich auch der 44. Deutsche Verkehrsgerichtstag Anfang 2006 für den standardmäßigen Einbau von Unfalldatenschreibern ausgesprochen hat.
Darüber hinaus entwickelt die Industrie auf Satellitentechnik gestützte Geräte, die Informationen über die einzelne Fahrt und die genaue Fahrtstrecke aufzeichnen und
zusätzlich eine automatisierte Kommunikation zwischen
den Fahrzeugen und anderen Stellen ermöglichen. Durch
derartige, der im Autobahnmautverfahren eingesetzten
„On-Board-Unit“ vergleichbare Geräte können ganz individuelle Fahr- und Nutzungsprofile erstellt werden.
Diesen immer breiteren Einsatz von Fahrtdatenaufzeichnungsgeräten beobachte ich mit Sorge, da er zusammen
mit der sonstigen technischen Überwachung des Straßenverkehrs deutlich in Richtung des „gläsernen Autofahrers“ führen kann. Deshalb darf es eine Verpflichtung
zum Einbau und zur Nutzung dieser Geräte allenfalls in
engen Grenzen geben. Ich könnte mir dies beim Unfalldatenschreiber vorstellen, dessen Aufzeichnungen auf das
Unfallgeschehen beschränkt sind. Der Einbau solcher Geräte sollte grundsätzlich auf freiwilliger Basis erfolgen.
Lediglich bei Lkw und Bussen halte ich einen verpflichtenden Einbau von Unfalldatenschreibern für angemessen.
Bei der technischen Ausgestaltung derartiger Fahrtdatenaufzeichnungssysteme ist aus datenschutzrechtlicher
Sicht darauf zu achten, dass von vorneherein keine oder
nur möglichst wenige Daten in personenbezogener Form
erhoben werden und dass eine zentrale Speicherung vermieden wird. Erfahrungsgemäß wecken zentrale Datenbanken stets die Begehrlichkeit, die einmal erfassten Daten auch für andere Zwecke zu verwenden.
12.4
Pay as You Drive – Know where You Go
In Fahrtdatenaufzeichnungsgeräten sehen Kraftfahrzeugversicherer eine Möglichkeit zum Angebot „maßgeschneiderter“ Versicherungstarife.
Von Versicherungsgesellschaften wird der Einsatz von
Fahrtdatenaufzeichnungsgeräten getestet, um einen ganz
auf die individuelle Fahrzeugnutzung und das damit verbundene Versicherungsrisiko abgestellten Tarif anzubieten, sog. „Pay-as-you-Drive“-Tarife. Durch das ins Fahrzeug eingebaute Gerät sollen dann vor allem die
Tageszeit und die gefahrene Strecke festgehalten werden.
Es ist auch daran gedacht, bestimmte Fahrergruppen, wie
zum Beispiel die besonders unfallgefährdeten jungen
(18- bis 24-jährigen) Autofahrer anzusprechen und vor
Verkehrsverstößen zu bewahren, etwa durch vom Gerät
ausgelöste Warnhinweise bei Geschwindigkeitsübertretungen und Berücksichtigung derartiger Verkehrsverstöße
in der Prämiengestaltung.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht muss gewährleistet sein,
dass der Abschluss derartiger Versicherungsverträge auf
freiwilliger Basis erfolgt. Die Versicherungsgesellschaften dürfen durch die Tarifgestaltung auch keinen unverhältnismäßigen ökonomischen Zwang ausüben.
12.5
Online-Anbindung der örtlichen Fahrerlaubnisbehörden an das Zentrale
Fahrerlaubnisregister des KraftfahrtBundesamtes (KBA)
Nach Wegfall der örtlichen Fahrerlaubnisregister zum
1. Januar 2007 können die Fahrerlaubnisbehörden ihre
Datensätze in das Zentrale Fahrerlaubnisregister (ZFER)
einstellen.
Bereits in meinem 20. TB (Nr. 22.3) hatte ich über den
Datentransfer zwischen den örtlichen Fahrerlaubnisbehörden und dem KBA in Form einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung berichtet. Infolge der Neuorganisation ihrer
IT–Strukturen äußerten einige Kommunen den Wunsch,
den Datentransfer zum KBA über ihre Netze abzuwickeln, so dass eine durch das KBA garantierte Ende-zuEnde-Verschlüsselung bis zum Arbeitsplatz des Bearbeiters nicht mehr möglich wäre. Ich hatte die Auffassung
vertreten, dass die Anbindung der Fahrerlaubnisbehörden
an das KBA auch durch Einrichtung einer „Kopfstelle“,
die die Daten aus den kommunalen Netzen übernimmt
und sie in geeigneter Form in das Netz des KBA überleitet, datenschutzgerecht realisiert werden könne. Das KBA
als für die Datenspeicherung verantwortliche Stelle kann
die Kriterien für die Anschlussbedingungen an sein Netz
und bezüglich der Datensicherheit festlegen. Diesen Weg
hat das KBA gewählt und einen Anforderungskatalog zur
Datensicherheit erstellt, der mit den Ländern und Kommunen abgestimmt wurde.
Ungeachtet der technischen Anbindung war zu klären,
wer für die Authentizität und Integrität der im ZFER gespeicherten Datensätze verantwortlich ist. Das Straßenverkehrsgesetz und die Fahrerlaubnisverordnung beziehen sich nur auf Online-Datenübermittlungen aus dem
ZFER (Abrufe) an die zuständigen Stellen. Regelungen
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BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006