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10.8.2 Insolvenzbekanntmachungen in Zukunft
nur noch elektronisch
Der Trend zum endgültigen Abschied von Printveröffentlichungen bei amtlichen Bekanntmachungen setzt sich
fort. Damit darf jedoch das technisch machbare Schutzkonzept nicht aufgegeben werden.
Wie das zum 1. Januar 2007 in Kraft getretene Gesetz
über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) setzt
auch das Insolvenzrecht zukünftig auf elektronische Bekanntmachungen. Der Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens (Bundesratsdrucksache 549/06) sieht eine völlige Abkehr von den Printveröffentlichungen und als Regelfall nur noch die bislang fakultativ mögliche (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Insolvenzordnung
(InsO)) elektronische Bekanntmachung im Internet vor.
Sämtliche Insolvenzbekanntmachungen sollen auf einer
bundeseinheitlichen Internetplattform dokumentiert werden und auf diese Weise die Senkung der Bekanntmachungskosten bewirken und die Recherchemöglichkeiten
verbessern.
Auf der anderen Seite aber berührt dieser „Medienwechsel“ die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Insolvenzschuldner in einer anderen Qualität, da die Daten nun
weltweit von jedermann abgerufen werden können. Zu-
Ich halte dies vor dem Hintergrund der Umstellung ausschließlich auf den elektronischen Betrieb nicht für das
richtige Signal. Der Gesetzgeber ist vielmehr in der
Pflicht, im Interesse der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ausdrücklich klarzustellen, dass die Verbreitung der
Insolvenzdaten durch Dritte im Internet – insbesondere
nach Löschung der Veröffentlichung aus dem amtlichen
Informationssystem – verboten ist. Auch wenn ein hundertprozentiger Kopierschutz technisch tatsächlich nicht
möglich ist, so wird mit dem Festhalten an dieser Forderung jedenfalls das technisch machbare Schutzniveau
vorgeschrieben. Dies kann nicht ersatzlos entfallen. Zumindest muss über technische und rechtliche Alternativen
nachgedacht werden, wie zukünftig wirkungsvoll verhindert werden kann, dass amtlich bekannt gemachte personenbezogene Daten missbräuchlich genutzt werden. Hierbei handelt es sich angesichts des allgemeinen Trends zur
Internetveröffentlichung nicht um ein speziell insolvenzrechtliches, sondern um ein grundsätzliches datenschutzrechtliches Problem. Im Hinblick auf technische Möglichkeiten zum Schutz von Internetveröffentlichungen
hilft u. U. ein Blick auf Verfahren, durch die kommerzielle Urheberrechte geschützt werden sollen (vgl. Nr. 6.6).
Ein möglicher rechtlicher Ansatzpunkt ist die Bewehrung
durch eine Straf- bzw. Bußgeldvorschrift. Hierüber diskutiere ich bereits mit meinen Länderkolleginnen und -kollegen. Darüber hinaus sind die bestehenden zivilrechtlichen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche auf
ihre Effizienz und möglichen Nachbesserungsbedarf hin
zu überprüfen. Den hierfür federführenden Ressorts biete
ich meine Unterstützung an.
10.9
Das Telemediengesetz – was lange
währt, ...?
Das Telemediengesetz befindet sich zur Zeit in der parlamentarischen Beratung und soll voraussichtlich im
Frühjahr 2007 in Kraft treten.
BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006
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Datenbanken müssen auch im Internet bestimmten Regeln unterliegen. Betreiber dürfen durch die Veröffentlichung negativer Informationen Menschen nicht schutzlos
einem weltweiten Publikum preisgeben. Ich werde daher
die Entwicklung weiter beobachten und daraufhin prüfen,
ob die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten ausreichend
sind.
Auf Betreiben des Bundesrates ist nun bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2007 die bisher in § 9 Abs. 2 Satz 3
Nr. 3 InsO enthaltene Kopierschutzregelung entfallen
(Artikel 12 Abs. 2 EHUG), weil sie nach dem gegenwärtigen Stand der Technik weitgehend leer laufe.
ev
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Soweit das Datenschutzrecht einschlägig ist, wird in die
Beurteilung der Zulässigkeit der einzelnen Datenbank
eine Interessenabwägung einfließen müssen. In vielen
Fällen besteht ein unbestreitbares Informationsinteresse
an der Veröffentlichung. Es müssen aber auch hier die Interessen der Betroffenen berücksichtigt werden. So kann
es z. B. für einen „angeblichen“ Schuldner gute Gründe
geben, die Forderung nicht zu begleichen, wenn er sie
nicht anerkennt. Zu berücksichtigen ist in jedem Einzelfall auch die Besonderheit von Veröffentlichungen im Internet. Allen Internetdatenbanken ist gemeinsam, dass die
Informationen an eine weltweite, unbestimmte und
grundsätzlich unbegrenzte Öffentlichkeit gelangen. Die
Nutzbarkeit der Daten wird durch eine Vielzahl von
Suchdiensten erleichtert, die nicht allein das Auffinden
der Information ermöglichen, sondern auch die Informationsverknüpfung unter Einbeziehung anderer im Netz
verfügbarer Inhalte. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Informationen im Internet für einen langen
oder gar unbegrenzten Zeitraum bereitgehalten werden.
dem besteht die Gefahr, dass die Daten auch dann noch
im Internet gefunden werden können, wenn sie von der
eingebenden Stelle längst gelöscht wurden, da Originalseiten auf anderen Internet-Servern gespiegelt werden.
Die Gewährleistung des erforderlichen Datenschutzniveaus ist daher von entscheidender Bedeutung. Bisher
maßgeblich sind die nach den Vorgaben des § 9 Abs. 2
Satz 3 InsO vom Bundesministerium der Justiz in der
Rechtsverordnung vom 12. Februar 2002 (BGBl. I
S. 677) – unter meiner Beteiligung – getroffenen Regelungen. Diese enthalten insbesondere Löschungsfristen
sowie Vorschriften, die sicherstellen, dass die Veröffentlichungen unversehrt, vollständig und aktuell bleiben, jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet und nach dem
Stand der Technik durch Dritte nicht kopiert werden können.
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nach zivilrechtlichen oder auch strafrechtlichen Regelungen. So kann der Inhalt der Veröffentlichung möglicherweise einen Straftatbestand der Beleidigung, üblen Nachrede oder Verleumdung erfüllen oder gegen das
Urheberrecht verstoßen.