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wendung nicht widersprochen hat (Opt-out-Prinzip).
Diese Vorschrift bezieht sich allerdings nur auf die Nutzung für eigene Zwecke, also z. B. Werbung für das eigene Unternehmen, wie etwa die Unterbreitung eines Angebots über eine günstigere Tarifierung. Für eine
weitergehende Nutzung von Kundendaten, wie z. B. ihre
Übermittlung an andere Unternehmen (z. B. im Rahmen
des Adressenhandels), ist nach wie vor eine gesonderte
Einwilligung des Kunden erforderlich (§ 95 Abs. 1
Satz 3 TKG).
Aufgrund einer Eingabe wurde ich darauf aufmerksam,
dass ein TK-Unternehmen die geschilderte Gesetzesänderung zum Anlass nahm, „Alt“-Kunden ohne deren Einwilligung zu bewerben. Dieses Unternehmen verkannte
offensichtlich, dass die Regelungen in § 95 Abs. 2 TKG
nur für Verträge angewendet werden können, die nach Inkrafttreten des neuen TKG abgeschlossen wurden. Ich
habe diesen Vorfall zum Anlass genommen, alle TK-Unternehmen und -Diensteanbieter nochmals auf die Rechtslage und die diesbezüglichen Kundenrechte hinzuweisen.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles habe
ich auch die Bundesnetzagentur informiert.
der Kunden telefonisch einzuholen und im Falle der Zustimmung des Kunden die Bestätigung der Angaben per
Brief anzukündigen. Dabei hatten die Mitarbeiter des
Call-Centers offensichtlich „unsauber“ gearbeitet und
wohl auch von Fall zu Fall mit Blick auf die zu erwartenden Provisionszahlungen bewusst den wahren Grund ihres Anrufs verschwiegen.
Das Mobilfunkunternehmen reagierte nach dieser Sachverhaltsaufklärung sofort. Die Eintragungen der betroffenen Kunden, die sich an mich gewandt hatten, wurden
entsprechend geändert bzw. rückgängig gemacht. Das
Mobilfunkunternehmen kündigte an, bis auf Weiteres auf
die telefonische Einholung von Einwilligungen der Kunden zu verzichten.
In einem speziell zu diesem Themenkomplex anberaumten Beratungsgespräch mit dem Mobilfunkunternehmen
habe ich eine Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben beim Umgang mit den Daten der Kunden angemahnt und dabei insbesondere auf die Beachtung der besonderen Sorgfaltspflichten bei künftigen Marketing- und
Telefonaktionen hingewiesen.
10.8
10.7
Neue Vertriebswege und Datenschutz
Ein deutsches Mobilfunkunternehmen ließ seine Kunden
von Mitarbeitern eines beauftragten Call-Centers anrufen. Diese Anrufe und deren Folgen waren für viele Bürger Anlass, sich an mich zu wenden.
Die Kunden des Mobilfunkunternehmens wurden in der
Vorweihnachtszeit des Jahres 2005 von Mitarbeitern eines beauftragten Call-Centers angerufen und gefragt, ob
die Kundenadresse beim Vertragsunternehmen noch richtig registriert sei. Die Anrufer lasen die Adresse vor, ließen sich die Angaben bestätigen und bedankten sich für
die Unterstützung. Die Kunden bekamen anschließend
ein Schreiben des Mobilfunkunternehmens, in dem man
sich noch einmal für das freundliche Telefonat bedankte.
Weiter hieß es in dem Schreiben: „Gerne informieren die
Unternehmen unserer Gruppe Sie künftig über aktuelle
Produkte und Dienstleistungen über den von Ihnen gewünschten Kontaktkanal. Wie mit Ihnen telefonisch besprochen, dürfen wir die Vertragsdaten innerhalb unserer
Gruppe zur Kundenberatung, Werbung und Marktforschung nutzen“. Es folgte der Wortlaut der Datenschutzerklärung und der Verweis auf das Merkblatt „Hinweise
zum Datenschutz“, das auch die Möglichkeit eines Widerrufs der Einwilligung aufzeigte.
Empört wandten sich viele der betroffenen Kunden des
Mobilfunkunternehmens an mich und trugen vor, dass
eine Einwilligung zur Verwendung der Vertragsdaten für
Kundenberatung, Werbung und Marktforschung niemals
Gegenstand der besagten Telefonate gewesen sei. Einige
schrieben mir sogar, dass sie das Schreiben des Mobilfunkanbieters erhalten hätten, ohne dass zuvor mit ihnen
telefoniert worden wäre.
Bei meiner Sachverhaltsaufklärung stellte sich heraus,
dass das Mobilfunkunternehmen ein nicht firmengebundenes Call-Center beauftragt hatte, die Einwilligungen
Veröffentlichungen im Internet
10.8.1 Internetdatenbanken – Pranger oder
Wissensdatenbank?
Zunehmend werden Informationen oder Bewertungen von
Personen, Unternehmen oder Sachverhalten in Datenbanken gesammelt und im Internet veröffentlicht. Ob es
sich dabei um eine berechtigte Informationsweitergabe
oder aber um einen mittelalterlichen Pranger in modernem Gewand handelt, ist im Einzelfall zu prüfen.
Immer mehr Datenbanken mit „angeblich“ unzuverlässigen Schuldnern, Mietern oder Handwerkern werden in
das weltweite Web gestellt. Interessengruppen veröffentlichen Informationen über Unternehmen, um auf Defizite
in der Wirtschaft hinzuweisen. Auf der Website „MeinProf.de“ können Studenten Dozenten bewerten. Auf der
Internetseite von Fußballverbänden sind die ungekürzten
Urteile des Sportgerichts abrufbar. Darüber hinaus werden Spielersperren bzw. andere Strafen für Spieler durch
die Rechtsorgane der Fußballverbände veröffentlicht.
Eine einheitliche rechtliche Würdigung von Datenbanken
im Internet ist nicht möglich. In manchen Fällen – wie
z. B. bei der Veröffentlichung von Spielersperren – müssen die Vereinsmitglieder bei Eintritt in den Verein eine
entsprechende Einwilligungserklärung abgeben. In anderen Fällen sind die zusammengetragenen Fakten, die erst
in ihrer Komplexität Bewertungen schaffen, öffentlich
zugänglich, wie z. B. bei einem Unternehmen, das anhand von ebay-Profilen Bewertungen über ebay-Mitglieder aufbereitet und neu generiert, die bei ebay selbst in
dieser Form nicht abrufbar sind. Bei manchen Bewertungsdatenbanken stellt sich zudem die Abgrenzungsfrage personenbezogener Daten von Meinungsäußerungen.
Nicht immer hängt die Frage der Zulässigkeit von Internetdatenbanken von datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten ab. Handelt es sich nicht um personenbezogene
Daten natürlicher Personen, richtet sich die Zulässigkeit
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BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006