Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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Beide Instanzen stellten klar, eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Regierungshandeln eines Ministeriums sei im IFG nicht angelegt und auch nach dem
Gesetzeszweck nicht gerechtfertigt (vgl. zu dieser Grundsatzentscheidung ausführlich Nr. 3.2.1). Da die im BMJ
angestellten Erwägungen und Untersuchungen zur Notwendigkeit einer Änderung des § 1626a BGB zudem
durch einen zwischenzeitlich ergangenen Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts überholt waren, konnte sich
das BMJ auch nicht auf den Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses nach § 4 Absatz 1 IFG berufen.
5.12.2 Die Hintergründe der Rechtsanwaltsgebührenordnung sind keine
Geheimsache
Nach Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts BerlinBrandenburg muss das BMJ Einsicht in Unterlagen der
Expertenkommission geben, die sich mit der Neufassung
der Rechtsanwaltsvergütungen befasste.
Schon mehrfach hatte ich über einen Akteneinsichtsantrag berichtet (2. TB zur Informationsfreiheit Nr. 4.19.10,
1. TB Nr. 4.5.2 und Nr. 4.2.1), der Unterlagen des BMJ
zum Gesetzgebungsverfahren „Rechtsanwaltsvergütungsgesetz“ zum Gegenstand hatte. Das Ministerium hatte
dem Antrag nur teilweise stattgegeben und insbesondere
den Zugang zu Unterlagen versagt, die im Zusammenhang mit der sog. „BRAGO-Expertenkommission“ entstanden waren, sowie zu nicht-öffentlichen Vorgängen,
die das BMJ von Bundestag und Bundesrat erhalten hatte.
Das daraufhin vom Antragsteller angerufene Verwaltungsgericht Berlin hatte die Klage mit der Begründung
abgewiesen, das BMJ habe mit der Vorbereitung und
Ausarbeitung des fraglichen Gesetzentwurfs Regierungstätigkeit ausgeübt und damit nicht als Behörde im Sinne
des IFG gehandelt (Urteil vom 16. Januar 2008
– 2 A 68.06 –, vgl. hierzu 2. TB Nr. 2.1.1).
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat dieser Auffassung widersprochen und einen Zugangsanspruch zu den o. g. Unterlagen bejaht (Urteil vom 5. Oktober 2010 – 12 B 5.08 –). Hinsichtlich der Dokumente,
die im Zusammenhang mit der BRAGO-Expertenkommission entstanden waren, hat das Oberverwaltungsgericht meine Ansicht bestätigt, das BMJ könne sich nicht
darauf berufen, mit den Kommissionsmitgliedern Vertraulichkeit vereinbart zu haben. Der Anwendungsbereich
des § 3 Nummer 7 IFG, der allein den Schutz von Informanten und Hinweisgebern bezwecke, sei hier nicht berührt. Unabhängig davon sei nicht dargelegt, dass das Interesse der Kommissionsmitglieder an einer vertraulichen
Behandlung der Informationen im Zeitpunkt des IFG-Antrags noch fortbestanden habe.
Das Bundesverwaltungsgericht hat – nachdem sich der
Rechtsstreit durch den Tod des Antragstellers in der
Hauptsache erledigt hatte – nur noch über die Kosten des
Verfahrens entschieden (Beschluss vom 23. November 2011 – 7 C 2.11 –). Im Rahmen der daher nur noch erforderlichen summarischen Prüfung des Streitstoffs hat es
zum einen – unter Bezugnahme auf seine Grundsatzentscheidungen vom 3. November 2011 (vgl. Nr. 3.2.1) – be-

Drucksache 17/9100

stätigt, dass Regierungstätigkeit nicht vom Anwendungsbereich des IFG ausgenommen ist. Zum anderen hat es zu
den Unterlagen der BRAGO-Kommission festgestellt,
dem Zugangsanspruch könne insbesondere nicht der Versagungsgrund des § 3 Nummer 3 Buchstabe b IFG
(Schutz behördlicher Beratungen) entgegengesetzt werden (vgl. auch Nr. 3.2.3). Soweit es um den Zugang zu
nicht-öffentlichen Unterlagen ging, die das BMJ von
Bundestag und Bundesrat erhalten hatte, sah das Gericht
den Ausgang des Rechtsstreits allerdings als offen an und
warf zwei durchaus interessante Rechtsfragen auf: Unter
welchen Voraussetzungen kann von einer Übertragung
der jedenfalls anfangs beim Urheber der Information liegenden Verfügungsberechtigung nach § 7 Absatz 1 Satz 1
IFG auf das Ministerium ausgegangen werden? Und:
Können insoweit parlamentarische Vertraulichkeitspflichten einem Anspruch entgegengehalten werden? Es bleibt
abzuwarten, ob diese Fragen einmal in anderem Zusammenhang höchstrichterlich geklärt werden.
5.13

Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung

5.13.1 Flugplandaten angeblicher CIA-Flüge
nun öffentlich zugänglich
Im Streit über den Zugang zu Informationen zu Daten
über angebliche CIA-Flüge gab es eine gütliche Einigung, nachdem die US-Regierung die Klassifizierung entsprechender Vorgänge als „vertraulich“ zurückgenommen hatte.
Bereits in meinen vergangenen Tätigkeitsberichten zur
Informationsfreiheit (1. TB Nr. 4.12.4 und 2. TB
Nr. 4.19.8) hatte ich über den Antrag auf Informationszugang zu den in den Jahren 2001 bis 2005 bei der deutschen Flugsicherung angefallenen Flugdaten von 20 in
den USA registrierten Flugzeugen berichtet, die der Petent für seine journalistische Recherche zur Aktivität ausländischer Nachrichtendienste in Deutschland angefordert hatte.
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) hatte den Antrag abgelehnt. Nachdem die Klage des Petenten in erster und zweiter Instanz
erfolglos geblieben war, verwies das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht die Sache zur weiteren Aufklärung zurück an das Oberverwaltungsgericht (OVG)
Berlin-Brandenburg, da dieses bei Prüfung der Ausschlusstatbestände des § 3 Nummer 1 Buchstabe a IFG
(Schutz internationaler Beziehungen) und § 3 Nummer 4
IFG (Schutz von Verschlusssachen) nicht den gesamten
entscheidungserheblichen Sachverhalt zugrunde gelegt
habe.
Nach der Rückverweisung ruhte das Klageverfahren zunächst. Die Bundesregierung nahm die Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichtes zum Anlass, ihre Prognose
zu einer eventuellen Belastung der Beziehungen zu den
USA zu überprüfen.
Nachdem die US-Regierung mitgeteilt hatte, dass sie
nunmehr keine Einwände gegen eine Herausgabe der
Flugdaten habe, hat das BMVBS die VS-Einstufung

3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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