Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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tionen erfolgen. Die Gewährung der Akteneinsicht in die
konkret begehrten Informationen stelle einen gegenüber
der schriftlichen Beantwortung der Fragen deutlich höheren Verwaltungsaufwand im Sinne des § 1 Absatz 2
Satz 3 IFG dar.
Davon bin ich nicht überzeugt. Nach § 1 Absatz 2 Satz 2
IFG hat der Antragsteller grundsätzlich ein Wahlrecht
hinsichtlich der Art des Informationszugangs. Wird von
diesem Wahlrecht Gebrauch gemacht, darf die Behörde
nur aus wichtigem Grund von der gewünschten Zugangsart abweichen. Als wichtiger Grund gilt nach § 1 Absatz 2 Satz 3 IFG insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand. Mehrere der von der KBV für eine
Akteneinsicht benannten Verfahrensschritte müssten jedoch gleichermaßen auch für einen Informationszugang
im Wege der schriftlichen Auskunftserteilung durchgeführt werden. Ich kann außerdem nicht erkennen, dass der
erwartete Verwaltungsaufwand die personellen und sächlichen Kapazitäten derart binden würde, dass die Arbeitsfähigkeit der informationspflichtigen Stelle beim Eingehen auf den Wunsch des Antragstellers gefährdet würde.
Dies wäre nach Sinn und Zweck des IFG jedoch für ein
Abweichen von der begehrten Zugangsart zu verlangen.
Ich habe die KBV gebeten, ihre teilweise ablehnende Entscheidung nochmals zu überprüfen. Der Antragsteller hat
parallel Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Über
den Fortgang der Angelegenheit werde ich in meinem
nächsten Tätigkeitsbericht berichten.
5.10.3 Insolvenzverwalter haben ein Recht auf
Zugang zu Informationen
Nunmehr verwaltungsgerichtlich geklärt: Insolvenzverwalter haben nach dem IFG Anspruch auf Informationszugang in die Beitrags- und Beitreibungsakten zum Insolvenzschuldner.
Insolvenzverwalter hatten mehrfach gegenüber Sozialund Finanzbehörden einen Anspruch auf Akteneinsicht
nach dem IFG in die zum jeweiligen Insolvenzschuldner
vorhandenen Beitrags- und Beitreibungsakten geltend gemacht. Alle diese Anträge wurden unter Hinweis auf § 1
Absatz 1 und 3, § 3 Nummer 6 (und § 9 Absatz 3) IFG
abgelehnt.
Mehrere Insolvenzverwalter hatten sich daraufhin an
mich gewandt. Ich habe einen entsprechenden Anspruch
des Insolvenzverwalters bereits im 2. Tätigkeitsbericht
bejaht (Nr. 4.14.6). Der Anspruch auf Auskunft beruht
auf § 1 Absatz 1 Satz 1 IFG, der jedem gegenüber den
Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu
amtlichen Informationen einräumt. Die Insolvenzverwalter sind somit grundsätzlich anspruchsberechtigt. Es
kommt auch nicht darauf an, dass der Insolvenzverwalter
im Insolvenzverfahren in amtlicher Eigenschaft handelt.
Zunächst enthält der Wortlaut des § 1 Absatz 1
Satz 1 IFG („jeder“) keine Einschränkung des anspruchsberechtigten Personenkreises. Zwar wird entsprechend
der Gesetzesbegründung überwiegend die Auffassung
vertreten, juristische Personen des öffentlichen Rechts
seien nicht anspruchsberechtigt. Der Insolvenzverwalter

Drucksache 17/9100

ist jedoch keine juristische, sondern eine natürliche Person. Er übt keine Verwaltungstätigkeit aus und ist nicht
Teil der Staatsverwaltung. Trotz amtlicher Bestellung ist
seine Tätigkeit rein privatrechtlicher Art.
Dem Anspruch auf Informationszugang stehen auch
keine vorrangigen Regelungen über den Zugang zu amtlichen Informationen i. S. v. § 1 Absatz 3 IFG entgegen.
Zwar enthält die Insolvenzordnung in den §§ 20, 97 nur
Auskunftsansprüche gegenüber dem Insolvenzschuldner,
nicht aber gegenüber dem Insolvenzgläubiger. Dass der
Gesetzgeber bewusst auf solche Ansprüche im Insolvenzverfahren verzichtet hat, ist jedoch nicht erwiesen. Darauf
kommt es im Rahmen von § 1 Absatz 3 IFG allerdings
auch nicht an. Die Insolvenzordnung ist nämlich nicht als
Regelung i. S. v. § 1 Absatz 3 IFG zu betrachten, weil sie
sich ausschließlich mit privaten Rechtsverhältnissen im
Insolvenzverfahren und den damit verbundenen Informationsansprüchen der Beteiligten untereinander befasst,
aber keinen Auskunftsanspruch gegenüber öffentlichen
Stellen regelt. Dass juristische Personen des öffentlichen
Rechts im Einzelfall zufällig auch Verfahrensbeteiligte eines Insolvenzverfahrens sein können, ändert nichts am
grundsätzlich privatrechtlichen Charakter der Normen der
Insolvenzordnung und an der Intention des Gesetzgebers,
in der Insolvenzordnung keine Aussage zu Informationsansprüchen im Staat-Bürger-Verhältnis zu treffen.
Dem Anspruch auf Informationszugang stehen auch
keine Ausnahmetatbestände entgegen. In Betracht kommt
vorliegend allenfalls § 3 Nummer 6 IFG. Nach der zweiten Alternative dieser Norm besteht dann kein Anspruch
auf Informationszugang, wenn das Bekanntwerden der
Information geeignet wäre, wirtschaftliche Interessen der
Sozialversicherungen zu beeinträchtigen. Geschützt werden soll hier die Wettbewerbsposition eines Sozialversicherungsträgers, also Informationen, die Rückschlüsse
auf Mitgliederstruktur, Vertragsgestaltung oder sonstige
Leistungsdaten der Krankenkasse zulassen. Solche Informationen sind hier nicht betroffen. Vielmehr geht es lediglich um eine Auskunft an den Insolvenzverwalter über
Beitragszahlungen des von ihm selbst verwalteten Unternehmens. Nachteile für die Krankenkasse im Wettbewerb
sind damit nicht zu besorgen.
Von einer Beanstandung nach § 25 BDSG i. V. m. § 12
Absatz 3 IFG hatte ich mit Blick auf laufende Gerichtsverfahren abgesehen.
Meine Rechtsauffassung wurde inzwischen von den Gerichten bestätigt. In dem einschlägigen Verfahren
begehrte der Kläger als Insolvenzverwalter nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz
Einsicht in von der Beklagten geführte Akten. Nachdem
diese die beantragte Aktenvorlage abgelehnt hatte, haben
das zuständige Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz der Klage stattgegeben
(vgl. Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 12. Februar
2010 – 11156/09 –). Das Oberverwaltungsgericht hatte
dabei die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beklagten hat
das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom
20. Mai 2010 (– 7 B 28.10 –) zurückgewiesen. Nach die-

3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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