Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
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Mitwirkung, d. h. bei ihm oder mit seiner Zustimmung bei
Dritten, zu erheben, da Sozialdaten nicht ohne Wissen des
Betroffenen erhoben und gespeichert werden dürfen. Erst
wenn der Betroffene seine Zustimmung erteilt oder nach
einer Frist ohne Nennung von Gründen nicht antwortet,
erhebt die Berufsgenossenschaft die Daten des Versicherten nach den gesetzlichen Vorschriften des SGB VII.
In einem anderen Fall überlässt die Berufsgenossenschaft
dem Versicherten die Beibringung der für das Ermittlungsverfahren erforderlichen Unterlagen. Da es nach
dem Ersterhebungsgrundsatz nicht darum geht, dass alle
Anfragen im Sinne einer inhaltlichen Beantwortung an
den Versicherten selbst zu richten sind, habe ich Bedenken, ob diese Art der Einbeziehung des Versicherten in das
Verfahren datenschutzrechtlichen Grundsätzen entspricht. Das gilt insbesondere, wenn dem auf diese Weise
in das Verfahren einbezogenen Antragsteller mangelnde
Mitwirkung auch in den Fällen zur Last gelegt wird, in denen er die geforderten Daten und Angaben selbst nicht
oder nicht vollständig erbringen kann. Denn ein Versicherter kann möglicherweise nicht immer zutreffend beurteilen, welche inhaltlichen Grenzen durch die datenschutzrechtlichen Vorschriften des Sozialgesetzbuches
für das Auskunftsbegehren der Berufsgenossenschaft und
die Auskunftsbefugnis der übermittelnden Stellen gezogen werden. Deshalb sollte dem Versicherten zumindest
im Eröffnungsschreiben oder in einer beigefügten Verfahrensbeschreibung im einzelnen erläutert werden, welche
Auskünfte unmittelbar von ihm und welche mit seiner Zustimmung beispielsweise bei Ärzten oder bei seiner Krankenkasse erhoben werden sollen.
23.4.3 Antragsformular und Vorerkrankungsverzeichnis
Aufgrund vieler Eingaben musste ich feststellen, dass sich
die gesamten Vorerkrankungsverzeichnisse in den Akten
der Berufsgenossenschaften befanden, obwohl das Auskunftsverlangen gegenüber den Krankenkassen nach
§ 188 Satz 2 SGB VII auf solche Erkrankungen beschränkt werden soll, die mit dem Versicherungsfall in einem ursächlichen Zusammenhang stehen können. Kontrollen bei Berufsgenossenschaften bestätigten diesen
Eindruck, wobei zudem das Anfrageformular keine entsprechende Formulierung enthält. In einem Rundschreiben des HVBG an die Mitgliedsberufsgenossenschaften
und die Landesverbände war sogar ausgeführt worden,
dass eine Beschränkung des Auskunftsverlangens im Bereich des Feststellungsverfahrens von Berufskrankheiten
nicht möglich sei. Der mit dem Rundschreiben versandte
Formtext zur Anfrage von Vorerkrankungen entsprach
denn auch in wesentlichen Punkten nicht datenschutzrechtlichen Anforderungen, da weder die angezeigte Berufskrankheit noch die angezeigte Erkrankung genannt
wurden, obwohl die ersuchende Stelle diese Angaben
benötigt, um die Voraussetzungen des § 188 Satz 2 SGB
VII prüfen zu können. Ebenfalls fehlten Hinweise auf die
Zulässigkeit der Erhebung und darauf, dass der Versicherte auf ein Widerspruchsrecht hingewiesen worden
war.
Drucksache 14/5555
Auf meine Intervention hin hat der Formularausschuss
weitreichende Änderungen vorgenommen, so dass der
Vordruck die gesetzlichen Vorgaben nunmehr berücksichtigt. Er enthält die Angabe der Erkrankung bzw. des
Unfalls und die Möglichkeit, die Nummer einer Berufskrankheit einzutragen. Er stellt klar, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Datenübermittlung vorliegen. Diese datenschutzfreundlichen Grundsätze
sollen auch für die Datenerhebungen nach §§ 201, 203
SGB VII bei behandelnden und vorbehandelnden Ärzten
gelten.
Auch wenn Formulare von vielen oft als abschreckend
empfunden werden, besteht für Betroffene die Chance,
konkrete Informationen zu ihrem Verfahren, dessen Ablauf sowie zu den bestehenden Rechten und Pflichten zu
erhalten und so ihre Mitwirkungsrechte wahrzunehmen.
Wegen der großen Wirkung, die von der datenschutzgerechten Ausgestaltung von bestimmten Vordrucken für
viele Verfahren und damit für zahlreiche Betroffene ausgeht, wird die Verbesserung von Vordrucken weiterhin
eine meiner Aufgaben sein.
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Pflegeversicherung
Rehabilitations- und
Schwerbehindertenrecht
24.1
Pflegeversicherung
24.1.1 Pflege-Qualitätssicherungsgesetz,
Änderung des Heimgesetzes
Die Bundesregierung hat am 1. November 2000 die Entwürfe eines Pflege-Qualitätssicherungsgesetzes und eines
Dritten Gesetzes zur Änderung des Heimgesetzes beschlossen. Die Ziele beider Gesetzentwürfe liegen in der
Sicherung und in der Weiterentwicklung der Pflegequalität und die Stärkung der Verbraucherrechte. Beide Gesetzentwürfe ergänzen einander in dem Ziel, u. a. durch
eine engere Zusammenarbeit zwischen der Pflegeselbstverwaltung und der staatlichen Heimaufsicht die Qualität
der Betreuung in Heimen zu sichern.
Die in beiden Gesetzentwürfen vorgesehene Prüfung von
Pflegeeinrichtungen und Heimen und die Einschaltung
von Sachverständigen bei der Durchführung von Prüfungen sowie die verstärkte Zusammenarbeit von Heimaufsicht mit den Pflegekassen, dem medizinischen Dienst der
Krankenversicherung und den Trägern der Sozialhilfe bei
der Durchführung und der Umsetzung der Prüfungen
führen zu einem verstärkten Informationsaustausch. Um
Pflegeeinrichtungen qualifiziert kontrollieren zu können
und um auf diese Weise eventuelle Missstände, gegen die
sich vielfach die Betroffenen selbst oft nur bedingt wehren können, zu erkennen und zu beheben, ist es einerseits
erforderlich, auch Einzelfälle personenbezogen zu überprüfen. Andererseits darf dies aber nicht dazu führen, dass
die persönlichen Daten der betroffenen, häufig pflegebe-