Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
– 143 –
die Beurteilung der betroffenen Kunden des Arbeitsamtes.
Lediglich aus den die Maßnahmen betreffenden Runderlassen der BA sind an verschiedenen Stellen Hinweise
zu entnehmen, dass die Beurteilung der Teilnehmer ein
wesentlicher Bestandteil der jeweiligen Maßnahme ist.
Bei der Beurteilung der Arbeitslosen durch die Maßnahmeträger, die sich auch auf deren Sozialverhalten bezieht,
sind die entsprechenden Runderlasse nicht durch gesetzliche Vorschriften gedeckt.
Da durch die Beurteilung tief in das Persönlichkeitsrecht
des betroffenen Arbeits- bzw. Ausbildungssuchenden eingegriffen wird, halte ich eine gesetzliche Regelung für unerlässlich. Das derzeitige Vorgehen der Arbeitsämter kann
daher nur deshalb vorübergehend hingenommen werden,
n
weil der Arbeitslose im Rahmen eines Erklärungsbogens, der vor der Teilnahme an einer Maßnahme auszufüllen ist, unterschreibt, dass ihm bekannt ist, dass
Zeugnisse/Beurteilungen und für die Arbeitsvermittlung oder die Gewährung von Leistungen notwendige
Mitteilungen vom Träger der Trainingsmaßnahme im
erforderlichen Umfang an das Arbeitsamt weitergeleitet werden,
und
n
dem Arbeitsuchenden ein Merkblatt aushändigt wird,
in dem u. a. auf die Möglichkeit der Beurteilung hingewiesen wird. Die Übergabe des Merkblattes ist vom
Arbeitsuchenden zu quittieren.
Diese Einwilligungsregelung kann jedoch nur als Übergangslösung bis zu einer gesetzlichen Regelung angesehen werden. Lehnt ein Arbeitsloser die Maßnahme ab,
weil er nicht bereit ist, seine Einwilligung zur Erstellung
und Übermittlung einer Beurteilung zu geben, kann dies
leistungsrechtliche Folgen für ihn haben. Da dies die Freiwilligkeit seiner Einwilligung in Frage stellt, habe ich mit
der BA vereinbart, dass ein Arbeitsuchender derzeit die
Beurteilung folgenlos ablehnen kann.
Die notwendige gesetzliche Regelung habe ich gegenüber
dem BMA angeregt. Eine Stellungnahme hierzu steht
noch aus.
20.5
Löschungs- und Berichtigungsrechte eingeschränkt?
In vielen Fällen wenden sich Petenten an mich, weil sie der
Meinung sind, ihr zuständiges Arbeitsamt speichere
falsche oder aber für dessen rechtmäßige Aufgabenerfüllung nicht (mehr) relevante Daten über sie. Stellt sich im
Rahmen der datenschutzrechtlichen Prüfung heraus, dass
die – insbesondere in den computergestützten Beratungsvermerken – gespeicherten Daten tatsächlich unzutreffend
oder für die Aufgabenerledigung nicht bzw. nicht mehr erforderlich sind, hat der Kunde nach § 84 SGB X einen Anspruch auf Berichtigung bzw. Löschung dieser Daten.
Auf diesen Rechtsanspruch ihrer Kunden hingewiesen,
teilte mir die BA mit, dass es nicht möglich sei, einzelne
Drucksache 14/5555
Daten aus den Beratungsvermerken zu entfernen oder
diese zu berichtigen. Sei der Inhalt eines Beratungsvermerks zu ändern, müsse der gesamte Datensatz gelöscht
und anschließend in berichtigter Form neu eingegeben
werden. Diese Regelung sei bewusst getroffen worden,
um sicherzustellen, dass im nachhinein keine manipulierenden Veränderungen vorgenommen werden könnten.
Da die Beratungsvermerke grundsätzlich solange gespeichert werden, wie das Arbeitsamt das Bewerberangebot
führt, kann der Datensatz – gerade bei Langzeitarbeitslosen – unter Umständen sehr umfangreich sein. Entsprechend arbeitsaufwendig kann sich die Neueingabe eines
kompletten Datensatzes in berichtigter Form gestalten.
Aus diesem Grund haben sich die Arbeitsämter bisher
häufig geweigert, datenschutzrechtlich zu beanstandende
Beratungsvermerke zu berichtigen.
Ich habe die BA darauf hingewiesen, dass ich diesen von
ihr selbst zu verantwortenden hohen Verwaltungsaufwand
nicht als Rechtfertigungsgrund für die Verletzung des Datenschutzrechts akzeptieren kann. Inzwischen hat die BA
mir zugesagt, berechtigten Löschungs- und Berichtigungsansprüchen künftig – unabhängig von dem damit
verbundenen Aufwand – nachzukommen. In diesem Zusammenhang habe ich angeregt, im Rahmen der ohnehin
anstehenden technischen Neugestaltung der computerunterstützten Arbeitsvermittlung (coArb) auch über Möglichkeiten nachzudenken, die die Berichtigung und selektive Löschung einzelner Daten in den Beratungsvermerken vereinfachen würden. Um Manipulationen auszuschließen, müsste dabei gewährleistet sein, dass Änderungen mit Hilfe geeigneter Protokollierungsmaßnahmen
zugeordnet werden können.
20.6
Ein folgenschwerer Brief an die
Schule
Die Gründe vieler Eingaben, die die BA betreffen, liegen
im gespannten Verhältnis vieler Bürger, die in Kontakt mit
dem Arbeitsamt kommen, zu den Mitarbeitern des Arbeitsamtes. Dass dies nicht nur Arbeitsuchende betrifft,
die persönliche Frustrationen manchmal auf dem Rücken
ihres Arbeitsamtsberaters abladen, zeigte eine Eingabe,
die mich im Berichtszeitraum erreichte.
Die Mutter eines Schülers der Abschlussklasse einer
Hauptschule wandte sich an das örtlich zuständige Arbeitsamt, um die Chancen ihres Sohnes auf einen Ausbildungsplatz zu verbessern. Von dem für ihren Sohn zuständigen Berater des Arbeitsamtes fühlte sie sich jedoch
nicht ausreichend unterstützt. Dies gelang erst mit Hilfe
eines anderen Beraters. Damit hätte die Geschichte einen
guten Abschluss finden können. Datenschutzrechtlich
fing sie jedoch erst an.
Über ihre Erfahrungen mit dem Arbeitsamt führte die
Mutter ein Gespräch mit dem Klassenlehrer ihres Sohnes
und erwähnte dabei auch das ihrer Ansicht nach wenig
überzeugende Verhalten des ersten Arbeitsamtsberaters.
Über das Gespräch unterrichtete der Klassenlehrer den
Arbeitsamtsberater, der sich über das Verhalten der Mut-