Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

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menhang gut vorbereitete Präsentationen von DVVorhaben hilfreich. Die dadurch erzielte Transparenz erleichterte mir deren datenschutzrechtliche Beurteilung
und Begleitung.
16.2.2 Erneut große Altdatenbestände entdeckt
In meinem 16. TB (Nr. 16.2 letzter Absatz) hatte ich über
die Zusage des BND berichtet, seine Altdatenbestände bis
Ende 1997 endgültig zu bereinigen. Diese Bereinigung alter, nicht (mehr) erforderlicher bzw. auch sonst nicht mehr
zulässiger Datenspeicherungen hätte bis spätestens
fünf Jahre nach Inkrafttreten des neuen BND-Gesetzes
vom 20. Dezember 1990 abgeschlossen sein müssen, da
das BNDG – wie das BVerfSchG – vorschreibt, dass personenbezogene Daten bei jeder Einzelfallbearbeitung,
spätestens aber nach fünf Jahren, auf ihre Richtigkeit und
Erforderlichkeit hin zu überprüfen sind (§ 5 BNDG i.V.m.
§ 12 BVerfSchG).
Der BND hat mir zwar im Februar 1998 (s. 17. TB
Nr. 16.1) auf mein mehrmaliges Drängen mitgeteilt, dass
die Datenbereinigung in seiner zentralen Datei abgeschlossen sei. Bei meinen letzten beiden Kontrollen habe
ich aber festgestellt, dass bei einer Reihe von anderen Datensammlungen die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung und Bereinigung bisher weitgehend unterblieben ist.
Der BND führte hierfür fehlende Personalkapazitäten an;
er habe aus diesem Grund eine andere Prioritätenwahl
vornehmen müssen.
Auch wenn ich nicht verkenne, dass – wie fast überall im
öffentlichen Dienst des Bundes – Personaleinsparungen
bei nicht geringer werdenden Aufgabenstellungen zu
Engpässen bei der Durchführung obliegender Verpflichtungen führen können, bedarf es dennoch organisatorischer Überlegungen und Anstrengungen, wie die Aktenund Datenbereinigung – und sei es auch über einen aus
diesen Gründen längeren Zeitraum – prioritär erfolgen
soll. Der BND hätte mich vor allem schon zu früherer Zeit
über noch ausstehende Datenbereinigungen in einer
Reihe von Bereichsdokumentationen unterrichten sollen.
Ich hoffe, dass, wie bei der Bereinigung der zentralen Datei, die Altdatenbereinigung auch in den anderen Fällen
nun schnellstmöglich abgeschlossen wird.
16.2.3 Probleme beim Verfahren zur Sicherheitsanfrage weitgehend gelöst
Zur Sicherheit eines Nachrichtendienstes gehört es, dass
er sich vor dem Hintergrund langjähriger Erfahrungen Instrumente mit dem Ziel schafft, im gesetzlichen Rahmen
eine sicherheitliche oder geheimdienstliche Gefährdung
seines gesamten Umfelds soweit wie möglich auszuschalten. In meinem 17. TB (Nr. 16.5) hatte ich dargelegt,
dass das hierzu u. a. angewandte Verfahren der Sicherheitsanfrage, mit dem der BND zu seinem Schutz und
dem seiner Mitarbeiter, Einrichtungen und Quellen zusätzliche Überprüfungen personenbezogener Daten anderer Personen vornimmt, z. B. derjenigen, die Zugang zu
Dienstobjekten erhalten sollen wie Lieferanten oder
Handwerker, dringend einer Neuregelung bedurfte.

Drucksache 14/5555

Im 17. TB (Nr. 16.2) hatte ich auch ausgeführt, dass Datenerhebungen über den vom SÜG vorgesehenen Rahmen
hinaus nur dann auf die Regelungen des BNDG gestützt
werden dürfen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine
konkrete Gefahr sicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeiten gegen den BND bestehen. Der
BND hingegen möchte eine sog. nachrichtendienstliche
Gefährdung ausreichen lassen, wenn es nach nachrichtendienstlichem Erfahrungswissen die Situation einmal gegeben habe, dass z. B. ein gegnerischer Nachrichtendienst
über den entsprechenden Personenkreis an BND-Mitarbeiter heranzukommen versucht hat. Nach eingehender
Diskussion mit dem BK und dem BND habe ich meine
Auffassung dahingehend geändert, dass ich die Anwendbarkeit des BNDG für zulässig erachte, wenn zumindest
eine gewisse zusätzliche Gefährdung des Nachrichtendienstes vorliegt. Eine sicherheitliche Überprüfung im
Rahmen des Verfahrens der Sicherheitsanfrage etwa eines
außenstehenden Dritten, der durch eine Vertretung in persönlichen Angelegenheiten eines BND-Mitarbeiters einen
näheren Einblick in dessen Privatsphäre erhält und von
dem der BND weiß, dass er einen früheren nachrichtendienstlichen Hintergrund hat, beispielsweise Verdacht auf
Mitarbeit bei einem gegnerischen Nachrichtendienst, ist
demgemäss noch hinnehmbar.
Schon die mir Mitte 1999 übermittelte Entwurfsfassung
der Verfügung zum Verfahren zur Sicherheitsanfrage erhielt im Vergleich zu der Fassung, die Gegenstand meiner
Überprüfung im Jahr 1997 war, eine Reihe von datenschutzrechtlichen Verbesserungen. Dabei war vor allem
unter dem Gesichtspunkt der Kriterien der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Kreis der zu überprüfenden Personen erheblich verkleinert worden. Nach weiteren Gesprächen mit dem BND seit Herbst 1999 wurde
inzwischen ein Ergebnis erzielt, das meine datenschutzrechtlichen Forderungen weitgehend berücksichtigt. Allerdings dränge ich weiterhin darauf, dass bestimmte Berufsgruppen nicht pauschal in der Verfügung aufgelistet
werden.

16.3

ENFOPOL – EU-Entschließung zur
Überwachung des Fernmeldeverkehrs –

Als „Gespenst, das durch das Internet geistert“, geriet Anfang 1999, unter deutscher EU-Präsidentschaft, der Entwurf einer Ratsentschließung zur rechtmäßigen Überwachung der Telekommunikation und der Internet-Nutzung
in die Medien. Das ENFOPOL 19 genannte Dokument
war das Ergebnis von Beratungen der EU-Ratsgruppe
„Polizeiliche Zusammenarbeit“ im Bereich Überwachung
des Telekommunikationsverkehrs. Von der Bundesregierung als zwingende Anpassung an die Entschließung des
Rates der Europäischen Union vom 17. Januar 1995 über
die rechtmäßige Überwachung des Fernmeldeverkehrs
(ABl. 1996 Nr. C 329,1) gesehen und nach Auffassung der
Verfasser erforderlich geworden durch innovative Techniken auf dem Telekommunikationssektor, wie Satellitenund Individualkommunikation über das Internet (E-Mail),
sahen die Kritiker in der Tagespresse, in Fachzeitschriften

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