Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
nander getrennt, außerdem werden die Fingerabdruckblätter von Ausländern und Asylbewerbern gemäß § 78
Abs. 2 AuslG bzw. § 16 AsylVfG gesondert von anderen
Unterlagen aufbewahrt. Zudem werden die Daten von nach
§ 41 AuslG behandelten Personen in der Datei AFIS-P mit
einem Merker versehen, um auch so den Anforderungen
des § 78 AuslG zu genügen. Dort ist zwar nur von der getrennten Aufbewahrung der nach § 41 AuslG gewonnenen
Unterlagen die Rede. Daraus resultiert jedoch auch eine zumindest logische Trennung dieser Daten in der Datei AFISP von denjenigen der erkennungsdienstlichbehandelten
Beschuldigten und Verdächtigen. Diese zweigleisige Verfahrensweise entspricht einer alten Forderung von mir.
11.8
BKA recherchiert im Internet
Auf Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder vom
20. November 1998 ist das BKA als zentrale Stelle für das
gesamte Bundesgebiet mit der Durchführung anlassunabhängiger Recherchen im Internet sowie den OnlineDiensten und der Weiterleitung der daraus gewonnenen
Erkenntnisse an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden beauftragt worden. Gegen die praktische Durchführung anlassunabhängiger Recherchen im Internet
durch das BKA habe ich keine grundlegenden datenschutzrechtlichen Bedenken.
§ 2 Abs. 1 i. V. m. § 7 Abs. 2 BKAG, die die Befugnisse
des BKA als Zentralstelle für die Polizei des Bundes und
der Länder bei der Datenerhebung festlegen und insofern
als Grundlage für die anlassunabhängige Internet-Recherche heranzuziehen sind, erlauben eine offene Datenerhebung u. a. auch bei nicht-öffentlichen Stellen. Für eine
verdeckte, die polizeiliche Identität bewusst verheimlichende oder verschleiernde Recherche im Internet im Rahmen der Zentralstellenaufgabe des BKA fehlt es jedoch an
einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung im
BKAG. Zudem kann sich das BKA in diesem Stadium der
Beobachtung noch nicht auf die Regelungen der StPO stützen.
Nach meinen Feststellungen bewegt sich das BKA bei Internet-Recherchen innerhalb dieses Rechtsrahmens.
Es „surft“ nur in frei zugänglichen, gleichwohl einschlägigen Bereichen und folgt dort Anpreisungen und Einladungen. Die Recherche-Ergebnisse werden an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet. Auf diese
Weise wurden, wie mir das BKA mitteilte, im
Zeitraum vom 1. Januar bis 10. Oktober 2000 von der
„Zentralstelle für anlassunabhängige Recherchen in Datennetzen (ZaRD)“ des BKA insgesamt 1115 Verdachtsmeldungen bearbeitet. In 1 015 Fällen wurden aufgrund
eines Anfangsverdachts Anzeigen erstellt und an die zuständigen Dienststellen im In- und Ausland weitergeleitet.
Diese gliedern sich im Einzelnen wie folgt auf:
n
881 Fälle von Kinderpornographie
n
6 Staatsschutzdelikte
Drucksache 14/5555
– 105 –
n
14 Delikte nach dem Betäubungsmittelgesetz
n
31 Delikte nach dem Arzneimittelgesetz
n
10 Delikte nach dem Urheberschutzrecht
n
43 Fälle von Tierpornographie
n
12 Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern
n
18 sonstige Delikte
Rund 83 % aller Verdachtsanzeigen waren Auslandsfälle,
rund 17 % Inlandsfälle.
Neben der Kinderpornographie bildet in der letzten Zeit
auch die Bekämpfung von strafbaren rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Inhalten im Internet einen
Schwerpunkt der Internetrecherche des BKA.
Auch wenn die in der Praxis durchgeführte anlassunabhängige Internet-Recherche keinen grundlegenden datenschutzrechtlichen Bedenken begegnet, ist es rechtlich
nicht zulässig, wenn sich das BKA im Zusammenhang
mit solchen Recherchen auf § 89 Abs. 6 TKG beruft, um
bei einem Zugangsprovider die Identität eines Nutzers
zu ermitteln, dem zu einem bestimmten Zeitpunkt eine
bestimmte IP-Adresse zugeteilt wurde. Der Bezugnahme auf das TKG liegt die irrige Auffassung zugrunde, dass der Zugangsprovider hier einen Telekommunikationsdienst anbietet. Die Notwendigkeit des
Einschaltens des Providers wird vom BKA mit dem
Erfordernis begründet, einen raschen Zugriff der Strafverfolgungsbeh��rden und damit die Beweissicherung
zu gewährleisten. Dies könne nur dadurch sichergestellt
werden, dass die Verdachtsmeldung des BKA an die
örtlich zuständige Staatsanwaltschaft am Wohn- bzw.
Geschäftssitz des Nutzers, auf dessen PC sich das
vermutlich strafrechtlich-relevante Material befindet,
weitergeleitet wird. Der Nutzer lasse sich dabei nur
mit Hilfe der beim Provider vorhandenen Daten ermitteln.
Ein Zugangsprovider ist Telediensteanbieter i. S. von § 2
Abs. 2 Nr. 3 TDG. Somit ist das Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG) einschlägig, das in § 2 Nr. 1 auch den
Zugangsprovider als „Diensteanbieter im Sinne dieses
Gesetzes“ einschließt. Es sieht eine Auskunftsverpflichtung des Providers gegenüber Dritten nicht vor und begründet daher auch kein entsprechendes Ersuchen des
BKA. Die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden
hingegen bleiben gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 TDDSG unberührt. In den Fällen, in denen mit den Rechercheergebnissen ein strafprozessualer Anfangsverdacht noch
nicht begründet werden kann, ist es aus meiner Sicht
aber akzeptabel, den Provider mit dem Hinweis auf ein
bevorstehendes, durch eine zuständige Strafverfolgungsbehörde zu führendes Ermittlungsverfahren im
Einzelfall um die Speicherung der entsprechenden Daten zu bitten.
Bei der Bekämpfung der Internetkriminalität bemüht
sich das BKA um eine dauerhafte Zusammenarbeit
mit den Providern. Ich unterstütze dies, zumal es im