G 10-Verfahren würde „über das Ziel hinausschießen“. Im Vergleich zur Finanztransferdatenabfrage werden dieselben Anforderungen gestellt, obschon die Eingriffstiefe erheblich
abweicht. Auch mit Blick auf TK-Bestandsdatenabfragen nach § 8d BVerfSchG zeigt sich eine
fehlende Konsistenz, da die Abfrage von TK-Bestandsdaten mindestens ebenso grundrechtsintensiv wie die Abfrage von Kontostammdaten ist und dennoch die Anforderungen bzgl. Tatbestand und Mitteilungspflicht erheblich auseinanderfallen. Im Übrigen gelten die Ausführungen zu den Flugdaten entsprechend.
Schließlich fällt auf, dass andere Behörden deutlich leichter Kontostammdaten abrufen
können:
Sozialverwaltung (§ 93 Abs. 8 S. 1 Nr. 1 AO)
Materiell geringe Anforderungen: Erforderlichkeit und vorheriges Auskunftsersuchen
beim Betroffenen fehlgeschlagen oder aussichtslos
Formell ist kein besonderes Verfahren vorgesehen
Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder (§ 93 Abs. 8 S. 1 Nr. 2 AO)
Materiell nicht unerhebliche Anforderungen: Erforderlich für Abwehr einer erheblichen
Gefahr für öffentliche Sicherheit
Formell kein besonderes Verfahren vorgesehen
Finanzbehörden (§ 93 Abs. 8 AO)
Materiell eher geringe Anforderungen: wenn erforderlich für Besteuerung
Formell kein besonderes Verfahren vorgesehen
Strafverfolgungsbehörden (§ 24c Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KWG)
Materiell geringe Anforderungen: „soweit dies für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist“
Formell kein besonderes Verfahren vorgesehen, lediglich Protokollierungspflicht
(Abs. 4)
Gerichtsvollzieher/Zwangsvollstreckung (§ 802l Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO)
Materiell geringe Anforderungen: Wenn Schuldner Abgabe zur Vermögensauskunft
nicht nachkommt oder eine Vollstreckung in die darin angegebenen Vermögengegenstände für vollständige Befriedigung voraussichtlich nicht zu erwarten ist
Formell kaum Anforderungen, lediglich gewisse Protokollierungs- und Löschungspflichten in Abs. 2-5
5.3.6. § 9 Abs. 4 BVerfSchG (IMSI-Catcher)
Es fällt auf, dass bei der Anordnung des IMSI-Catchers nahezu identische Anforderungen wie
bei G 10-Maßnahmen bestehen. Dies stellt sich aus folgenden Gründen als wenig konsistent
dar. Zum einen wird regelmäßig nur die Telefonnummer des Betroffenen identifiziert. Diese
weist für sich keinen besonderen Persönlichkeitsbezug auf und ein solcher kann ohne weitere
Maßnahmen auch nicht hergestellt werden. Zum anderen bietet auch die Lokalisierungsfunktion nach Auskunft des BMI aus technischen Gründen keine Möglichkeit, Bewegungsprofile zu erstellen, da zur Durchführung der Messung der Standort vorab bekannt sein muss.
Die Lokalisierungsfunktion bezieht sich mithin lediglich auf kleinräumige Gegebenheiten, wie
der Feststellung eines konkreten Aufenthaltsortes.
Der Einsatz des IMSI-Catchers dient damit letztlich der Vorbereitung einer G 10-Maßnahme
oder einer Abfrage von TK-Verbindungsdaten. Diese unterliegen ihrerseits den strengen
Anforderungen des G 10 bzw. einem G 10-analogen Verfahren. Sollte der IMSI-Catcher insoweit also erfolgreich sein, müsste die G 10-Kommission bei Anschlussmaßnahmen beteiligt
werden. Sollte der IMSI-Catcher nicht zu einer Nummernidentifikation führen, wäre nur der
142