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Es handelte sich um ein allgemeines Informationsinteresse; die Frage bezog sich nicht auf die Einsicht in Unterlagen, die amtliche Informationen im Sinne des § 2 Nummer 1 IFG enthielten.
Das Informationsfreiheitsgesetz hat keinesfalls die seit Jahrzehnten bewährte Praxis der Bürgeranfragen beseitigt, welche für Bürger und Verwaltung neben der formalisierten IFG-Anfrage weiterhin sinnvoll bleibt. Bei der
Umwidmung von Anträgen handelt es sich grundsätzlich um ein zulässiges, bürgerfreundliches Verfahren. Allerdings ist von den öffentlichen Stellen dabei folgendes zu beachten:
Bei der Abgrenzung zwischen Bürgeranfragen und Anträgen auf Informationszugang kommt es entscheidend
darauf an, was der Bürger will: Handelt es sich eher um ein allgemeines Informationsinteresse - wie im vorliegenden Fall -, so ist auch nach dem Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes weiterhin von einer Bürgeranfrage auszugehen; bezieht sich die Frage hingegen auf die Einsicht in Unterlagen der öffentlichen Stelle, so
spricht dies für einen Antrag auf Informationszugang nach dem IFG. Eine Bezugnahme des Antragstellers auf
das Gesetz kann ein erster Ansatzpunkt für die Prüfung sein, nach deren Abschluss kann gleichwohl die Bearbeitung als Bürgeranfrage angezeigt sein.
Bearbeitet eine öffentliche Stelle den Antrag eines Petenten als Bürgeranfrage, auch wenn dieser ausdrücklich
auf das IFG Bezug genommen hat, so kann dies bürgerfreundlich, weil unbürokratisch, und damit durchaus im
Sinne des Antragstellers sein, darf ihn aber rechtlich nicht schlechter stellen als bei einer Bearbeitung nach dem
IFG und ihm nicht die Rechte nehmen, die im Gesetz bei einer ablehnenden oder einschränkenden Entscheidung
vorgesehen sind - neben der Einlegung von Rechtsmitteln die Anrufung der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Ich gehe dabei davon aus, dass auch Bürgeranfragen umfassend und zeitnah
beantwortet werden.
Vorliegend ist dies geschehen.
4.10 Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
4.10.1 Keine Pflicht, neue Informationen zu erstellen, aber ...
Bestehende Übersichten müssen nicht zur Beantwortung eines IFG-Antrages erweitert werden, das schließt
aber das Zusammenstellen von Auskünften nicht aus.
Die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (EUB) sammelt Unfallberichte zu Personenschäden mit
Todesfolge. Zu diesen Unfallberichten und zu Suiziden in den letzten zehn Jahren begehrte ein Bürger Informationen. Zwar antwortete ihm die EUB, aus seiner Sicht allerdings nicht ausreichend, da die Berichte keine differenzierenden Angaben zum Unfalltypus, wie z. B. angenommenen Suiziden, und Unglücksfällen, wie z. B.
Stromunfälle durch Oberleitungen, enthielten. Die EUB habe hierzu lediglich auf Veröffentlichungen im Internet hingewiesen, die ihm bereits bekannt seien.
Wie meine Prüfung ergeben hat, war das Informationsverhalten der EUB aber nicht zu beanstanden:
Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen i. S. d. § 2 Nummer 1 IFG. Das
ist jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Dieser Begriff
umfasst damit alle Informationen, die auf einem Informationsträger gespeichert sind (s. Bundestagsdrucksache 15/4493, S. 8). Auch diese Definition der amtlichen Information setzt allerdings wie bereits die den Informationszugang eröffnende Norm des § 1 Absatz 1 Satz 1 IFG voraus, dass die begehrten Informationen bei der
Behörde überhaupt existieren, auch wenn eine ausdrückliche gesetzliche Klarstellung im Informationsfreiheitsgesetz des Bundes - anders als im VIG - insoweit nicht erfolgt ist.