Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

der kritischen Perzeption im PKGr und Öffentlichkeit). Stattdessen sollte § 19 Abs. 3
BVerfSchG als Rechtsgrundlage herangezogen werden.“4615
Der Zeuge Heiß machte sich die Bedenken der Zeugin Polzin nicht zu eigen.4616 In der von ihm unterzeichneten Vorlage für den damaligen Chef des Bundeskanzleramts, den Zeugen Ronald Pofalla, vom 7. August 2013 wird – entsprechend dem Kurzgutachten des BND – ausgeführt, für die Abgrenzung „zwischen
Geltungsbereich des Grundgesetzes und Ausland“ sei der „Ort des Eingriffes“ das entscheidende Kriterium.4617 Dass das BNDG keine eigene Übermittlungsnorm für Daten enthalte, sondern auf die entsprechende
Vorschrift des BVerfSchG verweise, sei systematisch konsequent und zeige, dass der BND bei Inlandssachverhalten demselben Datenschutzregime unterstehe wie der Inlandsnachrichtendienst, nicht aber bei Sachverhalten, die außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes lägen.4618 Ein Datenabgriff an einem ausländischen Satelliten sei eine Erhebung von Daten im Ausland; der Umstand, dass die Daten durch technische
Vorkehrungen nach Deutschland transportiert würden, ändere daran nichts.4619
Der damalige Kanzleramtsminister Pofalla nahm von der Vorlage des Abteilungsleiters 6 Heiß Kenntnis.4620
Ausweislich eines Vermerks der BND-Datenschutzbeauftragten, der Zeugin Dr. H. F., vom 28. August 2013
habe sich ChefBK Pofalla für die darin entfaltete Rechtsauffassung „ausgesprochen“.4621
Die sachverständige Vertrauensperson Dr. Kurt Graulich hat diese unter dem Namen „Weltraumtheorie“
bekanntgewordene Rechtsauffassung aus Sicht des BND wie folgt dargestellt:
„Der Bundesnachrichtendienst begründet seine Fernmeldeaufklärung im Rahmen der
Kooperation in Bad Aibling rechtlich mit der sog. Weltraumtheorie, die nachfolgend
aus seiner Sicht beschrieben wird. Ausgangspunkt dieser Erklärung ist, dass alle vom
BND an die NSA in Bad Aibling weitergegebenen Daten G10-bereinigt werden. Eine
Übermittlung von Daten aus deutschen Telekommunikationsverkehren, die dem Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 GG unterfallen, wird damit verhindert. Nach § 1 Abs. 2
Satz 1 BNDG sammelt der Bundesnachrichtendienst zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die
Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen Informationen und wertet sie
aus. Werden dafür im Geltungsbereich dieses Gesetzes Informationen einschließlich
personenbezogener Daten erhoben, so richtet sich gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 BNDG ihre
Erhebung, Verarbeitung und Nutzung nach den §§ 2 bis 6 und 8 bis 11 BNDG. Die
Bestimmungen der §§ 2 bis 6 und 8 bis 11 BNDG finden somit nur für Datenerhebungen im Inland Anwendung.

4615)
4616)
4617)
4618)
4619)
4620)
4621)

Vermerk der Zeugin Polzin vom 6. August 2013, MAT A BK-1/6b, Bl. 69.
Heiß, Protokoll-Nr. 57 I, S. 54.
Leitungsvorlage des Zeugen Heiß vom 7. August 2013, MAT A BK-1/6b, Bl. 76 (77), (VS-NfD – insoweit offen).
Leitungsvorlage des Zeugen Heiß vom 7. August 2013, MAT A BK-1/6b, Bl. 76 (77), (VS-NfD – insoweit offen).
Leitungsvorlage des Zeugen Heiß vom 7. August 2013, MAT A BK-1/6b, Bl. 76 (78), (VS-NfD – insoweit offen).
Leitungsvorlage des Zeugen Heiß vom 7. August 2013, MAT A BK-1/6b, Bl. 76 (VS-NfD – insoweit offen).
Vermerk der Zeugin Dr. H. F. vom 28. August 2013, MAT A BND-1/6a, Bl. 277 (VS-NfD – insoweit offen).

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