Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die sachverständige Vertrauensperson Dr. Kurt Graulich hat diese Auffassung als „Theorie des deutschen
Grundrechtsuniversalismus“ bezeichnet3880 und in der Anhörung als Sachverständiger als „ein[en] Grundrechtsimperialismus, der sich nur freundlich gewendet hat“, kritisiert.3881 Er erklärte, die Gewährung deutschen Grundrechtsschutzes im Ausland ignoriere „die vom ausländischen Recht verliehene Schutzposition".
Mit dem „Schutz nach Maßgabe des eigenen nationalen Grundrechts" gehe eine „Verdrängung des vom Ausland verliehenen" einher.3882
Alternativ hat er dem Ausschuss einen eigenen dogmatischen Ansatz zur Bestimmung der Schutzbereichsreichweite des Art. 10 GG vorgetragen.3883 Es liege nahe, für die Erfassung des Schutzgehalts des Art. 10 GG
die insoweit bestehenden einfachgesetzlichen Regelungen in den Blick zu nehmen.3884 Es sei denkbar, dass
es sich bei Art. 10 GG wie etwa bei der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG um ein sogenanntes normgeprägtes Grundrecht handele.3885 Dies folge insbesondere aus dem Umstand, dass die Schrankenbestimmung des
Art. 10 Abs. 2 S. 1 GG keinen Richtervorbehalt und dem Wortlaut nach auch keine sonstigen qualifizierten
Anforderungen an einfachgesetzliche Eingriffsermächtigungen aufweise.3886 Die Prägung des Schutzinhalts
eines Grundrechts durch einfachrechtliche Normen sei ihrerseits freilich durch den Wesensgehalt dieses
Grundrechts im Sinne von Art. 19 Abs. 2 GG begrenzt.3887 Das Telekommunikationsgesetz (TKG) beschreibe in seinem § 88 Abs. 1 den Inhalt des Fernmeldegeheimnisses.3888 § 88 Abs. 1 TKG hat folgenden
Wortlaut:
„Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre
näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf
die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.“
Die sachverständige Vertrauensperson Dr. Graulich hat in ihrem schriftlichen Bericht für den Ausschuss
vom 23. Oktober 2015 weiter ausgeführt:
„Das Fernmeldegeheimnis nach § 88 TKG ist räumlich gebunden. Es bedarf einer
durch den Provider vermittelten Telekommunikation auf deutschem Territorium, deren Inhalt und nähere Umstände gegenüber dem Diensteanbieter geschützt sind.“3889
Auch weitere Gesetze und Einzelnormen, die Telekommunikation und Einschränkungen des Fernmeldegeheimnisses zum Gegenstand hätten, seien in ihrer territorialen Reichweite auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt, schon weil es außerhalb deren Staatsgebiets keine auf deutschem Telekommunikationsrecht
beruhenden technischen Umsetzungmöglichkeiten solcher Einschränkungen gebe.3890
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Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 64.
Dr. Graulich, Protokoll-Nr. 69 I, S. 41.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 55.
Dr. Graulich, Protokoll-Nr. 69 I, S. 7.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 47 f.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 41.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 47.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 50.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 49.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 49.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 49.