Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

Auch der Sachverständige Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem, Richter des Bundesverfassungsgerichts a. D.,
hat vor dem Ausschuss die Auffassung vertreten, dass der territoriale Schutzbereich von Art. 10 GG nicht
auf das Inland beschränkt und der BND beim Handeln im Ausland daran gebunden sei.3874 Er hat in seinem
Gutachten für den Ausschuss festgehalten:
„Wer für seine grundrechtlich geschützte Kommunikation die internationalen/globalen Kommunikationsinfrastrukturen nutzt, ist genauso schutzwürdig und -bedürftig
wie jemand, dessen Kommunikation über rein lokale Kommunikationswege erfolgt.
Deshalb greift der Grundrechtsschutz auch, falls deutsche Hoheitsträger sich Zugang
zu der Kommunikation außerhalb Deutschlands verschaffen. Ein Zugriff auf Metadaten und/oder auf die Inhalte der Kommunikation durch deutsche Hoheitsträger ist einerlei wo er erfolgt - ein Grundrechtseingriff durch Realakt. Gegen ihn ist Grundrechtsschutz [...] gewährt Er ist nicht auf Deutsche begrenzt, da die die Kommunikationsfreiheit und die Persönlichkeitsrechte schützenden Grundrechte keine sog. Deutschenrechte sind.“3875
Der Sachverständige Prof. Dr. Matthias Bäcker hat bekundet, seiner Ansicht nach sei die Rechtsauffassung
der Bundesregierung unzutreffend, eine nachrichtendienstliche Erfassung solcher Kommunikationsverbindungen falle nicht unter das Artikel 10-Gesetz, sondern allein unter die Aufgabenzuweisungnorm in § 1
Abs. 2 BNDG.3876 Die Folgen hat der Sachverständige Dr. Bäcker wie folgt dargelegt:
„Der Bundesnachrichtendienst hat die Aufgabe, Erkenntnisse über das Ausland zu gewinnen, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik
sind. Und das ist alles. Das ist die einzige rechtliche Schranke. ‚Außen- und sicherheitspolitische Bedeutung‘ ist natürlich ein weites Feld. Das bedeutet, dass das Recht
dieser Auslandsaufklärung eigentlich keinerlei Grenzen setzt.“3877
Der Sachverständige Dr. Papier hat zudem betont, dass auch die Übermittlung der im Wege der Routineerfassung erhobenen personenbezogenen Daten an ausländische Nachrichtendienste „eine bereichsspezifische
normenklare gesetzliche Ermächtigung im deutschen Recht“ erfordere.3878
Zusammenfassend hat der Sachverständige Dr. Bäcker geäußert:
„[…] wenn Sie sich die Datenübermittlungsvorschriften in den Nachrichtendienstgesetzen anschauen, dann stellen Sie fest, dass denen die Verfassungswidrigkeit wirklich
auf die Stirn geschrieben steht.“3879

3874)
3875)
3876)
3877)
3878)
3879)

Dr. Hoffmann-Riem, Protokoll-Nr. 5 I, S. 11.
Dr. Hoffmann-Riem, MAT A SV-2/1neu, S. 10 f.; ebenso Dr. Papier, MAT A SV-2/2, S. 7.
Dr. Bäcker, Protokoll-Nr. 5 I, S. 15.
Dr. Bäcker, Protokoll-Nr. 5 I, S. 15.
Dr. Papier, Protokoll-Nr. 5 I, S. 8.
Dr. Bäcker, Protokoll-Nr. 5 I, S. 50.

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